291-Meter-Flug? "Unglaublich geil"
Skispringer Andreas Wellinger kann auf eine starke Saison zurückblicken. Der Bayer wurde Dritter im Gesamtweltcup und schaffte es auf Platz zwei der Vierschanzentournee. Bei der WM am Kulm holte er Silber im Einzel und Bronze mit dem Team.
Im exklusiven SPORT1-Interview im Rahmen des Wings for Life World Run spricht Wellinger über die vergangene Saison, Zukunftsaussichten im Skisport und sein großes Hobby Surfen. Außerdem äußert er sich zum vermeintlichen Skiflug-Weltrekord von Ryoyu Kobayashi.
SPORT1: Herr Wellinger, wie blicken Sie auf die vergangene Saison zurück?
Andreas Wellinger: Es war echt eine geile Saison mit vielen Highlights. Ich bin sehr happy.
SPORT1: Sie haben Platz drei im Gesamtweltcup erreicht. Lautet das Ziel in der kommenden Saison dann Gesamtweltcup-Sieg?
Wellinger: Man muss sich immer mehr vornehmen. Es ist mir auf jeden Fall schon mal gelungen, dass ich von Anfang bis Ende der Saison gesprungen bin. Das werde ich mir wieder vornehmen. Wenn mir das gelingt, dann ist es definitiv wieder möglich, da vorn mitzuspringen. Aber Wünschen allein funktioniert nicht. Ich habe vor zwei Wochen wieder mit dem Training begonnen und es gibt einige Bausteine und kleine Puzzleteile, bei denen noch Optimierungsbedarf ist. Die werde ich mir im nächsten halben Jahr vornehmen und dann ist das Ziel, wieder ordentlich in die Saison zu starten.
Wellinger: „Dafür bin ich viel zu schlecht“
SPORT1: Was sind die Bausteine konkret?
Wellinger: In der Symmetrie gibt es ein bisschen Luft nach oben. Ich habe nach dem Absprung oft leichte Verdrehungen drin, die mich gern mal paar Meter kosten.
SPORT1: Sie haben zuletzt Urlaub in Sri Lanka gemacht. Brauchen Sie das Reisen als Ausgleich?
Wellinger: Ich reise sehr gern. Das ist einfach Abwechslung. Wir haben einen langen Winter und da will man einfach in die Wärme. Es war eine coole Mischung aus der Natur, den Menschen und dem Essen in Sri Lanka. Auch das Surfen hat da sehr gut funktioniert.
SPORT1: Surfen ist neben dem Skifahren ihre große Leidenschaft. Könnten Sie sich vorstellen, auch mal im Surfen in einem großen Wettbewerb anzutreten?
Wellinger: Dafür bin ich viel zu schlecht (lacht). Surfen ist bei mir ein reines Hobby. Ich schaue gern zu und denke mir ‚Wow, das würde ich auch gern können’.
SPORT1: Ist das Surfen dann Abschalten für Sie?
Wellinger: Definitiv. Wenn ich mit meinem Board im Wasser bin, dann ist es Genuss pur.
291-Meter-Flug von Kobyashi? „Unglaublich geil“
SPORT1: Ryuyo Kobayashi ist in Island 291 Meter bei einem Flug-Projekt geflogen. Was sagen Sie dazu?
Wellinger: Unglaublich geil. Das Zuschauen hat echt Spaß gemacht. Aber es war auch ein bisschen schade, dass ich daheim gesessen habe und nicht in Island war. Ich habe davon vorher nichts gewusst und muss sagen, dass es echt geil umgesetzt wurde. Ich glaube, er hat sich da intensiv drauf vorbereitet. Das ist nämlich nicht so wie beim Skifliegen auf der voll präparierten Schanze, da sind viele Variablen. Deswegen habe ich höchsten Respekt vor den Flügen, die er gemacht hat.
SPORT1: Hätten Sie das auch gern ausprobiert?
Wellinger: Definitiv. Es ist von jedem von uns die Leidenschaft zu fliegen und wenn man sieht, wie geil das präpariert war und wie schön das Profil war, wie harmonisch der Auslauf war … Ich war schon ein bisschen neidisch.
SPORT1: Sind solche Mega-Schanzen vielleicht eine Innovation, die gebraucht wird?
Wellinger: Ich glaube, es ist viel zu durchdenken. Aber es ist definitiv ein Denkprozess, der da in Gang kommt. Wir reden oft vom Skifliegen, vom Weltrekord, von größeren Schanzen und das war jetzt eine extreme Variante. Ich habe aus der Skisprung-Community viele Fragen gekriegt und es waren echt viele aktive oder ehemalige Sportler dabei, die gesagt haben ‚Unglaublich geil’. Meine Statistik-Abteilung hat gesagt, dass 1936 der erste 100-Meter-Flug und 1994 der erste 200-Meter-Flug war. Die 300 kommen näher. Mal schauen, wann es passiert.
SPORT1: Zum Abschluss ein Blick auf etwas, was auch im Wintersport immer mehr Probleme macht: Machen Sie sich wegen der steigenden Temperaturen Sorgen, bald nur noch auf Matten springen zu können?
Wellinger: Wir sind in der guten Situation, dass wir auf Matten springen können. Wir haben mit relativ wenig Aufwand die gleichen Voraussetzungen. Komisch wird es für die Zuschauer, weil es optisch anders ist. Das Ziel in der zeitlichen Planung sollte sein, dass wir uns vorerst auf die Orte konzentrieren, an denen Schneesicherheit gegeben ist. Dann ist es eine Veränderung, die stattfindet, und wir können alle nur dazu beitragen, dass es weniger schnell abläuft. Der Rest ist die gute Situation, dass wir im Sommer und im Winter auf Matten springen können.