Nach Bombenfunden: Anwohner in Braunsfeld fürchten schlampige Arbeit der Baufirma

Der Bauherr und die Stadt erklären, was zum Schutz der Bürger getan wird.

Der Mann erinnert sich noch gut an die Kriegsnächte in Ehrenfeld. Mit seinen Eltern verkroch er sich im Keller des Wohnhauses an der Mechternstraße – als die Bomben vom Himmel hagelten. „So eine Bombenexplosion ist kein Silvesterfeuerwerk“, betont er. Er macht sich Sorgen, wie einige andere Anwohner des Clarenbachplatzes auch, die sich heute dort versammelt haben. Wo die Firma Wassermann gerade große Wohngebäude errichtet, stießen Bauarbeiter vor Weihnachten auf zwei Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg. Die erste Bombe wurde am 30. November entdeckt und entfernt, die zweite am 14. Dezember. Dieser Fund hinterließ einen tiefen Eindruck bei den Anwohnern. „Halb Braunsfeld musste evakuiert werden“, sagt Christel Winkel. Sie wohnt an der Eschweiler Straße, die Baustelle befindet sich sozusagen direkt unter ihrem Balkon. „Innerhalb von zehn Minuten mussten wir aus unserer Wohnung heraus. Mir zittern jetzt noch die Knie.“ Insgesamt 8000 Menschen mussten wegen des Blindgängers ihre Bleibe verlassen. Zweite Bombe sei gefährlich bewegt worden Mit der Furcht, die sie beschlich, erlosch bei manchem das Vertrauen in den Bauherrn und die Stadtverwaltung. „Eigentlich hätte man doch bereits nach dem ersten Bombenfund nicht einfach weiterarbeiten dürfen“, meint der Mann, der in der Mechternstraße aufwuchs und seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Und er sagt, dass die zweite Bombe nach Meinung von Anwohnern bei den Aushubarbeiten bereits gefährlich bewegt worden sei. Anwohner Uwe Herzog berichtet von einer weiteren Beobachtung. „Erst nach dem Bombenfund haben Behördenmitarbeiter eine rein oberflächliche Detektion vorgenommen“, behauptet er. „Die Aussagekraft solcher Metalldetektionen ist auf dem Gelände eines früheren Güterbahnhofs natürlich eher gering. Um wirklich sicher zu gehen, dass hier keine weiteren Kampfmittel mehr vorhanden sind, wären entsprechende Sondierungs- und Kontaktbohrungen erforderlich gewesen.“ Er befürchtet, dass der Bauherr Zeit und Kosten sparen wolle und deswegen nicht alle gebotenen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung ergriffen worden seien. Bauarbeiten sehr intensiv vom Kampfmittelräumdienst begleitet Das Ordnungsamt ist allerdings der Ansicht, dass seitens der Behörde und des Bauherrn alles getan wird, um für die Sicherheit der Anwohner zu sorgen. Grundsätzlich sei es natürlich schwierig in dem Boden, der bis zu einer Tiefe von zwei Metern aus aufgeschüttetem Material besteht, flächendeckende aussagekräftige Detektionen durchzuführen, sagt Lars Hering, Pressesprecher der Stadt. Der Boden enthalte viele Metallteile, die die Messergebnisse beeinflussen und verfälschen könnten. Dort, wo tiefergehende Eingriffe in den Baugrund erforderlich waren, wie beispielsweise bei dem Verbau von Stahlträgern, seien aber Sicherheitsdetektionen durch Sondierungsbohrungen erfolgt. „Wegen der besonderen Beschaffenheit des Bodens hat das Ordnungsamt den Bauherrn verpflichtet, das aufgeschüttete Erdreich nur schichtweise und mit äußerster Vorsicht abtragen zu lassen“, erläutert Hering. „Damit soll ausgeschlossen werden, dass Bombenblindgänger bei Baggerarbeiten unbemerkt aufgegriffen und verlagert werden. Seitdem die Bomben gefunden wurden, würden die Bauarbeiten noch intensiver von dem Kampfmittelräumdienst begleitet. „Sowohl der verantwortliche Baggerführer als auch der Bauleiter sind sehr erfahren im Umgang mit derartigen Situationen“, betont Hering. Wie überall in der Stadt könne man auch bei diesem Bauvorhaben nicht ausschließen, dass weitere Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden werden. „Köln wurde in diesem Krieg hunderte Male aus der Luft angegriffen und Bahnstrecken waren stets strategisch wichtige Ziele.“ Bauherr verspricht: Sicherheit geht vor Anton Bausinger, Geschäftsführer der Firma Wassermann und Braunsfelder, versteht die Sorgen der Anwohner, nicht aber den Verdacht, dass seine Firma bei dem Bau nicht ausreichend auf ihre Sicherheit achtet. „Selbstverständlich lassen wir als Bauherrn die notwendige Sorgfalt walten. Die Sicherheit unserer Mitarbeiter und der Anwohner geht vor. Wenn eine Bombe gefunden wird, wird der Bau sofort gestoppt. Sobald sie entschärft und entfernt ist, wird die Baustelle freigegeben.“ Das sei das gewöhnliche Vorgehen in solchen Situationen. Die Mitarbeiter des Kampfmittelräumdienstes hätten die gesamte Fläche so gut es geht mit dem Flächendetektionsverfahren untersucht. „Bevor wir die Stahlträger in den Boden verankert haben, haben wir Sondierungsbohrungen vorgenommen, um auszuschließen, dass sich dort eine Bombe befindet“, so Bausinger. „Wenn wir nun die Stahlträger seitlich verankern, werden wir zudem sicherheitshalber rund 120 Kontaktbohrungen vornehmen.“ Sie sorgten für eine Zeitverzögerung und für nicht unerhebliche zusätzliche Kosten. „Ich widerspreche ausdrücklich der polemischen Behauptung, dass wir Zeit und Kosten sparen möchten“, so Bausinger. Letztes Jahr 15 Blindgänger entschärft In Köln werden vor allem bei Bauarbeiten immer wieder Bomben gefunden. Im Jahr 2018 wurden 15 Bombenblindgänger entschärft. Eine Bombe konnte abtransportiert und in einer Kiesgrube kontrolliert gesprengt werden. 2017 wurden 15 entschärft, 2016 waren es 12 und 2015 immerhin 20 Stück....Lesen Sie den ganzen Artikel bei ksta