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„Spider Man“ wird 20: Wie James Bond Sam Raimi half, 2002 den Film zu realisieren

Sam Raimis Spider-Man feiert in dieser Woche sein 20-jähriges Jubiläum. Seinen Erfolg hat das Spider-Man-Franchise auch James Bond zu verdanken.

„Spider Man“ wird 20: Wie James Bond Sam Raimi half, 2002 den Film zu realisieren
„Spider-Man“ von 2002. (Sony Pictures)

Es ist der Beginn des 21. Jahrhunderts und James Bond sagt seinen unsterblichen Satz: „Aus großer Macht folgt große Verantwortung“. Okay, nicht ganz. Aber es war 007, der ungewollt zu einer Art nützlichem Handlanger für das Filmglück der Spider-Man-Franchise wurde.

Bond half Sam Raimis Spider-Man (der in dieser Woche sein 20-jähriges Jubiläum feiert), sich gegen alle Widerstände durchzusetzen und Peter Parker den Weg für eines der größten Franchises und Genres der Filmgeschichte zu ebnen: den Marvel-Film.

Roger Corman und James Cameron hatten kein Glück

Roger Corman (Das Pendel des Todes), James Cameron (Aliens, Terminator 2), Orion Pictures, Cannon Films, Tobe Hooper (Blutgericht in Texas), Carolco Pictures, Leonardo DiCaprio und David Fincher (Sieben) haben sich alle am Spidey-Franchise versucht, es aber nicht geschafft.

Angesichts der lukrativen Erfolge von Superman (1978) und Batman (1989) und der enttäuschenden Debakel von Das Phantom (1996) und Batman & Robin (1997) brauchte Hollywood einen anderen Filmhelden, um seine Angst vor Spinnen zu überwinden.

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Der US-amerikanische Schauspieler Nicholas Hammond in der CBS-Fernsehserie „The Amazing Spider-Man“, 1978. (Bild: CBS Photo Archive/Getty Images)

Obwohl Spider-Man in den späten 1960er-Jahren durch Zeichentrickfilme, den TV-Pilotfilm Spider-Man (1977) und die daraus resultierende Fernsehserie The Amazing Spider-Man (1978) zu den ersten prominenten Medienhits von Marvel gehörte, war es 007, der Raimis Spider-Man ermöglichte.

Erbitterte Gerichtsstreits um Rechte in den 90er-Jahren

In den späten 1990er-Jahren gab es erbitterte gerichtliche Auseinandersetzungen um Rechte, Gegenansprüche und Eigentumsverhältnisse, die sich um den kreativen Einfluss von Sony Pictures auf einen Handlungsstrang des 007-Eigentums drehten.

Da ein Gerichtsurteil aus dem Jahr 1964 dem irischen Produzenten Kevin McClory den Anspruch auf Teileigentum an Ian Flemings Thunderball-Roman – und dem darauf basierenden Film aus dem Jahr 1965 – zusprach, konnte er den Bond-Film-Koloss durch endlose Neuverfilmungen dieses einen Titels und der dazugehörigen Story verwirren (was er 1983 mit Sag niemals nie bereits tat).

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Ein Plakat für Terence Youngs Actionfilm „Thunderball“ von 1965 mit Sean Connery in der Hauptrolle. (Bild: Movie Poster Image Art/Getty Images)

Das hatte das Potenzial, ein unwillkommener Grüner-Kobold-Gleiter zu sein, der die zukünftigen Hoffnungen des offiziellen Bond-Franchise durchkreuzte und es folgten rechtliche Auseinandersetzungen.

Hinzu kam, dass Sony 1989 Columbia Pictures und deren Titel und Rechte aufgekauft hatte, darunter auch Spider-Man und Ian Flemings ersten Bond-Roman Casino Royale – letzteren hatten die Bond-Produzenten Albert R. Broccoli und Harry Saltzman ignoriert, als sie 1961 die 007-Rechte übernahmen.

Kompromiss zwischen Spion und Spinne

Eine außergerichtliche Einigung aus dem Jahr 1999 führte schließlich zu einem Kompromiss zwischen Spion und Spinne. MGM und Bonds Danjaq LLC konnten die Royale-Rechte erwerben. Sony verzichtete darauf, mehr rivalisierende 007-Filme mit McClory zu produzieren und erhielt im Gegenzug die Rechte von Columbia, um endlich einen Spider-Man-Film zu realisieren.

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Der Schauspieler Peter Sellers bei den Dreharbeiten zu „Casino Royale“ von 1967. (Bild: Sunset Boulevard/Corbis via Getty Images)

Sowohl der cineastische James Bond als auch der gedruckte Peter Parker feierten 1962 im Abstand von zwei Monaten ihr Debüt. Und beide haben mit Keine Zeit zu sterben (2021) und Spider-Man: No Way Home (2021) nach der Pandemie maßgeblich zur Rückkehr des Publikums in die Kinos beigetragen.

Zwei Helden, die die Kinoleinwände dominieren

Während sich die Popkultur wie ein genetisch verändertes Spinnentier an dem Clickbait-Unsinn festbeißt, dass Tom Holland der nächste Bond werden könnte, dominieren beide Helden derzeit die Kinoleinwände, weil sie sich gegenseitig unterstützen.

Daniel Craigs Bond und das Kino an sich, haben gerade erst begonnen, sich der Bedeutung von Handlungsbögen und eines fortlaufendes Projekt bewusst zu werden. Marvel dagegen hat genau dies in den vergangenen 20 Jahren verfeinert und perfektioniert. Ironischerweise war es Spider-Man von 2002, der das begann, was der Comicbuch-Riese Marvel Studios als Erster am Markt umsetzte.

„Spider Man“ wird 20: Wie James Bond Sam Raimi half, 2002 den Film zu realisieren
„Spider-Man“ von 2002. (Sony Pictures)

Ja, Superman (1978) und Batman (1989) schufen die Vorlagen für die Geschichte, den Ton und den Kommerz des Superheldenkinos. Aber Regisseur Sam Raimi hat mit seinem ersten Film über die Spinne herausgefunden, wie man es im 21. Jahrhundert angehen muss.

Spider-Man schlägt eine Brücke

Unterstützt wurde er dabei vom Kameramann von Forrest Gump (Don Burgess), einem der legendären VFX-Zauberer von Star Wars (John Dykstra), dem Drehbuchautor von Jurassic Park (David Koepp) und dem Komponisten, der Tim Burtons Batman sein mitternächtliches Heldentum einhauchte (Danny Elfman). Deshalb ist Spider-Man ein Film, der eine Brücke schlägt zwischen der älteren Garde, die in den 1970er- und 1980er-Jahren eine neue Ära des Mainstream-FX-Kinos mitgestaltet und geprägt hat, und dem neueren digitalen Zeitalter, das seine Muskeln spielen lässt und sich ins 21. Jahrhundert wagt.

Ein früher und beliebter Teaser-Trailer für Spider-Man zeigte Kriminelle, die mit einem Hubschrauber fliehen, der plötzlich in einem Netz zwischen den Zwillingstürmen des World Trade Centers feststeckte. Damit gab er einen Vorgeschmack auf das, was die VFX-Teams jetzt erreichen konnten.

Nach dem 11. September wurde die Szene ganz gestrichen. Weitere Szenen mit Stadtansichten mussten überarbeitet werden. Eine Zeit lang waren Spider-Man und die Veröffentlichung mit diesem dunklen Tag im September 2001 verbunden.

Wir vergessen, dass jeder Film, der in dieser Zeit in New York spielte und die Skyline zeigte, nicht daran vorbeikam. Der Kampf am Times Square im Film wirkte damals ganz anders als 20 Jahre später. Spider-Man und sein stolzer New Yorker Protagonist waren jedoch ein wichtiger Schritt für das Kino und die Kultur, einen ihrer wichtigsten Schauplätze in den USA zurückzuerobern.

Eigenständiger Beat des Blockbuster-Kinos

Eine der sichtbaren Freuden von Spider-Man 2002 ist, dass er als eigenständiger Beat des Blockbuster-Kinos und nicht nur des Blockbuster-Franchisings auftrumpft. Es ist ein freier Film in einer Zeit, bevor die Marvel-Maschine mit ihrem ständigen Sinn für Projekte und verwobene Handlungsstränge beginnt, Kino, Popkultur, Spiele und Fernsehen zu dominieren. Und er hat den 20-jährigen Test der Zeit bestanden.

„Spider Man“ wird 20: Wie James Bond Sam Raimi half, 2002 den Film zu realisieren
„Spider-Man“ von 2002. (Bild: Sony Pictures)

Die aufgemotzten Rot-, Gelb-, Blau- und Grüntöne aus den Comics haben immer noch Hochkonjunktur, die raffinierten Bewegungen mit Rotoskopie-Technik – für die damalige Zeit völlig neu – sind heute ein Standard, den jeder Marvel-Held in jeder Montage seines ersten Arbeitstages verwendet, der Kuss über Kopf ist immer noch überall in alternativer Fan-Fiction und Kunst zu sehen, und J.K. Simmons ist immer noch J. Jonah Jameson.

Merkwürdige Vor-Internet-Welt

Spider-Man spielt in einer merkwürdigen Vor-Internet-Welt, in der es kaum Handys gibt, in der Printmedien noch immer die Oberhand haben und die Samstagmorgen-Schurkerei des Grünen Kobolds sich wie Scream (1996) anfühlt – und auch so klingt.

Allein der Vorab-Hype sorgte dafür, dass Spider-Man einer der ersten großen Filme wurde, die online eine sehnsüchtige Spannung auf die Veröffentlichung aufbaute. Das reale Netz ebnete hierbei buchstäblich den Weg für Raimis fiktives Netz.

„Spider Man“ wird 20: Wie James Bond Sam Raimi half, 2002 den Film zu realisieren
„Spider-Man“ von 2002. (Bild: Sony Pictures)

Kirsten Dunsts MJ ist das Aushängeschild für alle, die folgten, von Emma Stone bis Zendaya. Rosemary Harris' Tante May fühlt sich eher wie eine wohlwollende ältere Verwandte an, als wie eine Puma-Mutter. Und der mit Bedacht gewählte Tobey Maguire ist der letzte Peter Parker, der nicht im Fitnessstudio war, bevor eine Spinne auftauchte.

Tobey Maguire wirkt wie ein Comic-Nerd, nicht wie ein Geek

Seine erst schmächtige, dann muskulöse Gestalt ist eine Mischung aus Big (1988) und Captain America – The First Avenger (2011). Und er ist wohl der einzige moderne Spider-Man, der wie ein echter Comic-Nerd wirkt und nicht wie ein Geek, nur weil er eine Brille trägt.

Regisseur Raimi nimmt ein wenig von Superman und Richard Donners Super-„Wer bin ich?“-Angst mit, ohne sich in einer ständig wiederholenden Ursprungsgeschichte zu verfangen – ein möglicherweise überstrapazierter Tropus vieler Marvel-Titel.

„Spider Man“ wird 20: Wie James Bond Sam Raimi half, 2002 den Film zu realisieren
„Spider-Man“ von 2002. (Bild: Sony Pictures)

Im Mai 2002 überschritt Spider-Man als erster Film die 100-Millionen-Dollar-Grenze an seinem Eröffnungswochenende. Daraufhin wurden Hollywood und die Inhaber des Comic-Franchise hellhörig und spürten mit dem Spinnensinn die Dollarzeichen, die mit großer Macht und großer Verantwortung einhergehen.

Der Sean Connery der Spider-Man-Reihe

Ob „Rückkehr“, „Reboot“ oder „Multiversum“ – die Fähigkeit der Franchise, wieder mehr Geld einzunehmen als bei einem Banküberfall in Manhattan, lässt sich immer auf Maguire und Raimi zurückführen.

Deshalb war es auch so wichtig, Maguire 2021 in Spider-Man – No Way Home zu besetzen. Wenn es um Franchise-Vergleiche geht, ist er ohne weiteres der Sean Connery der Spider-Man-Reihe.

„Spider Man“ wird 20: Wie James Bond Sam Raimi half, 2002 den Film zu realisieren
Regisseur Sam Raimi, Tobey Maguire, Kirsten Dunst und Willem Dafoe treffen Journalisten während der Werbetour für „Spider-Man“, 2002, in Tokio, Japan. (Bild: Getty Images)

Spider-Man schlug Star Wars: Episode II – Angriff der Klonkrieger, Herr der Ringe: Die zwei Türme und Harry Potter und die Kammer des Schreckens und setzte sich an die Spitze der US-Kinokassen des Jahres 2002.

Außerdem übertraf er weltweit den Bond-Film Stirb an einem anderen Tag, MGMs rivalisierendes Action-Franchise, das dem Netzschwinger schließlich zum Durchbruch verhalf.

Und nachdem Sony Pictures die Rechte an konkurrierenden Bond-Filmen zugunsten von Spider-Manaufgegeben hatte, schloss das Unternehmen 2006 einen Vertrag über den Vertrieb von Daniel Craigs Casino Royale ab, sodass sie schließlich auch noch 007 in die Hände bekamen.

Mark O'Connell