Spielbergs und Hanks' Weltkriegs-Epos "Masters of the Air": Luftiger Heldenhorror
Die Apple-Serie "Masters of the Air" von Steven Spielberg und Tom Hanks beschreibt die Einsätze amerikanischer Bomberpiloten während des Zweiten Weltkrieges. Das neunteilige Epos mit Austin Butler ("Elvis") dürfte eine der teuersten Serien aller Zeiten sein. Aber lohnt es sich auch?
Wer in die neunteilige Weltkriegsserie "Masters of the Air" bei Apple TV+ einsteigt, könnte wegen der positiv gestimmten, gutaussehenden jungen Amerikaner im Bild annehmen, einer groß inszenierten Heldengeschichte beizuwohnen. Jenes First-Look-Urteil trifft auf die von Steven Spielberg und Tom Hanks mit dem irren Budget von 250 bis 300 Millionen Dollar produzierten Serienwerk auch zu. Gleichzeitig ist das Epos über die Bomber gegen Nazi-Deutschland auch eine tragische Geschichte, womit nicht nur die unzähligen Opfer der Einsätze auf dem Boden gemeint sind.
Das Nachfolgeprojekt der hochgelobten HBO-Serien "Band of Brothers" (2001) und "The Pacific" (2010) beschreibt den Alltag der 100th Bomb Group. Zwischen 25. Juni 1943 und 20. April 1945 flog sie von ihrer Basis in Thorpe Abbotts (Norfolk, England) aus 8.630 Einsätze. Dabei verlor man insgesamt 732 Mann und 177 Flugzeuge. Mit jeweils zehn "Airmen" waren die als fliegende Festungen bezeichneten B-17-Bomber besetzt. Die hohen Verluste gaben der Einheit den Namen "The Bloody Hundred". "Masters of the Air" startet am Freitag, 26. Januar, mit einer Doppelfolge, ehe die restlichen sieben Folgen im Wochenrhythmus bis zum Finale am 15. März gezeigt werden.
Nachfolgeserie von "The Pacific" und "Band of Brothers"
Wer die mit unzähligen TV-Preise bedachten Vorläuferserien (noch bei Sky zu streamen) kennt, weiß, dass die an Militärhistorie interessierten Promi-Produzenten Spielberg und Hanks in ihrem mittlerweile 23 Jahre andauernden Projekt versuchen, den Zweiten Weltkrieg aus amerikanischer Sicht möglichst realistisch zu beschreiben. Das bedeutet: Man sieht mit hohem Aufwand inszenierte Schlachten, viel Blut und Verzweiflung, aber auch Heldenmut. Der zeitliche Anteil an Kampfszenen jeder einzelnen Folgen ist hoch.
Charaktere wie die jungen Fliegerfreunde Gale Cleven (Austin Butler, "Elvis") und John Egan (Cullum Turner) haben vergleichsweise wenig Gelegenheit, ihre Angst, ihr Leiden, aber auch ihre Triumphe des Krieges in Charakter-dominierten Szenen auszustellen. Dennoch ist "Masters of the Air" - wie auch die Vorgänger - weit entfernt von einer klassischen Baller- oder Actionserie. Eher ist es ein groß angelegtes Drama über den Krieg mit den Elementen Technik, Strategie sowie den Erlebnissen von Heldenmut, aber auch unfassbarer Angst und Grauen.
Im Einsatz mit der "Bloody Hundreth"
Lange nimmt sich die Serie nicht Zeit, den Abschied der jungen Piloten und B-17-Crewmitglieder vom amerikanischen Mutterland und ihren Bräuten zu feiern. Nach wenigen Minuten findet man sich auf einem kleinen englischen Luftwaffenstützpunkt in Kanalnähe wieder. Von hier aus wird pro Folge etwa ein Einsatz geflogen. Mal bombardiert man militärischen Einrichtungen in Bremen, einen deutschen U-Boot-Hafen in Norwegen oder - in der enorm spektakulären dritten Folge - Waffenfabriken in Regensburg und Schweinfurt, wofür man eine enorme Strecke über Feindesland zurücklegen muss.
Dabei lernt man den Unterschied zwischen der britischen Strategie nächtlicher Flächenbombardements gegenüber einer US-Strategie der Präzisionsschläge am Tage kennen, die jedoch mit hohen Verlusten erkauft wurde. Bei den Missionen der "Bloody Hundredth" getauften Einheit verlor man immer wieder Menschen und Material im Feuer der deutschen Flaks und Jagdflieger.
Beeindruckende Bilder, zwiespältige Gefühle
Tatsächlich ist die Serie am interessantesten, wenn geflogen wird. Die Architektur und Technik der alten Flieger, die Rollen in den B-17-Flugzeugen und ihr unfassbarer Stress während der Einsätze bringt die von John Orloff ("Band of Brothers") und Graham Yost geschriebene Serie mit hohem technischen Aufwand tatsächlich gut rüber. Cary Joji Fukunaga, Regisseur der legendären ersten "True Detective"-Staffel, inszenierte die ersten Episoden. Über die eindringlichen Bilder, deren Digitalität an manchen Stellen jedoch auffällt, fühlt man die Einsätze und den Wahnsinn des Krieges, der für die Charaktere dann aber doch auch ein Stück weit zur Routine wird. Ein Effekt des Krieges, der allerdings auch wieder Wahnsinn pur ist.
Die optisch und auch in einigen dramaturgischen Momenten hochreizvolle Weltkriegsserie dürfte sich wie ihre Vorgänger relativ weit oben in den Charts der bisher teuersten Serien aller Zeiten einreihen. Die Lehre des Programms indes ist zwiespältig: Man erfährt, wie Krieg in und aus der Luft damals funktionierte. Wer in die inneren Kämpfe jener Menschen einsteigen will, die den Krieg erleben - dafür gibt es bessere Filme und Serien. Als Abbild jener - für beide Seiten - tödlichen Kriegsmaschinerie ist "Masters of the Air" auf seine enorm wuchtige Art allerdings ziemlich beeindruckend.