Explosion in Ratingen: Was wir wissen - und was nicht

Die Ermittlungen nach einer rätselhaften Explosion in Ratingen bei Düsseldorf gehen am Freitag weiter. Ein 57-Jähriger wurde festgenommen. Mit schnellen Ergebnissen ist aber wohl nicht zu rechen.

Bei einer Explosion in einem Hochhaus in Ratingen werden mehrere Einsatzkräfte schwer verletzt.
Bei einer Explosion in einem Hochhaus in Ratingen werden mehrere Einsatzkräfte schwer verletzt. (Bild: dpa)

Was wir wissen

  • Der Tatablauf: Einsatzkräfte werden am Donnerstagmorgen in das Ratinger Wohngebiet mit vielen Hochhäusern gerufen. Der Grund: Sorge um eine Bewohnerin wegen eines übervollen Briefkastens. Als Polizei und Feuerwehr vor der Wohnungstür im 10. Stock stehen, reißt der 57-jährige Sohn der Frau plötzlich die Tür auf. Es kommt zu einer Explosion. Ein Feuerball trifft die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei. An dem Großeinsatz sind schließlich Dutzende Rettungswagen, Notärzte, Feuerwehrwehrautos und Polizeifahrzeuge beteiligt. Spezialkräfte sichern das gesamte Hochhaus ab, auf den Balkonen der gegenüberliegenden Wohnungen bringen sich Scharfschützen in Stellung. Spezialkräfte stürmen dann die Wohnung und nehmen den Mann fest. In der Wohnung wird eine Leiche gefunden.

  • Die Verletzten: Eine 25-jährige Polizistin und ein 29-jähriger Polizist werden lebensgefährlich verletzt. 22 weitere Beamte tragen leichte Verletzungen davon. Einen Tag nach der Explosion haben sich am Freitag fünf schwer verletzte Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst im künstlichen Koma befunden. Sie seien in Spezialkliniken für Brandverletzte nach Köln, Duisburg, Dortmund, Düsseldorf und Bochum gebracht worden. "Die Kollegen erlitten Verbrennungen von bis zu 40 Prozent der Körperoberfläche", teilte die Feuerwehr in Ratingen mit.

  • Der Verdächtige: Ein 57-jähriger Deutscher wird festgenommen, auch er ist schwer verletzt. Der Mann war für Polizei und Justiz kein Unbekannter. Wegen eines nicht gezahlten Geldbetrags habe ein Vollstreckungshaftbefehl gegen ihn vorgelegen, sagte Laura Neumann, Sprecherin der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft, der Deutschen Presse-Agentur. Er habe auch Voreintragungen, "aber nichts Einschlägiges, nichts Vergleichbares", sagte sie.

  • Die Ermittlungen: Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ermittelt, ob es sich um versuchten Totschlag oder versuchten Mord handelt. Der 57-jährige Tatverdächtige soll noch an diesem Freitag einem Haftrichter vorgeführt werden. Weitere Einzelheiten zum Stand der Ermittlungen wollten Polizei und Staatsanwaltschaft bei einer für Freitagnachmittag angekündigten Pressekonferenz mitteilen.

Was wir nicht wissen

  • Der Tatablauf: Hat der Verdächtige die Rettungskräfte möglicherweise in einen Hinterhalt gelockt und am Wohnungseingang einen Sprengsatz gezündet? Diese Frage ist Teil der laufenden Ermittlungen. Die Aufklärungsarbeit wird jedoch dadurch erschwert, dass der Tatverdächtige auch einen Brand gelegt hat. Außerdem konnten die Einsatzkräfte, die bei der Explosion schwer verletzt wurden, bislang nicht als Zeugen vernommen werden.

  • Die Leiche: Noch nicht bestätigt wurde, ob es sich bei der gefundenen Leiche um die Mutter des 57-Jährigen handelt, es sei aber wahrscheinlich. Die Leiche soll schon länger dort gelegen haben. Die Einsatzkräfte hätten einen deutlichen Verwesungsgeruch wahrgenommen.

  • Das Motiv: Das Motiv des mutmaßlichen Täters ist derzeit noch unklar. Noch am Donnerstag gab es Angaben, dass der 57-Jährige zumindest gedanklich Verbindungen zur Szene der Corona-Leugner gehabt haben soll. Deutlich vorsichtiger äußerte sich Innenminister Herbert Reul (CDU) dazu jedoch am Freitagmorgen. Es könnte sich bei diesem Verdacht auch um eine Namensverwechslung handeln. Ob der Mann inzwischen vernommen werden konnte und Angaben zu seinem Motiv gemacht hat, wollten die Behörden zunächst nicht mitteilen. Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund der Tat gibt es bislang nicht: Man stehe mit den örtlichen Behörden in Kontakt, sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft. Derzeit lägen aber keine Anhaltspunkte für eine Übernahme der Ermittlungen vor.

  • Die Ermittlungen: Zu einem möglichen Haftbefehl gab es bis Freitag noch keine Angaben. Auch nicht zu der Frage, ob sich der Tatverdächtige zu den Vorwürfen geäußert hat. Reul verwies dabei auf die laufenden Ermittlungen.