"Er könnte auch Borussia Dortmund trainieren"

Für Union Berlin ging es seit 2018 stets bergauf. Damals übernahm der neue Cheftrainer Urs Fischer. Es war seine erste Station in Deutschland und es entwickelte sich eine einzige Erfolgsgeschichte.

Fischer führte den Klub von der Zweiten Liga bis in die Champions League. Vor zwei Wochen wurde der Schweizer nach 14 sieglosen Spielen beurlaubt.

Seit Sonntag steht mit Nenad Bjelica der Nachfolger fest. Wie Fischer war der 52-Jährige als Trainer noch nicht in Deutschland tätig. Zuletzt trainierte der Kroate den türkischen Erstligisten Trabzonspor. Von 2001 bis 2004 spielte er beim 1. FC Kaiserslautern in Deutschland.

Riedl über Bjelica: „Absoluter Familienmensch“

Aus dieser Zeit kennt ihn Thomas Riedl, der von 2001 bis 2006 das Trikot der Roten Teufel trug. Seitdem sind beide gut befreundet. „Ich habe Nenad sofort eine WhatsApp geschickt und ihm gratuliert. Er ist eine super angenehme Persönlichkeit. Ich hatte ihn Stefan Kuntz, als dieser beim FCK Vorstandsvorsitzender war, damals als Trainer empfohlen. Es kam aber leider nicht zustande“, sagt Riedl im Gespräch mit SPORT1.

Auch in Kärnten hatten beide „guten Kontakt“. Riedl spielte von 2007 bis 2010 beim SK Austria Kärnten, Bjelica startete 2007 beim FC Kärnten seine Trainerkarriere. Der neue Union-Coach sei ein „absoluter Familienmensch, wir haben in Kärnten viel zusammen gemacht. Er war schon da ein sehr guter Trainer. Und ein toller Mensch“.

Riedl hat den Karriereweg seines Freundes seit damals stets verfolgt. Zweimal wurde Bjelica in Kroatien Meister, einmal Pokalsieger. „Nenad hat großes Potenzial, auch für einen Spitzenverein. Er könnte auch Borussia Dortmund trainieren“, lobt der 47-Jährige. Bjelica sei daher „der schweren Aufgabe bei Union definitiv gewachsen“.

Riedl: „Fischer hat sich bestimmt nicht verändert“

Es seien natürlich „riesige Fußstapfen, in die er da tritt, denn es war eine unglaubliche Erfolgsstory, die bei Union geschrieben wurde“. Und diese war eng mit dem Namen Fischer verwoben.

„Leider geht es schnell im Fußball. Fischer hat sich bestimmt nicht verändert vor dieser Saison und plötzlich wurde aus einem Erfolgstrainer einer, dem man gekündigt hat“, meint Riedl. Eine Parallele: Bjelica wurde im Oktober dieses Jahres nach sechs Monaten bei Trabzonspor entlassen.

Bjelicas Ideen seien sehr geprägt vom spanischen Fußball. Er spielte zwischen 1993 und 1999 für Albacete Balompié, Betis Sevilla und UD Las Palmas. „Er hat schon damals beim FCK wie ein Trainer gedacht“, erinnert sich Riedl. „Als Mittelfeldspieler denkst du oft wie ein Fußballlehrer, weil du viel strategischer agierst. Der Spielstil von Xabi Alonso ist daher das Ding von Nenad. Das verbunden mit der eisernen Kampfkraft von Union könnte ein gutes Match sein.“

Riedl: „Sehr konsequent und streng“

In Österreich habe er mitbekommen, wie Bjelica als Trainer tickt. „Er ist sehr konsequent und streng. Und er ist bis heute ein Fan von Disziplin. Nenad will immer, dass sein Team aggressiven Fußball spielt.“

Genau das will Bjelica bereits am Mittwoch bei seiner Premiere als Union-Coach in der Champions League bei Sporting Braga (ab 21.00 Uhr im SPORT1-Liveticker) sehen. Es folgt das Heimduell mit dem FC Bayern am Samstag (ab 15.30 Uhr im SPORT1-LIveticker).

Wird Bjelicas mangelnde Bundesliga-Erfahrung in der Zukunft noch zum Problem? Das glaubt Riedl nicht: „Fischer hat vor Union auch nicht in Deutschland gearbeitet. Nenad war als Trainer schon viel unterwegs. Und er war schon immer ein Freund des deutschen Fußballs. Er war immer so nah dran am deutschen Fußball, ich sehe da gar kein Problem.“

Riedl spricht gerne über seinen Freund. Bei der Frage, ob es mal eine gemeinsame Party gegeben habe, muss er schmunzeln: „Nenad ist ein sehr kontrollierter Mensch, mit ihm einen über den Durst zu trinken, ist nicht so leicht.“

Er sei neben dem Platz „der beste Freund“. Man könne „immer zu ihm kommen, ihn sogar nachts anrufen“, aber „auf dem Platz ist er der Chef. Er ist hart, aber fair“. Bjelica stehe „immer zu seinem Wort“.

„Gute Freunde erkennst du daran, dass du nicht immer Kontakt hast, doch wenn man sich dann wieder hört, ist es so, als wäre man nie groß weg gewesen“, findet Riedl.

Bjelica ist neu und unverbraucht - wie Fischer 2018. „Jetzt bietet sich ihm in Deutschland eine große Chance“, weiß Riedl. „Er ist vom Typ her anders als Urs Fischer. Aber der war damals auch neu in Deutschland. Nenad kann eine neue Ära prägen.“

Und weiter: „Er war als Profi ein Führungsspieler, der immer seine Meinung gesagt hat. Er ist in Lautern vorangegangen. Jetzt braucht er natürlich auch etwas Glück. Ich wünsche Nenad nur das Beste, weil er ein sehr sehr guter Trainer ist.“