Kommentar: Basler verurteilt Özil: Marios Märchenwelt

Mario Basler haut gern mal einen raus. (Bild: Sascha Steinbach/Getty Images)
Mario Basler haut gern mal einen raus. (Bild: Sascha Steinbach/Getty Images)

Der Ex-Fußballstar lästert gern, haut mal einen raus. Doch nun hat Mario Basler einem Rassismus freien Lauf gelassen. Kann er aber. Denn keiner widerspricht. Genau so wächst das Schlechte unter uns.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Schon faszinierend, was man unwidersprochen öffentlich so sagt. Mario Basler ist wirklich keiner, der nach dem Motto jammern könnte: Also, das wird man doch noch sagen dürfen! Basler kann. Und was der alles kann.

Der Ex-Fußballer wurde vor einer Fernsehkamera von „Sport 1“ befragt, und zwar von einem Stichwortgeber, der sich als Journalist verkleidet hatte. Was er von jenem Interview halte, das Mesut Özils Vater vor kurzem geben hatte, in dem er den Abgang seines Sohnes aus der deutschen Nationalmannschaft bedauert hatte? Wir erinnern uns: 2018 hatte Mittelfeldregisseur Özil seinen Rücktritt erklärt und geschrieben: „Mit schwerem Herzen und nach langer Überlegung werde ich wegen der jüngsten Ereignisse nicht mehr für Deutschland auf internationaler Ebene spielen, solange ich dieses Gefühl von Rassismus und Respektlosigkeit verspüre."

Kommentar: Mesut Özil – ein Deutscher

Özil war damals für ein gemeinsames Foto mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan kritisiert worden – und dass er sich nicht davon distanziert hatte; eine völlig verhobene Kritik, lassen sich doch Staatschefs aus aller Welt jeden zweiten Tag mit Erdogan fotografieren. Dann hatte Özil angemerkt, dass er während der WM rassistisch angegangen worden sei – und dass der DFB nicht genügend an seiner Seite gestanden habe; was schlicht stimmt. Und drittens hatte der DFB tatsächlich nach dem blamablen Ausscheiden der Nationalmannschaft aus dem WM-Turnier 2018 Gedanken Raum gegeben, dass auch Özil mit seiner Erdogan-Affäre durch die entstandene Unruhe mitverantwortlich sei; was nun hanebüchen ist, weil nicht Özil, sondern seine Kritiker diesen Wind entfacht hatten.

Die Sache mit der Meinungsfreiheit: Bei der WM in Katar bekam der DFB seinen scheinheiligen Umgang mit Mesut Özil um die Ohren gehauen. (Bild: REUTERS/John Sibley)
Die Sache mit der Meinungsfreiheit: Bei der WM in Katar bekam der DFB seinen scheinheiligen Umgang mit Mesut Özil um die Ohren gehauen. (Bild: REUTERS/John Sibley)

Es war also unschön. Klar, dass der Überbringer schlechter Nachrichten als erster geteert und gefedert wird, und zwar von Typen wie Mario Basler.

Einfach losledern als Konzept

Was sagte also der Ex-Offensivstar über die väterlichen Gedanken und über Mesut Özil? „Wenn ich etwas zu sagen hätte, würde ich ihn nicht mehr nach Deutschland lassen“. Darauf der Interviewer: „Das ist jetzt mal ein hartes Statement.“ Und beließ es dabei.

Özil lebt derzeit in der Türkei. Er ist in Gelsenkirchen geboren und aufgewachsen, natürlich Deutscher. Er braucht keine Glanzzeit in der deutschen Nationalmannschaft, um eine Einreiseerlaubnis in sein Heimatland zu kriegen. Oder doch? Krasser als Basler kann man kaum mit zweierlei Maß messen. Staatsbürgerschaft unter Vorbehalt, immer mit der Drohung des Verweises, weil gewisse Pässe weniger wiegen als andere, obwohl es die gleichen sind. Das ist Baslers Botschaft an Özil und an die Welt. Es ist schlichter und banaler Rassismus. Özil kritisierte die deutsche Gesellschaft, sein berufliches Umfeld – und soll dafür wegbleiben? Basler agiert nur fies. Es ist nicht nur dumm und stumpf. Es offenbart ein Weltbild zum Davonlaufen.

Vorher kamen in seinem „Interview“ noch ein paar Plattitüden, wie etwa dass die Nationalmannschaft 2014 nicht wegen Özil, sondern mit ihm Weltmeister geworden sei. Ach nee: Ich dachte immer, Fußball sei ein Mannschaftssport, aber vielleicht sieht Basler das anders; Hauptsache, er steht im Mittelpunkt. Für ihn war es eben eine „absolute Frechheit“, dass sich Özil seinerzeit über Rassismus beschwert hatte. Besser, man hält die Klappe, oder?

Zwei dieser drei Weltmeister werden als Legenden des deutschen Fußballs gefeiert. (Bild: Action Images / Matthew Childs  Livepic)
Zwei dieser drei Weltmeister werden als Legenden des deutschen Fußballs gefeiert. (Bild: Action Images / Matthew Childs Livepic)

Was für Tuchel gilt, gilt für Özil noch lange nicht

Für Basler gilt das natürlich nicht. Und er hat fast zeitgleich aufgezeigt, dass er gewillt ist, die Welt wie im Märchen aufzuteilen: die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen. Er wurde nämlich wenig später zu Thomas Tuchel befragt, zu seinem Interviewabgang – wegen den Kritiken, die der Trainer des FC Bayern München im Vorfeld abgekriegt hatte. Für den hatte Basler bei „Sport 1“ natürlich Verständnis: „Thomas Tuchel ist ein fantastischer Trainer. Muss er sich denn alles gefallen lassen, bloß, weil er Trainer ist?“ Und: „Da setzen die sich hin und diskutieren über einen Thomas Tuchel und sagen, der darf sich nicht beschweren.“ Und: „Muss sich Tuchel auf die Fresse hauen lassen und darf dann nichts sagen?“

Özil war ein fantastischer Spieler. Musste er sich alles gefallen lassen, weil er Spieler war? Und da sagen die, der darf sich nicht beschweren. Muss sich Özil auf die Fresse hauen lassen und darf dann nichts sagen?

Doch, darf er. Nur erlischt dann in Marios Welt seine Aufenthaltsgenehmigung, Staatsbürgerschaft hin oder her. Basler könnte diese Meinung mal mit seinen Spielern vom SC Türkgücü Osnabrück diskutieren, die er trainiert. Vielleicht teilen sie mit ihm die eine oder andere Erfahrung.

Der wahre Skandal ist aber das Schweigen im Blätterwald auf Baslers Entgleisungen. Lässt man ihn gewähren, weil man seinen Dünnsinn gewohnt ist? Der Mario halt? Basler sagte Schlimmes und Böses – dem ist zu widersprechen. Das wird man wohl doch noch sagen dürfen.

Im Video: Bundesliga: Basler wütet nach Kimmich-Rot "Endlich wird er mal bestraft"