Kommentar: Wer wäre die beste Wahl als Fußball-Bundestrainer?

Hansi Flick ist raus. Nach den blamablen Auftritten in den letzten Spielen sah der DFB keine Zukunft für den Bundestrainer der Fußball-Nationalmannschaft. Und nun? Die Ratlosigkeit ist groß. Es gibt drei Kandidaten, die erste Wahl wären – aber kaum bereitstehen. Und dann gibt es noch drei, von denen es wohl einer wird.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Da lachten sie noch gemeinsam: Der damalige Bundestrainer Hansi Flick (links), Sportdirektor Rudi Völler und U21-Coach Toni di Salvo im März (Bild: REUTERS/Timm Reichert)
Da lachten sie noch gemeinsam: Der damalige Bundestrainer Hansi Flick (links), Sportdirektor Rudi Völler und U21-Coach Toni di Salvo im März (Bild: REUTERS/Timm Reichert)

Am Ende wussten alle, dass er gehen muss. Dass Hansi Flick schon früher hätte das Handtuch schmeißen müssen. Diese Vehemenz in der Überzeugung rührt natürlich daher, dass wir alle bessere Bundestrainer wären. Also, wenn ich in der Kabine zur Halbzeit gewesen wäre, dann hätte ich den Spielern…

Das macht den Job des Bundestrainers zu einem besonders beliebten und schwierigen zugleich. Alle reden mit. Wie beim „Nahostkonflikt“. Da hat auch jeder die beste Lösung.

Nun wird es aber richtig dramatisch. Im nächsten Jahr ist die Europameisterschaft, und dies auch noch im eigenen Land. Da hängen die Erwartungen besonders hoch. Und die Identifizierung mit der Mannschaft war schon mal größer und unbedingter. Gerade eher rechts gesonnene Zeitgenossen sind gern sauer, wenn mal die Kapitänsbinde etwas bunt gerät, die Hymne nicht laut genug mitgesungen wird oder man aus Versehen „Mannschaft“ statt „Nationalmannschaft“ sagt. All dies muss der Bundestrainer beiseite schieben, ein Team formen (siehe Basketball) und eine Hoffnung einhauchen. Viel Zeit bleibt nicht.

Wer soll es also richten?

Es gibt drei natürliche Kandidaten, die sich aufdrängen würden, stünden sie bereit. Tun sie aber nicht richtig. Nur eine nächtliche Erscheinung könnte wohl etwas bewirken.

Jürgen Klopp beim Spiel seines Verein FC Liverpool gegen Aston Villa Anfang September (Bild: REUTERS/Molly Darlington)
Jürgen Klopp beim Spiel seines Verein FC Liverpool gegen Aston Villa Anfang September (Bild: REUTERS/Molly Darlington)

Jürgen Klopp

Er wird seit Jahren als möglicher Bundestrainer gehandelt. Jürgen Klopp vereint höchsten Sachverstand mit echten Führungsqualitäten und der Fähigkeit, aus einer Mannschaft eine Mannschaft zu machen. Er wird von seinen Spielern respektiert und geliebt. Nur ist Klopp derzeit gebunden, sich jetzt von seinen Red Devils beim FC Liverpool zu verabschieden, wäre krass. Zum einen ist Liverpool nicht irgendein Verein, und zum anderen hat die neue Spielzeit gerade erst angefangen. Ein Wechsel käme zur Unzeit.

Matthias Sammer im Jahr 2019, als er in die
Matthias Sammer im Jahr 2019, als er in die "Hall of Fame" des Deutschen Fußballmuseums in Dortmund aufgenommen wird (Bild: REUTERS/Ina Fassbender/Pool)

Matthias Sammer

Er gilt als „alt“, ist es aber nicht. Er gilt als „Funktionär“, ist es aber nicht. Matthias Sammer ist der vielleicht unabhängigste Geist im deutschen Fußball. Einer, der sich womöglich zu viel aufregt, der aber in ruhigen Momenten nicht nur Durchblick zeigt, sondern Führung. Zumal Sammer nicht nur viele Erfahrungen gesammelt hat und eine ost-west-deutsche Perspektive besitzt. Er ist menschlich gesehen „okay“, eine Art Typ Klopp, einer, dem Spieler zuhören und die seine Nähe automatisch suchen. Nur wollte Sammer generell kürzer treten, nicht gerade im Scheinwerferlicht stehen. Als Bundestrainer müsste er einige Abstriche bei seiner Lebensplanung machen.

Saß zuletzt beim FC Bayern München auf der Trainerbank: Julian Nagelsmann im März (Bild: REUTERS/Thilo Schmuelgen)
Saß zuletzt beim FC Bayern München auf der Trainerbank: Julian Nagelsmann im März (Bild: REUTERS/Thilo Schmuelgen)

Julian Nagelsmann

Der Ex-Trainer des FC Bayern München, wo er nicht gerade gescheitert ist, ist auch natürlicher Kandidat. Zumal Julian Nagelsmann derzeit nicht arbeitet. Und auch dass er offiziell bei den Münchenern noch unter Vertrag ist, sollte kein Problem sein. Auch hätte Nagelsmann gewiss Interesse, es ist eben ein ehrenvolles Amt. Nur ist da sein Alter. Nagelsmann ist im Sommer erst 36 Jahre alt geworden. Starke Kompetenzen sind dem Trainer-Wunderkind zu attestieren, nur bräuchte er vielleicht noch mehr Erfahrung in der Vereinsarbeit; Nagelsmann war auch nicht der führende Starspieler wie Sammer, Klinsmann oder Völler.

Und dann gibt es noch drei Personen, die es eher werden könnten, weil sie leichter in dieses Amt zu bugsieren wären.

Noch Nationaltrainer der Türkei: Stefan Kuntz vor einem Spiel im März (Bild: REUTERS/Murad Sezer)
Noch Nationaltrainer der Türkei: Stefan Kuntz vor einem Spiel im März (Bild: REUTERS/Murad Sezer)

Stefan Kuntz

Noch ist der Jung vom Betzenberg Nationaltrainer in der Türkei, aber dort scheint man nicht mehr allzu begeistert von Stefan Kuntz sein. Der Ex-Lauterer ist jedenfalls mit im Hut. Ein ehemaliger Stürmerstar, mit Meriten als Trainer und als Funktionär: Kuntz würde vom ersten Tag an voll loslegen können.

Damals noch Sportdirektor bei Bayer Leverkusen: Rudi Völler im April 2022 (Bild: REUTERS/Thilo Schmuelgen)
Damals noch Sportdirektor bei Bayer Leverkusen: Rudi Völler im April 2022 (Bild: REUTERS/Thilo Schmuelgen)

Rudi Völler

Weil wir gerade von Stürmerstars sprachen: Über Rudi Völler muss nicht viel gesagt werden. Nur wäre er ein Notnagel. Längst hatte sich Völler von der ersten Reihe zurückgezogen, agiert beim DFB gerade auch nur als Übergangslösung. Und er scheint ein wenig sehr aus gestrigen Perspektiven heraus zu denken. Aber die Jungs zusammenschweißen – natürlich könnte er das.

Lothar Matthäus als Zuschauer beim Spiel Frankfurt gegen Dortmund im Herbst 2022 (Bild: REUTERS/Heiko Becker)
Lothar Matthäus als Zuschauer beim Spiel Frankfurt gegen Dortmund im Herbst 2022 (Bild: REUTERS/Heiko Becker)

Lothar Matthäus

Klar, da würden einigen erstmal lachen. Matthäus hat nur wenige Fettnäpfchen ausgelassen: Vorlaut, frech, zuweilen unreflektiert, eben große Klappe. Aber Matthäus wäre ein Auf-den-Tisch-Klopfer. Einer, der seine mannigfaltigen Erfahrungen als Bundestrainer umsetzen könnte wie seinerzeit seine Gewaltmärsche übers Mittelfeld. Matthäus würde Herzblut und Leidenschaft mitbringen. Es wäre auch seine Chance, um gewisse Klischees abzustreifen. Fragte man ihn, sagte er gewiss nicht ab.

Also, wer wird es nun? Es wird auch noch Oliver Glasner genannt, zweifellos ein Experte, aber für Otto Normalverbraucher zu unbekannt und daher mit zu wenig Glamour gesegnet, den die Nationalmannschaft aber jetzt bräuchte. Und dann lockt noch der ewige Louis van Gaal – eine Legende als Spieler und Trainer und offensichtlich noch nicht satt, trotz seiner 72 Jahre. Die Yahoo-Prognose: Es wird entschieden zwischen Nagelsmann und Sammer. Und am Ende wird es Paul Breitner, den hatte noch keiner auf dem Zettel, hab aber gerade in Frankfurt angerufen. Der würde aufräumen. Hauptsache, Europameister!

Im Video: DFB-Team: Das ist der beste Kandidat für die Nachfolge von Hansi Flick | 2nach10