"Wir wollen diesen Bummelzug nicht sehen"

Charles Leclerc hat endlich bei seinem Heimrennen triumphiert, doch trotz des emotionalen Sieges des Lokalmatadors von Ferrari, wollte der Funke bei Fans und Beobachtern nicht so richtig überspringen. Auch, weil das Rennen eher von Taktik, als von Spannung geprägt war.

Der Monegasse feierte beim Großen Preis von Monaco einen ungefährdeten Start-Ziel-Sieg, brauchte wegen der frühen Rennunterbrechung nach dem Horror-Unfall rund um Sergio Pérez und Kevin Magnussen nicht mal einen echten Boxenstopp absolvieren und konnte so mit einem Reifensatz durchfahren. Die Taktik, die dies möglich machte, brachte aber einige auf die Palme.

„Das ist nicht meine Art der Formel 1″, ärgerte sich Sky-Experte Ralf Schumacher nach dem Rennen: „Das Thema ist der Reifen. Eigentlich ist er so gemacht, dass er irgendwann nachlässt und man dann überholen kann. Aber die Teams haben es mittlerweile so hinbekommen, dass sie einfach so langsam fahren und die Reifen so länger durchhalten.“

Dass die Teams dies für ihren eigenen Vorteil nutzen, sei natürlich klar, für den Rennsport sei es aber keine gute Entwicklung: „Das ist gefährlich für die Formel 1, denn das wollen die Fans nicht sehen, das wollen wir nicht sehen, das ist schwer zu kommentieren und rüberzubringen.“

Glock: „Ich bin hier fast bei dem Rennen eingeschlafen“

Selbst Sieger Leclerc schien sich im Rennen etwas zu langweilen und fragte kurz vor dem Ende des GP, ob er jetzt nochmal richtig fahren dürfte. Für Schumacher extrem unverständlich: „Jeder hat sich daran gehindert, ein Rennen zu fahren. Leclerc hat irgendwann gefragt, ob er jetzt auch mal richtig Rennfahren darf. Das war schon sehr skurril.“

Sein Expertenkollege Timo Glock sprang Schumacher zur Seite und rechnete mit dem Rennen noch stärker ab. „Wir wollen Action sehen, wir wollen Racing am Limit sehen, Rad an Rad. Wir wollen diesen Bummelzug nicht sehen. Ich bin hier fast bei dem Rennen eingeschlafen“, ärgerte sich Glock.

Verstappen: „Das ist kein Rennfahren“

Rekordweltmeister Lewis Hamilton von Mercedes hatte nach dem Rennen eine ähnliche Meinung. „Ich weiß nicht, wie es sich beim Zuschauen anfühlte, aber ich bin sicher, dass die Leute eingeschlafen sind“, fasste Hamilton, der nur Siebter wurde, den GP zusammen und hatte gleich auch einen Lösungsvorschlag: „Die Reifenmischung ist hier zu hart. Vielleicht sollte es mindestens einen Pflicht-Boxenstopp geben, um für mehr Spannung zu sorgen.“

Und auch von weiteren Piloten hagelte es Kritik am Rennen, wenn auch eher von den Fahrern, die in Monaco im Mittelfeld festhingen und an ihren Positionen nichts ändern konnten. „Ich glaube, ich bin vier bis sechs Sekunden langsamer gefahren als normal. Alle haben die Reifen gemanagt, und das ist natürlich kein Rennfahren“, winkte ein frustrierter Max Verstappen am ORF-Mikrofon ab.

Formel 1: Erfolgreiche Teams sehen Rennen unkritisch

Ähnlich sah es auch Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko: „Es ist schade. Hier ist so eine tolle Atmosphäre und dann ist das so ein stinklangweiliges Rennen, wo nur Taktik herrscht. Also man sollte sich da vielleicht was einfallen lassen, dass man irgendwo die Strecke adaptiert, damit es Möglichkeiten zum Überholen gibt.“

Bei den Rennställen, die in Monaco ein erfolgreiches Wochenende erlebten, kam das Rennen dagegen erwartungsgemäß anders an. „Naja, das ist mir egal. Die Bedingungen waren halt so und unser Business ist es eben, mit diesen Bedingungen umzugehen und das Beste rauszuholen. Klar, für die Fans ist das vielleicht etwas frustrierend, aber der Sieg in Monaco ist so wichtig, dass wir hier irgendetwas hinten anstellen können“, antwortete Ferrari-Chef Fred Vasseur bei Sky auf die Frage, ob das Rennen nicht zu langweilig gewesen sei.

Vasseur verdeutlichte zudem, dass es für die führenden Autos kaum eine andere Möglichkeit gegeben hätte, als das Tempo zu drosseln, auch um mit den harten Reifen durchzufahren. Den Teams sei bewusst gewesen, dass es in Monaco eben fast unmöglich sei zu überholen: „Es war schon etwas eigenartig, weil wir zu Beginn des Rennens vier bis fünf Sekunden langsamer gefahren sind, als wir es eigentlich könnten.“

Motorsport-Schach wird kritisch gesehen

Ähnlich sah es auch McLaren-Teamchef Andrea Stella, der verdeutlichte, dass die Taktik notwendig war, um mit den Reifen, die eigentlich nur für 50 Runden ausgelegt sind, über 70 Runden durchzufahren: „Wir sind einfach zwei bis drei Sekunden langsamer gefahren, als es zu erwarten war. Das heißt, die Reifen wurden auch weniger belastet und so konnten wir eben durchhalten. Unter einem normalen Tempo hätten sie auf keinen Fall so lange durchgehalten.“

Die Diskussion im Fahrerlager zeigt, dass die aktuelle Entwicklung hin vom klassischen Racing hin zum Motorsport-Schach durchaus kritisch zu sehen ist, allerdings würde wohl jedes Team die Taktik wählen, um letztendlich erfolgreich zu sein, egal ob attraktiv oder nicht.