Supreme Court der USA urteilt zugunsten von Kapitol-Stürmern

Nach dem Sturm auf das US-Kapitol im Januar 2021 sind die Staatsanwaltschaften bei der Anklage von Demonstranten laut dem Obersten Gerichtshof in vielen Fällen zu weit gegangen. Der Supreme Court fordert eine engere Auslegung eines Straftatbestands. (Olivier DOULIERY)
Nach dem Sturm auf das US-Kapitol im Januar 2021 sind die Staatsanwaltschaften bei der Anklage von Demonstranten laut dem Obersten Gerichtshof in vielen Fällen zu weit gegangen. Der Supreme Court fordert eine engere Auslegung eines Straftatbestands. (Olivier DOULIERY)

Nach dem Sturm auf das US-Kapitol im Januar 2021 sind die Staatsanwaltschaften bei der Anklage von Demonstranten laut dem Obersten Gerichtshof in vielen Fällen zu weit gegangen. Das Gericht hob am Freitag eine Anklage gegen den ehemaligen Polizeibeamten Jospeh Fischer auf, der damals gemeinsam mit hunderten anderen Menschen den Kongresssitz in Washington gestürmt hatte. Die Entscheidung könnte weitreichende Folgen für dutzende Verurteilte haben.

Die weite Auslegung des Straftatbestands der Behinderung eines amtlichen Vorgangs durch die Staatsanwaltschaften würde "ein breites Spektrum an Verhalten kriminalisieren und Aktivisten und Lobbyisten jahrzehntelangen Haftstrafen aussetzen", erklärte der Vorsitzende Richter John Roberts im Namen des mehrheitlich konservativen Lagers im Supreme Court.

Die Justiz müsse konkret "nachweisen, dass der Angeklagte die Verfügbarkeit oder Integrität von Aufzeichnungen, Dokumenten, Gegenständen oder anderen Dingen, die in einem offiziellen Verfahren verwendet werden, beeinträchtigt hat" oder versucht habe dies zu tun, erklärte Roberts weiter.

Das Gericht gab mit sechs zu drei Stimmen Fischer Recht, der die Anklage angefochten hatte. Der Fall geht nun zurück vor eine niedrigere Instanz, die entscheiden wird, ob Fischers Anklage angesichts der engeren Auslegung des Straftatbestands der Behinderung aufrechterhalten werden kann.

Die Entscheidung des Supreme Court vom Freitag könnte dazu führen, dass dutzende Verurteilungen aufgehoben werden. Sie könnte sich indirekt auch auf das Verfahren auf Bundesebene gegen Ex-Präsident Donald Trump wegen versuchten Walbetrugs auswirken. Das Verfahren ist jedoch ausgesetzt, bis der Oberste Gerichtshof - voraussichtlich am Montag - über dessen strafrechtliche Immunität als Ex-Präsident entschieden hat.

Insgesamt wurden 52 Menschen nach dem 6. Januar 2021 wegen Behinderung verurteilt, 27 von ihnen befinden sich derzeit in Haft, wie das Justizministerium erklärte. Die überwiegende Mehrheit der mehr als 1400 nach dem Sturm auf das Kapitol Angeklagten "wird von dieser Entscheidung nicht betroffen sein", versicherte Justizminister Merrick Garland.

Der Angriff auf das Kapitol mit fünf Todesopfern erschütterte die USA und gilt als schwarzer Tag in der Geschichte der US-Demokratie. Mit dem Sturm auf den Kongresssitz wollten fanatische Trump-Anhänger verhindern, dass dort der Wahlsieg des heutigen Präsidenten Joe Biden formell beglaubigt wurde.

Trump hatte zuvor über Wochen die Falschbehauptung verbreitet, er sei durch massiven Wahlbetrug um eine zweite Amtszeit gebracht worden. Kurz vor der Kapitol-Erstürmung rief der Rechtspopulist seine Anhänger in einer Rede auf, zum Kapitol zu marschieren und "auf Teufel komm raus" zu kämpfen.

kbh/mid