Thailands Parlament wählt Srettha zum neuen Regierungschef
Bangkok (dpa) - Drei Monate nach der Parlamentswahl in Thailand ist der Immobilienmagnat Srettha Thavisin zum neuen Regierungschef gewählt worden. Der 60-Jährige von der Partei Pheu Thai erhielt am Dienstag die Mehrheit der Stimmen in beiden Kammern des nationalen Parlaments, des Repräsentantenhauses und des vom Militär ernannten Senats. Sretta war der einzige Kandidat.
Die Wahl Sretthas beendet ein monatelanges politisches und juristisches Gerangel, das die Wirtschaft des asiatischen Königreichs seit der Parlamentswahl im Mai belastete.
Um an die Macht zu kommen, hatte sich die Pheu Thai von der progressiven Move Forward Party (MFP) von Pita Limjaroenrat losgesagt. Der Überraschungssieger der Parlamentswahl und Hoffnungsträger der Demokratiebewegung war zuvor wiederholt von konservativen Senatoren als Kandidat für das Premieramt abgelehnt worden. Grund dafür war das Vorhaben von Pitas MFP, das extrem strenge Gesetz zur Majestätsbeleidigung zu ändern.
Bündnis mit dem einstigen Gegner
Daraufhin bootete die Pheu Thai, die bei der Parlamentswahl den zweiten Platz belegt hatte, Pitas Partei aus und ging stattdessen mit jenen Konservativen ein Bündnis ein, die sie im Wahlkampf noch bekämpft hatte. Kritiker bezeichnen die neue Regierung von Srettha auch als einen Verrat an den Wahlergebnissen. Pheu Thai verteidigte ihr taktisches Manöver dagegen als Notwendigkeit, um den politischen Stillstand im Land zu beenden und Versöhnung zu schaffen. Pitas MFP, die nun trotz ihres Wahlsieges zur Opposition wurde, unterstützte die Pheu Thai bei der Wahl Sretthas zum Premier nicht.
Srettha tritt die Nachfolge von Prayuth Chan-ocha an. Der ehemalige General war seit 2014 an der Macht, als er die vorherige Pheu-Thai-Regierung durch Putsch stürzte.
Der in den USA ausgebildete Srettha ist Thailands 30. Regierungschef und der erste seit fast einem Jahrzehnt, der keinen militärischen Hintergrund hat. Er ist kein gewählter Abgeordneter des Parlaments. Thailands Verfassung erlaubt es jedoch auch Nichtparlamentariern, Regierungschef zu werden. Srettha führt nun ein Koalitionsbündnis aus elf Parteien an, zu der auch zwei pro-militärische Parteien gehören, die Palang Pracharath und die United Thai Nation - was nach Ansicht von politischen Beobachtern darauf hindeutet, dass das Militär doch noch einen gewissen Einfluss auf die neue Regierung haben könnte.
Priorität für Srettha dürfte nach Meinung von Beobachtern zunächst darin bestehen, eine Reihe wirtschaftlicher Versprechen an die Basis seiner Pheu Thai-Partei einzuhalten. «Ungleichheit ist der Hauptgrund, warum ich beschlossen habe, vom Geschäftsmann zum Politiker zu werden», sagte er im April in einem Interview mit der japanischen Wirtschaftszeitung «Nikkei Asia». Er ist Vertrauter der ehemaligen Premiers und Gründers der Pheu Thai, Thaksin Shinawatra, und Yingluck Shinawatra.
Rückkehr nach 15 Jahren Exil
Thaksin Shinawatra war am Morgen (Ortszeit) nach 15 Jahren Exil in seine Heimat zurückgekehrt. Er wurde gleich nach seiner Ankunft zum Obersten Gerichtshof gebracht, der eine gegen ihn während seiner Abwesenheit verhängte Haftstrafe in drei Korruptionsfällen bestätigte. Thaksin wurde sofort ins Gefängnis gefahren, wo er eine achtjährige Haft antrat. Politische Beobachter bezweifeln jedoch, dass der inzwischen 74-jährige Milliardär viel Zeit hinter Gittern verbringen wird. In Thailand können Verurteilte, die älter als 70 Jahre sind, Bewährung oder eine königliche Begnadigung beantragen.
Thaksin, der in der Telekom-Industrie zu Reichtum kam, war 2001 zum Ministerpräsidenten gewählt worden. 2006 wurde er bei einem Militärputsch gestürzt. Er wurde der Korruption und des Machtmissbrauchs sowie der Missachtung der Monarchie beschuldigt. 2008 floh er aus dem Land ins Exil, um einer Haftstrafe zu entgehen.
Die ursprünglich für den 4. August geplante Abstimmung zum Regierungschef war verschoben worden, weil das Verfassungsgericht des Landes zunächst prüfen wollte, ob sich Pita von der MFP ein zweites Mal zur Premierwahl stellen darf. Dies war ihm vom Parlament verwehrt worden. Bei einem ersten Votum im Juli war er gescheitert. Das Gericht lehnte eine Petition bezüglich einer nochmaligen Kandidatur Pitas aber am Ende ab und ebnete damit den Weg für die Wahl Sretthas.