Themenabend bei ARTE: Das Europa der Nachkriegszeit

Am 30. April 1953 stellen Vertreter der Montanunion das erste Stahlstück vor, das als Symbol für die europäische Zusammenarbeit steht. Von links: Die Vertreter waren Franz Etzel (Deutschland), Albert Coppé (Belgien), Albert Wehrer (Niederlande) und Jean Monnet (Frankreich). (Bild: Phototek Luxemburg)
Am 30. April 1953 stellen Vertreter der Montanunion das erste Stahlstück vor, das als Symbol für die europäische Zusammenarbeit steht. Von links: Die Vertreter waren Franz Etzel (Deutschland), Albert Coppé (Belgien), Albert Wehrer (Niederlande) und Jean Monnet (Frankreich). (Bild: Phototek Luxemburg)

Vor genau 85 Jahren erfolgte der "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich. ARTE nimmt dies zum Anlass, an eine Zeit zu erinnern, die bis in die Moderne nachwirkt.

Zwischen Träumen, Hoffnungen und Herausforderungen: Mit drei historischen Dokumentationen in Folge - allesamt Free-TV-Premieren - zum Thema "Nazi-Erbe und Neuanfang: Schicksalsjahre für Europa" erinnert ARTE an eine Zeit, deren Nachwirkungen bis in die Gegenwart reichen. Wer hätte ahnen können, dass 77 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die westlichen Staaten mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine erneut am Scheideweg stehen und in einen Konflikt verwickelt werden, der die Welt in Atem hält.

Auch die unmittelbare Nachkriegszeit bis Anfang der 1990er-Jahre war von einer angespannten Ost-West-Rivalität geprägt: Der Kalte Krieg beherrschte Europa von 1945 bis 1991. Knapp eineinhalb Stunden lang taucht der Filmemacher Mathias Haentjes in "Kalter Krieg in Bewegung: Europa 1952/53" (2022, Dienstag, 8. August, 20.15 Uhr) in das politisch gespannte Europa ein und zeigt, wie aus Feinden Partner wurden. "Wir waren davon überzeugt, dass wir in zehn Jahren die Vereinigten Staaten von Europa schaffen würden. Wir haben uns geirrt", resümiert der französische Diplomat und einer der engsten Mitarbeiter des europäischen Vordenkers Jean Monnet Georges Berthoin (geboren 1925) im Film.

Aufgrund der verheerenden Flutkatastrophe in den Niederlanden zu Beginn des Jahres 1953 wurde der erste internationale Hilfseinsatz des Technischen Hilfswerks initiiert. Dieser Schritt trug auch zur Wiedereingliederung Deutschlands in die europäische Völkergemeinschaft bei. (Bild: THW Bonn)
Aufgrund der verheerenden Flutkatastrophe in den Niederlanden zu Beginn des Jahres 1953 wurde der erste internationale Hilfseinsatz des Technischen Hilfswerks initiiert. Dieser Schritt trug auch zur Wiedereingliederung Deutschlands in die europäische Völkergemeinschaft bei. (Bild: THW Bonn)

Zwischen Kriegsparteien und Spezialeinheiten

Direkt im Anschluss folgt "Nazis, made in Austria" (2022, 21.45 Uhr), der erste Teil der Dokumentarreihe "Geschehen, neu gesehen - Wahre Geschichte". 85 Jahre ist es her, dass in Wien über 100.000 Menschen dem gebürtigen Österreicher Hitler zujubelten: Mitte April 1939 hatte eine ebenso unfreiwillige wie manipulierte Volksabstimmung entgegen allen demokratischen Grundsätzen den sogenannten "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich herbeigeführt. Die Stadt war einer Propagandaoffensive ausgesetzt. Die Dokumentation rekapituliert, warum sich Österreich in den Nachkriegsjahren vor allem als Opfer des antisemitischen Diktators sah. Es wurde vermieden, über die Beteiligung der österreichischen Bevölkerung am Vernichtungsapparat der Nazis zu sprechen. Regisseurin Barbara Necek zeigt auf, inwiefern die österreichische Schwesterpartei der NSDAP Vorreiterin bei der Verfolgung von Juden bis hin zu den allerersten Deportationen war.

Die Reihe schließt mit einer knapp einstündigen Sendung rund um die britische Spezialeinheit Special Operations Executive (SOE). Cécile Coolens Film "Résistance. Im Dienste seiner Majestät" (2021, 22.40 Uhr) ermittelt Winston Churchills Plan, alle besiegten Völker zu sammeln, um gemeinsam Widerstand gegen Hitler und seine Armee zu leisten. Sommer 1940 - eine schicksalsträchtige Zeit begann mit der Rekrutierung und Ausbildung spezieller Agenten aus verschiedenen Lagern. Von der Aristokratie über die nach London geflohenen Europäer bis hin zur Unterwelt war alles dabei. Churchill entsandte seine Spezialeinheit "SOE" mit Fallschirmen auf den Kontinent, um die vermeintlich entscheidende Wendung herbeizuführen.

Alle drei Dokumentationen sind auch online in der ARTE-Mediathek verfügbar.

Als persönlicher Mitarbeiter von Jean Monnet hat Georges Berthoin die Anfänge der Europäischen Gemeinschaft aus nächster Nähe miterlebt. Als letztes noch lebendes Mitglied des Gründerkreises der EU hat er eine einzigartige Perspektive auf die Entstehungsgeschichte der Gemeinschaft. (Bild: Tag/Traum Filmproduktion)
Als persönlicher Mitarbeiter von Jean Monnet hat Georges Berthoin die Anfänge der Europäischen Gemeinschaft aus nächster Nähe miterlebt. Als letztes noch lebendes Mitglied des Gründerkreises der EU hat er eine einzigartige Perspektive auf die Entstehungsgeschichte der Gemeinschaft. (Bild: Tag/Traum Filmproduktion)