Traditionsbetrieb: Werkstatt für Blinde in Steglitz schließt nach 130 Jahren

Die Blindenwerkstatt in Steglitz muss nach 130 Jahren schließen, Im Laden: Korbmacherin Silvia Fröschner, Andreas Zitzen (schwarzer Pullover, am Stuhl) Andreas Müller (gelber Pullover, am Stuhl)

Fünf Korbmacher, zwei Seiler und ein Bürsteneinzieher hatten am 1. April 1887 ihren ersten Arbeitstag in der Blindenwerkstatt an der Rothenburgstraße in Steglitz. Heute sitzen 13 Blinde und Sehbehinderte in den Werkstatträumen und ziehen Borsten durch die Löcher, reparieren durchgesessene Stühle und flechten Weidenkörbe. Wie vor 130 Jahren, mit einem Unterschied: Für die 13 Mitarbeiter kommt schon bald der letzte Arbeitstag. Die traditionsreiche Werkstatt wird geschlossen. Das hat der Vorstand des Blindenhilfswerks, das die Werkstatt betreibt, beschlossen.

Die Entscheidung ist umstritten. Die Geschäftsführerin des Vereins, der sich aus Zinserträgen, Spenden und Zuwendungen finanziert, begründet die Schließung mit einem stetig wachsenden Verlustgeschäft. "Die Erlöse aus dem Verkauf der hergestellten Produkte decken seit vielen Jahren nicht mehr die Kosten der Herstellung der Produkte", sagt Andrea Pahl. Früher hätten die Bezirksämter in großem Umfang bestellt, aber dieser Absatz sei weggebrochen, seit der öffentliche Dienst den preiswertesten Anbieter auswählen muss.

Kritiker sehen einen Fehler in der Werkstattschließung, die Mitte 2018 erfolgen soll

Kostendeckend gearbeitet hat die Werkstatt noch nie. "Seit Jahrzehnten werden die Defizite aber immer größer", sagt Reinhard Schulz-Ewert, Vorstandsvorsitzender des Blindenhilfswerks. Die Blindenwerkstatt ist – anders als eine Behindertenwerkstatt – ein Betrieb auf dem ersten Arbeitsmarkt, dementsprechend werden die Mitarbeiter bezah...

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