Wie Trump die Prozesse gegen ihn im Wahljahr sabotiert
Washington (dpa) - Donald Trump mitten im Wahlkampf - und gleichzeitig unentwegt im Gerichtssaal im Verteidigungsmodus. So hatten sich Gegner des Republikaners das Jahr 2024 vorgestellt. Doch der ehemalige US-Präsident, der mitten im Wahljahr in gleich vier Strafverfahren angeklagt ist, ist ein Meister der Verzögerung und Blockade. Bei mehreren Prozessen gegen ihn steht inzwischen auf der Kippe, wann und ob sie überhaupt beginnen können. Mit juristischen Winkelzügen hat es der 77-Jährige geschafft, den Terminkalender der Gerichte komplett durcheinanderzuwirbeln.
Sein größter Erfolg dürfte sein, dass der bedeutsame Wahlbetrugs-Prozess gegen ihn in Washington mittlerweile auf der Kippe steht. Denn zunächst wird nun erst einmal der Supreme Court entscheiden, ob Trump nicht möglicherweise immun gegen Strafverfolgung in dem Fall ist. Für Trump ein hochwillkommener Aufschub.
Auch im Strafverfahren rund um die Mitnahme geheimer Regierungsdokumente in Florida deutet sich eine Verzögerung des Prozessauftakts um mehrere Monate an. Und das Verfahren wegen versuchten Wahlbetrugs im Bundesstaat Georgia wackelt gleich als Ganzes. Zu beiden Verfahren waren für Freitag Anhörungen angesetzt, die für den weiteren Fortgang bedeutsam sein könnten. Zu dem Termin hinter verschlossenen Türen in Florida erschien der Republikaner persönlich.
Bisher haben die juristischen Probleme Trump, der bei der Präsidentenwahl im November erneut für die Republikaner antreten will, nicht geschadet. Umfragen zufolge hat er trotz der Anklagen weiter die Unterstützung seiner Anhänger. Trump beteuert in allen vier Strafverfahren seine Unschuld und stellt die Ermittlungen gegen ihn als politisch motivierte Hexenjagd dar - als Versuch des demokratischen Amtsinhabers Joe Biden, ihn kaltzustellen. Das verfängt. Und selbst die Zivilverfahren, bei denen Trump zuletzt zu empfindlichen Schadenersatzzahlungen verurteilt wurde, weiß er für sich auszuschlachten und nutzt sie zum Sammeln von Wahlkampfspenden.
Wie steht es um die vier Strafverfahren?
Trump ist in Washington im Zusammenhang mit versuchtem Wahlbetrug und dem Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 auf Bundesebene angeklagt. Es handelt sich um die schwerwiegendsten Vorwürfe gegen den 77-Jährigen. Im Falle einer Verurteilung droht ihm eine jahrzehntelange Haftstrafe. Trump hatte bei der Präsidentenwahl 2020 gegen Biden verloren - seine Niederlage gestand er aber nie ein. Er und sein Umfeld versuchten damals auf diversen Wegen, das Wahlergebnis nachträglich zu kippen. Der Prozessbeginn in dem Fall war ursprünglich für den kommenden Montag geplant. Doch der Termin ist längst Geschichte - inzwischen ist vielmehr fraglich, ob es überhaupt noch vor der Präsidentenwahl Anfang November losgehen kann.
Denn Trump und seine Anwälte berufen sich auf seine Immunität im damaligen Amt als Präsident. Sie argumentieren, dass Trump nicht rechtlich für Taten belangt werden könne, die zu seinen Pflichten als Präsident gehörten. Sowohl die zuständige Richterin als auch ein Berufungsgericht sahen das anders und wiesen Trumps Antrag zurück. Der wandte sich an das Oberste Gericht der USA - mit einem ersten Erfolg. Der Supreme Court nahm die Berufung an und hat eine Anhörung für Ende April angesetzt. Dann dürfte es mehrere Wochen dauern, bis ein Urteil fällt. Sollte das Gericht Trump recht geben, dürfte dies das Aus für das Verfahren bedeuten. Und selbst wenn der Supreme Court gegen Trump entscheidet, könnten noch mal mehrere Monate bis zum Prozessbeginn vergehen. Fraglich ist dann, ob ein Verfahren derart nah am Wahltermin zugelassen würde.
Das Verfahren in Atlanta zu versuchtem Wahlbetrug
Auch im Bundesstaat Georgia muss sich Trump wegen seiner Einflussversuche bei der Wahl 2020 vor Gericht verantworten - gemeinsam mit mehreren Mitangeklagten. Anders als bei den Prozessen auf Bundesebene könnte sich Trump im Fall eines Schuldspruches nicht selbst begnadigen, sollte er noch einmal Präsident werden. Ihm droht eine lange Haftstrafe. Die zuständige Staatsanwältin Fani Willis hat einen Prozessbeginn im August vorgeschlagen, noch ist aber kein Termin festgesetzt.
Momentan steht bei dem Verfahren nicht mehr Trump im Mittelpunkt, sondern Staatsanwältin Willis selbst. Die Anwälte Trumps und weiterer Beschuldigter werfen ihr vor, von einer romantischen Beziehung zu einem anderen Staatsanwalt in dem Fall unrechtmäßig finanziell profitiert zu haben. Der Vorwurf lautet unter anderem, der Staatsanwalt sei in seiner Position überbezahlt worden und habe Willis zu gemeinsamen Luxusurlauben eingeladen. Bei einer stundenlangen Anhörung im Februar verteidigte sich Willis. Nicht nur für sie steht viel auf dem Spiel. Der zuständige Richter muss entscheiden, ob er sie von dem Fall abzieht. Damit könnte die ganze Anklage gegen Trump zusammenbrechen.
Das Verfahren in Miami zur Dokumenten-Affäre
Trump wird in diesem Verfahren auf Bundesebene beschuldigt, gesetzeswidrig höchst sensible Informationen aus seiner Amtszeit als Präsident in privaten Räumen aufbewahrt zu haben. Laut Anklageschrift handelt es sich unter anderem um geheime Dokumente mit Informationen zu nuklearen Fähigkeiten der USA und militärischen Notfallplänen des Landes. Die Bundespolizei FBI hatte im August 2022 sein Privatanwesen Mar-a-Lago in Florida durchsucht und dort diverse Verschlusssachen beschlagnahmt. Vorgeworfen wird ihm auch eine Verschwörung zur Behinderung der Ermittlungen: Unter anderem soll er versucht haben, mithilfe von Mitarbeitern Material aus Überwachungskameras verschwinden zu lassen.
Der Prozess sollte eigentlich am 20. Mai starten. Doch die zuständige Richterin deutete bereits vor Monaten eine mögliche Änderung des Zeitplans an. Kurz vor einer Anhörung zu genau dieser Frage am Freitag machten beide Seiten neue Vorschläge: Die Staatsanwaltschaft plädierte für einen Start am 8. Juli, Trumps Verteidiger für einen Termin frühestens am 12. August, möglichst aber erst nach der Präsidentenwahl. Trumps Anwälte versuchen auch in diesem Fall, das Verfahren noch abzuwenden. Unter anderem berufen sie sich wie auch im Wahlbetrugsverfahren in Washington auf dessen Immunität als Präsident. Sie argumentieren, die Aufbewahrung der Dokumente als persönliche Unterlagen sei eine Amtshandlung noch während seiner Präsidentschaft gewesen.
Das Verfahren in New York zum Schweigegeld
Der Fall in New York dreht sich um eine Angelegenheit, die etwas länger zurückliegt: konkret um die Zahlung von Schweigegeld an eine Pornodarstellerin kurz vor Trumps Wahl zum Präsidenten. Die Staatsanwaltschaft legt Trump Fälschung von Geschäftsunterlagen zur Last. Er habe damit schädliche Informationen und rechtswidrige Aktivitäten vor und nach der Präsidentenwahl 2016 verbergen wollen, um seine Chancen auf einen Wahlsieg zu verbessern.
Hintergrund ist, dass Trump kurz vor seiner Wahl 130.000 Dollar Schweigegeld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels hatte zahlen lassen. Sie hatte behauptet, sie habe Sex mit ihm gehabt. Trump bestreitet eine Affäre, nicht aber, dass Geld geflossen ist. Schweigevereinbarungen zwischen zwei Parteien sind an sich nicht illegal. Trump wird aber vorgeworfen, er habe die Zahlungen unrechtmäßig verbucht, auf illegale Weise zu verschleiern versucht und damit andere Gesetzesverstöße vertuschen wollen. Der Prozessauftakt ist für den 25. März angesetzt. Es ist momentan das einzige Gerichtsverfahren gegen Trump, dem nichts im Wege steht - allerdings ist es auch jenes, das Trump politisch am wenigsten gefährlich werden dürfte.