Tuchel schwärmt: Wie Kinder im Bernabeu
Ein letztes Heißmachen vor dem großen Tanz? Eine verbale Motivationsspritze für den Kracher beim schwerstmöglichen Gegner? Mitnichten! Als Thomas Tuchel am Dienstagabend auf dem Rasen des Estadio Santiago Bernabeu seine Mannschaft auf den Champions-League-Hit bei Real Madrid einschwor, appellierte er an die kleinen Fans in seinen gestandenen Fußballern.
"Es ist wichtig, sich mit dem eigenen inneren Kind zu verbinden und sich zu verdeutlichen, dass wir diese Spiele nachgespielt haben im Garten", sagte Tuchel über seine mehrere Minuten lange Ansprache vor dem Halbfinal-Rückspiel in der Champions League am Mittwoch (21.00 Uhr/DAZN) bei den Königlichen.
Seine Stars sollten dieses große Spiel auch "genießen", betonte er, "dankbar sein und stolz darauf". All das aber, auch das erzählte er Kapitän Manuel Neuer und Co., "soll uns nicht davon abhalten, den letzten Schritt nach Wembley zu gehen" - ins Finale am 1. Juni in London.
"Es ging darum, dass jeder Spieler mal Träume hatte", bestätigte Neuer. Träume von Real und dem Bernabeu, aber auch vom Finale oder dem Henkelpott, dem "größten Traum jedes Vereinsfußballers. Dessen sollen wir uns bewusst sein, das war das Credo - nochmal in die Kindheit zurückzugehen." Und dann den letzten großen Schritt zu machen.
Vorher aber, gab Tuchel zu bedenken, wartet der Mythos Madrid. Hier und da, gab er zu, müsse er sich selbst kneifen. Dass ihn Real-Legende Emilio Butragueno erkannt und begrüßt hatte, nannte er "ein bisschen paradox. Ich kann mich noch erinnern, wie ich die Bücher der Welt- und Europameisterschaften durchgeblättert habe, da war immer Emilio Butragueno drin. Und wenn du mal aufbleiben durftest am Dienstag oder Mittwoch, war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Real Madrid auflief."
Diesmal ist Tuchel live dabei. Bei "einem der allergrößten Klubs der Welt". Seine Bayern aber, betonte er, "sind auch ein sehr großer, traditionsreicher und dominanter Klub in Europa. Deshalb ist das Spiel so groß. Es ist Geschenk und Verpflichtung. Wir spielen für Wembley - und nichts anderes!"
Muss er den Henkelpott wie 2021 mit Chelsea gewinnen, um seine Zeit in München als positiv zu betrachten? "Wenn Sie als Trainer den Gewinn der Champions League brauchen, um sich als erfolgreich zu bewerten, haben Sie eine hohe Wahrscheinlichkeit, unglücklich zu werden", sagte Tuchel schmunzelnd. "Es war in Liga und Pokal ungenügend, aber wir sind hier noch vertreten ..."