TV-Kolumne „Markus Lanz“ - Dieser EM-Talk war würdelos – für Lanz und unser Land

Die Talkrunde von Markus Lanz am Dienstagabend<span class="copyright">ZDF / Markus Hertrich</span>
Die Talkrunde von Markus Lanz am DienstagabendZDF / Markus Hertrich

Markus Lanz lässt auch fünf Tage nach dem Viertelfinale über den nicht gegebenen Handelfer gegen Spanier diskutieren. Das ist larmoyant und unwürdig. Irgendwann muss mal Schluss sein.

Jamal Musiala schießt auf das spanische Tor. Der Ball schlägt am seitlich ausgestreckten Arm des Spaniers Marc Cucurella ein. Der Arm pendelt nach hinten. Cucurella steht im Strafraum und schaut etwas ängstlich. Die Deutschen um Musiala fordern Elfmeter. Schiedsrichter Anthony Taylor winkt ab. Kein Strafstoß. Immer und immer wieder läuft die Szene bei Markus Lanz .

Im Studio sitzen der SPD-Politiker Ralf Stegner, der mal selbst Schiedsrichter war und bis hinauf in die Verbandsliga gepfiffen hat, Journalist Reinhold Beckmann, der eine Doku über Schiedsrichter gedreht hat, und Ex-FIFA-Schiedsrichter Knut Kircher, der beim DFB für die Schiedsrichter zuständig ist.

Cucurella, der Schuldige

Cucurella ist mit den Spaniern ein paar Minuten vor dem Start der Talkshow von Markus Lanz nach einem ziemlich souveränen 2:1-Sieg über die Franzosen ins EM-Finale von Berlin eingezogen. Bei jedem Ballkontakt wurde der Spanier mit den langen Haaren dabei von offenbar deutschen Fans in der Münchner Arena ausgepfiffen.

Die Deutschen haben ihm offenbar nicht verziehen, dass er den Ball an die Hand bekam. Sie sehen in ihm auch fünf Tage nach dem Viertelfinale der Spanier gegen die Deutschen den Schuldigen. Das ist natürlich Quatsch.

Fünf Tage Wundenlecken

Ein EM-2024-Gastgeber, der derart nachtragend ist, ist kein guter Gastgeber. Irritierend ist aber auch der Gastgeber des Talkabends. Muss es wirklich sein, dass Markus Lanz sich Gäste ins Studio einlädt, um am Tag des ersten Halbfinales die Wunden des verlorenen deutschen Viertelfinales zu lecken?

Ist der Schmerz der deutschen Fußballseele so intensiv, dass wir uns fast eine Woche später noch rückversichern müssen, dass die Deutschen statt der Spanier das Halbfinale, ja eigentlich den EM-Pokal, verdient gehabt hätten. Ein Gastgeber, der sich mehr mit sich selbst befasst als mit seinen Gästen, ist zweitklassig.

Uneindeutiges Handspiel

Knut Kircher, der allein 250 Bundesligaspiele gepfiffen hat, saß während des Viertelfinales auf der Stadiontribüne „nur 50 Meter von der Szene entfernt“. Er sagt: „Es war ein Handspiel. Aber nicht ganz eindeutig.“ Er sagt auch, dass der Schiedsrichter sich jederzeit die Bilder hätte auf dem Bildschirm einspielen lassen können.

Andererseits sei aus dem Technikraum offenbar kein Hinweis gekommen, dass es Bilder der Szene gegeben habe, die eine falsche Entscheidung des Schiedsrichters belegt hätten. Hätte, hätte, Abwehrkette.

Fruchtlosigkeit des Referees

„Wenn der Schiedsrichter nicht bemerkt wird, ist es am besten“, erinnert SPD-Mann Stegner an eine alte Schiri-Weisheit und fügt an, dass er als Schiedsrichter jene „Furchtlosigkeit gelernt habe, die ich als Politiker brauche“. Zumindest Furchtlosigkeit hat der englische Referee Taylor ganz sicher bewiesen.

Nicht jeder verweigert dem Gastgeber einen Elfer! Schließlich endet Stegner mit dem Satz: „Wenn beide unzufrieden sind, hat man es als Schiedsrichter richtig gemacht.“ Hier muss Taylor gewiss noch etwas nacharbeiten, denn die Spanier waren mit dem nicht gegeben Elfmeter überaus zufrieden.

Spuck-Attacke gegen Rudi Völler

Vielleicht sind es im Fußball aber auch die kleinen Ungerechtigkeiten, die diesen Sport zum ewigen Thema in aller Munde machen. Auch Jahrzehnte später erinnern sich die Fans weltweit beispielsweise an Maradonas Hand Gottes, das berüchtigte Wembley-Tor oder die ungerechte rote Karte gegen Rudi Völler nach einer gegen ihn gerichteten Spuck-Attacke.

Solche Geschichten kennt nur der Fußball. Das macht ihn schmerzhaft und schön zugleich. Jetzt aber muss endlich Schluss sein, mit den Pfiffen gegen Cucurella und den Tränen über einen nicht gegebenen Elfmeter. Besser gute Gastgeber als schlechte Verlierer.

Die EM 2024 ist im Endspurt, am Dienstagabend besiegte Spanien Frankreich und steht im EM-Finale. Abseits des Platzes gab es bereits ebenfalls Highlights: Unsere Bildergalerie zeigt, was abseits des Fußballfeldes für Aufsehen sorgt: Neuer, Wurzenberger und Co.: Die Spielerfrauen der EM 2024.