Übertrieben oder überfällig? Restaurant stellt Benimm-Regeln für Kinder auf
Schluss mit überfluteten Toiletten und beschmierten Wänden
"Es ist sehr schade, dass nicht einmal 1 Jahr nach Abschluss der Renovierungsarbeiten bereits Wände beschmiert, Toiletten beschädigt und Polster angemalt wurden." So heißt es in einem Facebook-Post, der Mitte Februar vom Restaurant Nudelholz aus Lebach im Saarland veröffentlicht wurde.
Wer diesen Satz liest, fragt sich vielleicht: Was ist hier nur vorgefallen? Die richtige Frage aber lautet: Wer ist hier eingefallen? Die (überspitzte, aber kurze) Antwort lautet: Familien mit Kindern.
Laut den Besitzer*innen des Restaurants häufen sich die Vorfälle. So würde die Inneneinrichtung immer häufiger durch die Kleinen in Mitleidenschaft gezogen. Zudem heißt es in dem Post: "Leider häufen sich in letzter Zeit Vorfälle in denen sich andere Kunden durch umherlaufende, oftmals schreiende Kinder so gestört fühlen, dass wir eingreifen müssen." Darauf reagierten betroffene Eltern oft "ohne Verständnis".
Deshalb hat das Restaurant nun "Spielregeln" (klingt immerhin schöner als Benimm-Regeln) aufgestellt, die in erster Linie natürlich an Kinder und deren Eltern gerichtet sind.
Restaurant will keine Altersbeschränkung einführen
Ganz klar ist: Manche Menschen haben eine extrem kurze Zündschnur, was den Umgang mit lauten Kindern angeht (oder mit Kindern generell). Zwar ist es vielerorts ein ungeschriebenes Gesetz, Kinder einfach Kinder sein zu lassen (deren tendenziell eher lauteren Organe inbegriffen).
Das Problem ist nur: Besucht man selbst ein Restaurant und möchte einfach nur in Ruhe... sagen wir mal... Nudeln genießen, kann das Gezeter am Nebentisch sicherlich auch als störend empfunden werden. Völlig unnötig wäre es allerdings, die Eltern und Kinder des Restaurants zu verweisen.
Schließlich haben sie das gleiche Recht dort zu essen, wie alle anderen auch. Dennoch sollte es durchaus möglich sein, Eltern auf herumlaufende Kinder oder Kinder, die Wände bemalen, aufmerksam zu machen, ohne sofort als "kinderfeindlich" abgestempelt zu werden. Oder?
Genau das hat sich das Restaurant Nudelholz wohl auch gedacht. Da das Feedback an die Eltern augenscheinlich nicht immer positiv aufgenommen wurde, hat das Lokal nun ganz offiziell Benimm-, äh, "Spielregeln" aufgestellt.
Regel Nummer 1: Kinder bleiben nach Möglichkeit am Tisch.
Die Begründung der Nudelholz-Betreiber*innen: "Unbeaufsichtigtes Herumlaufen birgt Verletzungsrisiken und stört andere Gäste". Christian Reinert, Juniorchef des Restaurants gibt zu diesem Punkt in einem Gespräch mit dem Saarländischen Rundfunk außerdem zu bedenken: "Unsere Nudelgerichte kommen mit 300 Grad aus dem heißen Ofen und die Kollegen sind teilweise echt schwer beladen. Wenn dann die Kinder in den Weg rennen, hat man auch Angst, dass es eventuell Verletzungen gibt."
Regel Nummer 2: Toilettengänge bitte immer in Begleitung eines Erwachsenen.
Also das gilt für die Kinder. Logisch. Da die Toiletten schon überflutet vorgefunden wurden und Wasserhähne über Stunden gelaufen sind, scheint diese Regelung für die laufenden Wasserkosten des Restaurants absolut Sinn zu ergeben.
Regel Nummer 3: Bitte sorgt dafür, dass eine für alle Beteiligten erträgliche Lautstärke herrscht.
Das gilt für alle, aber natürlich besonders für Eltern mit Kindern. Auch wenn sich hier natürlich die Frage stellt: Was genau bedeutet "erträglich"?
Regel Nummer 4: Ihr dürft gerne Spielzeug und Beschäftigungsmaterial für eure Kinder mitbringen aber bitte achtet darauf, dass kein Spielzeug neben den Tischen oder im Durchgang liegt.
An dieser Stelle kann sich jeder gerne als Begründung noch einmal die Nummer mit den 300 Grad heißen Nudeln durch den Kopf gehen lassen...
Grundsätzlich gelte: "Gibt es ein Problem sprecht uns bitte einfach an."
Was die Betreiber laut Posting unbedingt vermeiden möchten: eine Altersbeschränkung. Laut des Junior-Chefs greifen andere Restaurants bereits zu dieser Maßnahme - das Nudelholz will stattdessen aber mit den Menschen in den Dialog treten.
Faceboook-Nutzer*innen überwiegend auf der Seite des Restaurants
Die Kommentare unter dem Facebook-Post sind überwiegend positiv gegenüber den Regeln gestimmt. Viele reagieren empört - allerdings gilt diese Empörung nicht den Regeln, sondern den Eltern: "Absolut legitim, es ist ein Restaurant, kein Kinderspielplatz."
Auch einige Eltern melden sich zu Wort und können das Verhalten der genannten Kinder nicht nachvollziehen: "Genau richtig! Ich bin selber Mutter von 2 Kindern und kann 0 nachvollziehen, wie sich manche benehmen! So oft hab ich andere Eltern angesprochen und bekam nur einen bösen Blick. Wenn man selber essen geht und setzt sich an den Tisch, guckt der Nachbartisch ganz verstört und tuschelt. Wir drücken die Daumen, dass ihr erfolgreich seid."
Aber natürlich stößt dieser Facebook-Beitrag nicht nur auf Verständnis. So fordern einige auch Benimm-Regeln für Erwachsene, die durchaus auch als störend wahrgenommen werden könnten: "Sind dann Familien mit Babys ( Babys schreien halt mal) nicht mehr gern gesehen? Und gibt es denn auch Regeln für Erwachsene?? Denn da gibt es leider auch mehr als genug, die sich nicht benehmen können und vor allem: Werden die auch auf die Toilette begleitet? Weil die Toiletten leider auch oft von Erwachsenen verwüstet werden."
Auf diesen Kommentar hat auch das Restaurant Nudelholz reagiert und explizit betont, dass es auch weiterhin gerne Kinder und natürlich auch Babys bei sich begrüßen möchte. Um das zu verdeutlichen, hat das Restaurant auch das Angebot vor Ort unter anderem mit Wickeltischen für den Toilettenraum erweitert.
Die Zauberwörter in der ganzen Diskussion werden von einem Kommentator genannt: "Rücksicht nehmen". Würden das alle tun, müsste man sicherlich auch keine ellenlange Liste an Benimm-Regeln aufstellen.
Und das gilt natürlich für Eltern, Kinder aber auch für alle ohne Kinder, die einfach nur Nudeln mampfen wollen. Man darf gespannt sein, ob sich die Gäste künftig an die Regeln halten oder das Restaurant mit weiteren "künstlerischen Arbeiten" an den Wänden rechnen muss.