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Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Dieser Ticker ist für heute beendet.

  • Lawrow: Nato hat Krieg durch ihr Vormachtsstreben nötig gemacht

  • "Vergeltungsschläge" in der Ukraine nach Drohnenangriff auf den Kreml

  • Druck auf Kreml wirkt: Wagner-Söldner in Bachmut werden aufgerüstet

  • London: Wagner hat mit Truppen-Abzug aus Bachmut begonnen

  • Kiew bittet Berlin um Marschflugkörper

  • Scholz sichert weitere Unterstützung zu

  • Bemühungen um Friedensgespräche

Die aktuelle News-Lage:

+++ Lawrow: Nato hat Krieg durch ihr Vormachtsstreben nötig gemacht +++

Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat dem Westen hegemoniale Pläne vorgeworfen und den Einmarsch seines Landes in die Ukraine verteidigt.

Die "Ukraine-Frage" könnte nicht losgelöst von der geopolitischen Entwicklung betrachtet werden, bei der die Nato die Sicherheit Russlands in der Region über Jahre bedroht hatte, sagte Lawrow bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates in New York am Montag.

"Es geht darum, wie die internationalen Beziehungen künftig gestaltet werden: Indem ein solider Konsens auf der Grundlage von Interessenabwägungen hergestellt wird, oder indem die Vormachtstellung Washingtons aggressiv und sprunghaft vorangetrieben wird."

Das umstrittene Treffen des mächtigsten UN-Gremiums war von Russland angesichts seiner Präsidentschaft im Rat anberaumt worden. Im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine wurde die Sitzung mit dem Titel "Wirksamer Multilateralismus durch die Verteidigung der Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen" von vielen Ländern als Provokation gesehen. Moskau wiederum beschwerte sich darüber, dass die USA russischen Journalisten keine Visa für die Begleitung Lawrows ausstellte.

+++ "Vergeltungsschläge" in der Ukraine nach Drohnenangriff auf den Kreml +++

In mehreren Regionen der Ukraine hat es in der Nacht russische Drohnenangriffen gegeben, darunter auch auf Kiew. Per Messenger-Dienst Telegram forderte das örtliche Militär die Menschen auf, Ruhe zu bewahren und sich in sichere Räume zu begeben.

Nachdem Aufnahmen von Drohnenangriffen auf den Kreml aufgetaucht waren, war im Westen eine Reaktion Russlands erwartet worden. Moskau behauptet, die Ukraine habe mit dem Angriff den russischen Präsidenten Wladimir Putin töten wollen. Um Deeskalation bemüht, sagte die Sprecherin der US-Regierung, man habe keine Informationen darüber, wer für den Angriff verantwortlich sei.

"Die USA ermutigen oder ermöglichen es der Ukraine ganz sicher nicht, jenseits ihrer Grenzen zuzuschlagen", Karine Jean-Pierre. "Das haben wir von hier aus sehr deutlich gemacht. Aber wie gesagt, ich möchte mich hier nicht auf Spekulationen über die Echtheit dieses Berichts einlassen."

Der ukrainische Staatschef, zu einem Überraschungsbesuch in Finnland, warf Russland vor, den Drohnenangriff inszeniert zu haben. "Wir greifen nicht Putin oder Moskau an. Wir kämpfen auf unserem eigenen Territorium."

Der ukrainische Staatschef wirft Russland vor, den Drohnenangriff inszeniert zu haben. (Bild: Reuters)
Der ukrainische Staatschef wirft Russland vor, den Drohnenangriff inszeniert zu haben. (Bild: Reuters)

Auch der deutsche Russland-Experte Stefan Meister vermutet hinter der russischen Darstellung des angeblichen Anschlags auf Putin eine Desinformations-Kampagne. "Die Ukraine soll des Staatsterrorismus bezichtigt werden", sagte Meister den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

"Möglicherweise sollen mit diesem Vorwand eine größere Offensive auf Kiew, noch brutalere Angriffe auf die ukrainische Zivilbevölkerung oder gar ein Versuch der Tötung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gerechtfertigt werden."

Der Drohnen-Zwischenfall hat die Spannungen jedoch noch weiter verschärft und zu einer neuen Welle von Raketenangriffen - auch im Süden der Ukraine - durchgeführt.

+++ Druck auf Kreml wirkt: Wagner-Söldner in Bachmut werden aufgerüstet +++

Wende an der ukrainischen Ostfront: Der Chef der russischen Wagner-Söldner, Jewgeni Prigoschin, hat in einer Audiobotschaft über den Telegramkanal seiner Pressestelle bekanntgegeben, dass seine Kämpfer nun doch die von ihm angemahnte Verstärkung erhalten.

Das russische Verteidigungsministerium habe seinem Gesuch nach mehr Munition und Waffen für die Fortsetzung des Kampfes um Bachmut stattgegeben. Außerdem sei Prigoschin Flankenschutz zugesichert worden, damit seine Einheiten nicht Gefahr liefen, eingekesselt zu werden.

Prigoschin hatte mehrfach das russische Verteidigungsministerium für die vielen Toten unter den Söldnern im Kampf um die zerstörte Stadt verantwortlich gemacht. Die russische Nachrichtenagentur Tass berichtete an diesem Sonntag, dass der Befehlshaber der russischen Luftwaffe, Sergei Surovikin, in Abstimmung mit dem russischen Verteidigungsministerium über Art und umfang der Lieferungen an die Wagner-Söldner entscheiden werde.

+++ London: Wagner hat mit Truppen-Abzug aus Bachmut begonnen +++

Die russische Privatarmee Wagner hat laut britischen Geheimdienstexperten wahrscheinlich begonnen, Truppen von einigen ihrer Stellungen in der ukrainischen Stadt Bachmut abzuziehen. Das teilte das Verteidigungsministerium in London in seinem täglichen Geheimdienst-Update am Samstag mit. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin hatte den Abzug am Donnerstag angekündigt und erklärt, die Stadt solle bis zum 1. Juni komplett den regulären russischen Streitkräften zur Kontrolle überlassen werden. Die ukrainische Seite hatte einen Truppenaustausch des Feindes um Bachmut bestätigt.

Nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums sind Truppen der selbst ernannten Volksrepublik Donezk am Mittwoch wahrscheinlich in die Stadt eingedrungen, um mit Räumungsarbeiten zu beginnen.

Teile der 31. Brigade der russischen Luftlandetruppen seien wahrscheinlich von der Linie Swatowe-Kreminna abgezogen worden, um Bachmuts Flanken zu verstärken, hieß es.

+++ Kiew bittet Berlin um Marschflugkörper +++

Im Abwehrkampf gegen Russland hat die Ukraine die Bundesregierung um die Lieferung von Marschflugkörpern vom Typ Taurus gebeten. Eine entsprechende Anfrage aus Kiew sei in den vergangenen Tagen eingegangen, sagte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums am Freitagabend in Berlin. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kündigte an, bei seinen westlichen Partnern weiter um Unterstützung werben zu wollen.

Wolodymyr Selenskyj (Bild: Michael Kappeler/dpa)
Wolodymyr Selenskyj (Bild: Michael Kappeler/dpa)

«Wir werden alles Mögliche und Unmögliche tun, um die Lieferung weiterer Luftverteidigungssysteme höherer Qualität an die Ukraine zu beschleunigen», sagte das Staatsoberhaupt in seiner abendlichen Videoansprache. Das sei «im wahrsten Sinne des Wortes eine tägliche Angelegenheit in der Zusammenarbeit mit Partnern». Bei der Modernisierung der Verteidigung komme sein Land schneller voran, als noch vor sechs Monaten absehbar gewesen sei.

+++ Joschka Fischer: Europas Sicherheit dauerhaft durch Russland bedroht +++

Der frühere Bundesaußenminister Joschka Fischer sieht Europas Sicherheit dauerhaft durch Russland bedroht - auch wenn im Ukraine-Krieg eines Tages ein Waffenstillstand erreicht wird. «Wenn man über das Ende dieses Krieges nachdenkt, dann muss man realistisch denken», sagte der Grünen-Politiker dem «Tagesspiegel» (Samstag). «Es wird ein schmerzhafter Waffenstillstand werden, der beide Seiten nicht zufriedenstellt. Und der für Europa eine dauerhafte Sicherheitsbedrohung bedeutet.»

Ein Waffenstillstand werde «territoriale Kompromisse» erfordern, die für beide Seiten alles andere als einfach seien, führte Fischer aus. «Wenn am Ende für (Russlands Präsident Wladimir) Putin eine Bestätigung in Richtung Krim und einige Korrekturen im Osten herauskämen und er das zu Hause als Erfolg präsentieren muss, wird das sicher nicht leicht. Umgekehrt werden die Ukrainer sich sehr schwertun, territoriale Kompromisse einzugehen.»

Die alte Formel, nach der es Sicherheit in Europa nur mit Russland gebe, gelte nicht mehr. Die Zukunft müsse von «Sicherheit vor Russland» geleitet sein - auch über Putin hinaus, wie Fischer deutlich machte. «Der Revisionismus eines Wladimir Putin mit der Wiederherstellung der "russischen Erde" durch die erneute Eingemeindung der früheren sowjetischen Territorien ist ja nicht seine private Überzeugung. Die wird von der Bevölkerung weit geteilt», sagte er.

+++ Hunderte deutsche Staatsbedienstete müssen aus Russland raus +++

Mehrere Hundert deutsche Staatsbedienstete wie Diplomaten, Lehrer und Mitarbeiter der Goethe-Institute müssen Russland verlassen. Nach einem Bericht der «Süddeutschen Zeitung» teilte das Auswärtige Amt auf Anfrage mit, im Zusammenhang mit der Reduzierung der Präsenz russischer Nachrichtendienste in Deutschland traf das russische Außenministerium im April die Entscheidung, für den Personalbestand der deutschen Auslandsvertretungen und Mittlerorganisationen in Russland ab Anfang Juni eine Obergrenze einzuführen. Aus dem Ministerium hieß es am Samstag dazu, diese Grenze erfordere «einen großen Einschnitt in allen Bereichen unserer Präsenz in Russland». Es sei eine «einseitige, nicht gerechtfertigte und nicht nachvollziehbare Entscheidung» Russlands.

Das Auswärtige Amt machte keine Angaben dazu, wie viele Mitarbeiter in Russland davon betroffen sind. Der «Süddeutschen Zeitung» zufolge ging es um eine niedrige bis mittlere dreistelligen Zahl Diplomaten, aber vor allem Kulturmittler, wie etwa Lehrerinnen und Lehrer der deutschen Schule in Moskau und in erheblicher Zahl Mitarbeiter der Goethe-Institute.

+++ Details zu möglicher Marschkörper-Lieferung unklar +++

Details der Anfrage aus Kiew an das Verteidigungsministerium in Berlin sind noch unklar. So etwa die Frage, um wie viele Einheiten der Marschflugkörper die Ukraine gebeten hat. Zuvor hatte die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» über die Taurus-Anfrage der Ukraine berichtet. Der CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter hatte sich vor wenigen Tagen für Lieferungen ausgesprochen und gesagt: Die Lenkwaffen mit bis zu 500 Kilometern Reichweite ermöglichten dem angegriffenen Land «Schläge gegen die militärische Infrastruktur der Russen weit hinter der Frontlinie».

+++ Scholz sichert weitere Unterstützung zu +++

Bundeskanzler Olaf Scholz sicherte bei einem Besuch in Estland der Ukraine in den baltischen Ländern weitere Hilfe zu - so lange wie nötig. «Um es hier nochmal klar zu sagen: Wir sind bereit, jeden Quadratzentimeter Nato-Territoriums gegen Angriffe zu verteidigen», sagte Scholz am Freitag nach einem Treffen mit seinen Kollegen Kaja Kallas (Estland), Krisjanis Karins (Lettland) und Ingrida Simonyte (Litauen) in Tallinn. «Und das meine ich genau so, wie ich es sage.»

Litauen richtet den anstehenden Nato-Gipfel im Juli aus. «Für Frieden in Europa brauchen wir die Ukraine in der EU und in der Nato», sagte Gastgeberin Kallas. Der ukrainische Präsident kündigte in seiner Videobotschaft an, sein Land werde jede Gelegenheit nutzen, um die Beziehungen zu dem westlichen Militärbündnis «mit echten politischen Inhalten zu füllen». Die Ukraine dringt auf eine Aufnahme in die Nato. Scholz dämpfte aber mit Blick auf das Treffen die Erwartung: Bei dem Gipfel werde es «vor allem darum gehen, die konkrete Unterstützung für die Ukraine in dieser Situation zu organisieren».

Russlands Vize-Außenminister Michail Galusin sagte der staatlichen Nachrichtenagentur Tass in der Nacht zum Samstag, eine der Bedingungen für einen Frieden sei, dass das Nachbarland nicht Mitglied der Nato und der EU werde.

+++ Kiew: Russland feuert wieder Raketen aufs Nachbarland ab +++

Russland setzte auch am Freitag seine Angriffe unvermindert fort. Der ukrainische Generalstab zählte bis zum Abend mindestens 18 Raketenangriffe auf bewohnte Gebiete rund um die Region Kiew und Dnipropetrowsk im Südosten des Landes. Außerdem habe Russland Raketen der eigentlich zur Luftabwehr bestimmten Systeme S-300 und S-400 eingesetzt, hieß es im Abendbericht der Armee. Das Militär registrierte zudem 60 Luftangriffe - dabei seien auch sogenannte Kamikaze-Drohnen vom iranischen Typ Shahed-136/131 verwendet worden.

+++ Bemühungen um Friedensgespräche +++

Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva bekräftigte nach eigenen Angaben bei einem Telefonat mit Kremlchef Wladimir Putin, dass sein Land ebenso wie Indien, Indonesien und China bereit zu einem Dialog mit beiden Konfliktparteien sei. Am Freitag hielt sich Chinas Sondergesandter Li Hui zu Gesprächen in Moskau auf. Parallel berichtete das «Wall Street Journal» unter Berufung auf einen nicht näher genannten Diplomaten, Li Hui solle Europa aufgefordert haben, Russland die im Osten der Ukraine besetzten Gebiete zu «überlassen».

Die Ukraine hat immer wieder klargemacht, das nicht zu akzeptieren. Selenskyjs Berater Mychajlo Podoljak warnte bei Twitter, ein solches Szenario käme einem Sieg Russlands gleich und wäre zugleich eine Niederlage der Demokratie. Moskau besteht vor möglichen Verhandlungen etwa darauf, dass die Ukraine auf die besetzten Gebiete verzichtet.

Der frühere Bundesaußenminister Joschka Fischer sagte dazu dem «Tagesspiegel»: «Es wird ein schmerzhafter Waffenstillstand werden, der beide Seiten nicht zufriedenstellt.» Und ergänzte: «Wenn am Ende für Putin eine Bestätigung in Richtung Krim und einige Korrekturen im Osten herauskämen und er das zu Hause als Erfolg präsentieren muss, wird das sicher nicht leicht. Umgekehrt werden die Ukrainer sich sehr schwertun, territoriale Kompromisse einzugehen.»