Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Dieser Ticker wird fortlaufend aktualisiert.

  • Russland beziffert ukrainische Verluste im April auf 15 000 Soldaten

  • Kreml: US-Zahlen zu russischen Verlusten «aus der Luft gegriffen»

  • Luftwaffe beendet Nato-Einsatz zur Luftraumüberwachung über Baltikum

  • Ukraine droht Enttäuschung bei Nato-Gipfel

  • Ukraine wirft Russland gezielte Angriffe auf Wohngebiete vor

  • Rüstungsfirmen legen Streit um «Leopard 2» bei

Die aktuelle Newslage im Livestream:

+++ Russland beziffert ukrainische Verluste im April auf 15 000 Soldaten +++

Das ukrainische Militär hat nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums im April hohe Verluste erlitten. «Allein im vergangenen Monat haben sie mehr als 15 000 Mann verloren», sagte Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Dienstag dem Telegram-Kanal der Behörde zufolge. Zudem sei es der russischen Armee im gleichen Zeitraum gelungen, 8 feindliche Flugzeuge, 277 Drohnen und 430 Panzer und gepanzerte Fahrzeuge sowie 225 Artilleriegeschütze abzuschießen. Unabhängig lassen sich die Aussagen nicht überprüfen. Zu eigenen Verlusten machte Schoigu keine Angaben.

Ukrainische Soldaten feuern eine Haubitze D-30 an der Frontlinie (Bild: Roman Chop/AP/dpa)
Ukrainische Soldaten feuern eine Haubitze D-30 an der Frontlinie (Bild: Roman Chop/AP/dpa)

In der Vergangenheit ist das russische Verteidigungsministerium immer wieder mit überhöhten Angaben zu feindlichen Verlusten aufgefallen. So hat Russland offiziellen Angaben nach bis Anfang Mai 413 feindliche Flugzeuge abgeschossen. Zu Beginn des Kriegs hatte die Ukraine Medien zufolge dabei gerade einmal 124 Kampf- und Trainingsflugzeuge sowie 63 Transportmaschinen. Aus dem Westen hat das Land seither nur vereinzelt Restbestände sowjetischer Flugtechnik erhalten.

+++ Kreml: US-Zahlen zu russischen Verlusten «aus der Luft gegriffen» +++

Der Kreml hat die Angaben des Weißen Hauses zu hohen russischen Verlusten in der Ukraine dementiert. «Absolut aus der Luft gegriffen», kommentierte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge eine auf US-Geheimdienstinformationen beruhende Schätzung. «Washington hat keine Möglichkeit, irgendwelche konkreten Zahlen zu nennen, sie verfügen nicht über diese Informationen.»

Ein Vertreter des Weißen Hauses, John Kirby, hatte in einem Briefing am Montag die Zahl der in der Ukraine gefallenen und verletzten russischen Soldaten allein seit Dezember auf 100 000 taxiert. Peskow riet stattdessen dazu, «sich an den Zahlen zu orientieren, die das Verteidigungsministerium Russlands rechtzeitig veröffentlicht.»

Verteidigungsminister Sergej Schoigu hatte zuletzte im vergangenen September von 5937 Gefallenen auf russischer Seite gesprochen. Ein Sprecher der moskautreuen Verwaltung in Donezk bestätigte im November zudem noch den Tod von 3930 Kämpfern aus dieser Region, die wohl nicht in die Statistik Schoigus eingeflossen sind.

Insgesamt gelten diese Angaben jedoch bei Experten als weit untertrieben. Auch die Ukraine veröffentlicht kaum belastbare Informationen zu den Opfern in den eigenen Reihen.

+++ Luftwaffe beendet Nato-Einsatz zur Luftraumüberwachung über Baltikum +++

Die Bundeswehr hat nach neun Monaten ihre Beteiligung an der Nato-Mission zur Luftraumüberwachung über den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen abgeschlossen. Die Luftwaffe habe ihren Einsatz auf der estnischen Luftwaffenbasis Ämari beendet und mit der Rückverlegung nach Deutschland begonnen, sagte ein Sprecher am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Deutschland hatte das sogenannte Nato Air Policing Baltikum im August 2022 übernommen. Dafür wurden bis zu fünf Eurofighter und wechselnde Kontingente von rund 150 deutsche Soldaten nach Estland verlegt.

In den letzten beiden Einsatzmonaten sicherten deutsche Piloten den Luftraum erstmals gemeinsam mit der britischen Luftwaffe. Dabei patrouillieren deutsche und britische Kampfjets in gemischten Rotten den Himmel über den an Russland grenzenden Nato-Staaten. Da beide Luftstreitkräfte den Eurofighter fliegen, sind die Abläufe am Boden und in der Luft leichter aufeinander abzustimmen. Gleiches gilt für die spanische Luftwaffe, mit der die Zusammenarbeit im Sommer 2022 mit gemeinsamen Abfang- und Übungseinsätzen in Ämari vertieft wurde.

+++ Militärübung mit über 12 000 Soldaten beginnt in Polen +++

In Polen hat am Dienstag die größte Militärübung des Jahres begonnen. Es nehmen an der Übung unter dem Codenamen Anakonda 23 vom 2. bis 26. Mai mehr als 12 000 polnische und mehrere Hundert Soldaten aus den USA und anderen Nato-Bündnispartnern teil, wie der TV-Nachrichtensender TVN24 online berichtete. Der polnische Generalstab hatte am Montag auf Twitter den Beginn der Übung angekündigt und auf zu erwartende Verkehrsbehinderungen durch Militärtransporte im ganzen Land hingewiesen.

Das EU- und Nato-Land grenzt direkt an die von Russland angegriffene Ukraine und gehört zu deren wichtigsten politischen und militärischen Unterstützern. Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak begründete im April seinen Wunsch nach einem weiteren Verbleib deutscher Patriot-Flugabwehrsysteme in Polen mit den Worten: «Polen ist die wichtigste Drehscheibe, wenn es um die Unterstützung der Ukraine geht.»

+++ Lettland verlängert erneut Ausnahmezustand an Grenze zu Belarus +++

Lettland will den Ausnahmezustand in den Regionen entlang der Grenze zum benachbarten Belarus erneut verlängern. Die Sonderregelung soll nun bis zum 10. August gelten. Dies beschloss die Regierung des baltischen EU- und Nato-Landes am Dienstag in Riga. Die erneute Verlängerung muss noch vom Parlament gebilligt werden. Der Ausnahmezustand wurde im August 2021 verhängt, weil Tausende Migranten versuchten, von Belarus aus auf unrechtmäßige Weise über die EU-Außengrenze zu gelangen. Die Regelung ermächtigt den lettischen Grenzschutz, irregulär aus dem autoritär regierten Belarus eingereiste Migranten zurückzuschicken.

«Mit Beginn des Frühlings und dem nahenden Sommer versuchen immer mehr illegale Migranten, die Grenze unseres Landes zu überqueren, die Arbeitsbelastung der Grenzschutzbeamten hat zugenommen», sagte Außenminister Edgars Rinkevics nach der Regierungssitzung. Auch Innenminister Māris Kucinskis bezeichnete die Lage an der Grenze als «nach wie vor unruhig». Allein der Nacht zu Dienstag hatten demnach mehr als 90 Personen versucht, illegal nach Lettland zu kommen.

+++ Slowakei bestätigt Pestizid-Nachweis in ukrainischem Weizen +++

Kontrolluntersuchungen in Kopenhagen haben bestätigt, dass in der Slowakei getesteter Weizen aus der Ukraine gesundheitsschädliche Pestizide enthielt. Das gab der slowakische Landwirtschaftsminister Samuel Vlcan am Dienstag in Bratislava bekannt.

Das im April von den slowakischen Agrarbehörden ausgesprochene Verkaufsverbot für den beanstandeten ukrainischen Weizen war politisch brisant. Die Slowakei gehört nämlich zu den EU-Ländern, die den Import ukrainischer Agrarprodukte beschränken wollen, weil sie dadurch ihre eigene Landwirtschaft bedroht sehen. Die Regierung der Slowakei - die zu den engagiertesten militärischen Unterstützern der Ukraine gehört - wollte daher den Eindruck vermeiden, der Pestizid-Nachweis diene lediglich als Vorwand für protektionistische Maßnahmen.

+++ Ukraine droht Enttäuschung bei Nato-Gipfel +++

Die Hoffnungen der Ukraine auf eine konkretere Nato-Beitrittsperspektive drohen vorerst enttäuscht zu werden. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur haben zuletzt Bündnismitglieder wie die USA und Deutschland hinter verschlossenen Türen deutlich gemacht, dass sie vorerst keine Zusagen machen wollen, die substanziell über eine vage Nato-Erklärung aus dem Jahr 2008 hinausgehen. In ihr hatten die damaligen Staats- und Regierungschefs vereinbart, dass die Ukraine und Georgien der Nato beitreten sollen. Einen konkreten Zeit- oder Fahrplan dafür gab es allerdings nicht.

Wolodymyr Selenskyj nimmt an einer Pressekonferenz teil (Bild: Andrew Kravchenko/AP/dpa)
Wolodymyr Selenskyj nimmt an einer Pressekonferenz teil (Bild: Andrew Kravchenko/AP/dpa)

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die Nato zuletzt aufgefordert, auf ihrem nächsten Gipfel im Juli den Weg zur Aufnahme seines Landes ins westliche Militärbündnis freizumachen. Weder in der Ukraine noch in Europa noch in der Nato würde die Mehrheit der Bevölkerung verstehen, wenn Kiew bei dem Spitzentreffen in Litauen keine «wohlverdiente Einladung» erhielte, sagte Selenskyj nach einem Besuch von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Kiew. Zur Begründung erklärte er, kaum jemand trage derzeit mehr zur euroatlantischen Sicherheit bei als die ukrainischen Soldaten. Sein Land habe daher alles getan, um sicherzustellen, dass dem Antrag aus Kiew stattgegeben werde.

+++ Ukraine wirft Russland gezielte Angriffe auf Wohngebiete vor +++

Die Ukraine hat Russland eine veränderte Taktik mit gezielten Raketenangriffen auf Wohngebiete vorgeworfen. «Es gibt keinen Zweifel daran, dass sie direkte Angriffe eben auf zivile Mehrfamilienhäuser oder Orte ausführen, an denen es viele Häuser der Zivilbevölkerung gibt», sagte der Berater des Präsidentenbüros Mychajlo Podoljak in der Nacht zum Dienstag im ukrainischen Fernsehen. Moskau wolle dadurch unter anderem eine verfrühte Gegenoffensive Kiews provozieren. Dazu wolle der Kreml testen, ob die Ukraine in der Lage sei, den eigenen Luftraum zu schützen.

In den vergangenen Tagen hatte es mehrere russische Raketenangriffe mit zivilen Opfern gegeben. Insbesondere in Uman forderte ein Raketeneinschlag in einem Wohnhaus am Freitag viele Todesopfer. Auch in der Stadt Pawlohrad im Gebiet Dnipropetrowsk haben russische Marschflugkörper schwere Schäden verursacht und mindestens zwei Menschen getötet. Kiew bestreitet, dass dabei militärische Ziele getroffen wurden.

+++ Rüstungsfirmen legen Streit um «Leopard 2» bei +++

Die Rüstungsunternehmen Krauss Maffei Wegmann (KMW) und Rheinmetall haben ihren Rechtsstreit um die Urheberrechte am «Leopard 2» Panzer beigelegt. Das Landgericht München I setzte am Dienstag die für den Vormittag geplante mündliche Verhandlung kurzfristig wieder ab. «Die Parteien haben sich verglichen», hieß es in der kurzen Mitteilung. Für das Gericht sei das Verfahren damit erledigt. Zum Inhalt der Einigung machte das Gericht keine Angaben.

Der «Leopard 2» ist eine Entwicklung von KMW, Rheinmetall steuert unter anderem die Kanone und das Feuerleitsystem bei. Rheinmetall-Chef Armin Papperger hatte in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» für seinen Konzern das geistige Eigentum an dem Panzer bis einschließlich Version 2A4 beansprucht. Daraufhin hatte Krauss Maffei Wegmann Unterlassungsklage gegen Rheinmetall wegen «unwahrer Tatsachenbehauptungen» vorgeworfen.

Unbekannt ist, ob und inwieweit Rheinmetall im Rahmen der außergerichtlichen Einigung nunmehr Pappergers Aussagen korrigiert hat. Auch auf der eigenen Webseite schreibt Rheinmetall die Entwicklung des Panzers KMW zu: «Der Leopard 2 von Krauss-Maffei Wegmann (KMW) ist der leistungsfähigste Kampfpanzer der Welt und zugleich das Waffensystem mit der größten internationalen Verbreitung», heißt es dort.

+++ London: Russische Rüstungsindustrie kommt Kriegsbedarf nicht nach +++

London (dpa) - Nach Einschätzung britischer Geheimdienste verfügt Russland nicht über genügend Munition, um bei Offensiven in der Ukraine entscheidende Fortschritte zu erzielen. Moskau räume der Stärkung der Rüstungsindustrie zwar oberste Priorität ein, hieß es am Dienstag im Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums - die Branche werde dem hohen Kriegsbedarf jedoch weiterhin nicht gerecht.

Russlands politische Führung verlange Erfolge auf dem Schlachtfeld, während die für die Logistik verantwortlichen Führungskräfte auf der Strecke blieben, hieß es. Als Beispiel dafür nennen die Briten die kürzliche Entlassung des Vize-Verteidigungsministers Michail Misinzew, der acht Monate lang für die materielle und technische Versorgung der Armee zuständig war. In der vergangenen Woche wurde seine Auswechslung bestätigt, seine Aufgabe hat nun Generaloberst Alexej Kusmenkow übernommen, bislang stellvertretender Direktor der Nationalgarde.

Die Munitionsknappheit führe außerdem zu internen Streitigkeiten, vor allem zwischen der Armee und dem Chef der berüchtigten russischen Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin.