Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Dienstag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

Unser Ticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten Ereignisse des Tages nachlesen:

  • Angriffskrieg stürzt Ukraine in Energienot

  • Kremlnahe Fake-Anrufer legen Polens Präsidenten Duda rein

  • EU gibt weitere 2,5 Milliarden Euro für die Ukraine frei

  • Selenskiyj fordert Landsleute zum Stromsparen auf

  • Heftige Gefechte im Donbass

  • IAEA: Atombrennstoffe in Saporischschja lagern sicher

  • London: Angriff auf Hafen zeigt Verwundbarkeit russischer Flotte

Die aktuelle Lage im Live Stream:

+++ Angriffskrieg stürzt Ukraine in Energienot +++

Der russische Angriffskrieg stürzt die Ukraine bei Eiseskälte in drastische Energienot. Praktisch alle Wärme- und Wasserkraftwerke sowie die wichtigen Knotenpunkte des Stromnetzes seien in den vergangenen Wochen durch Raketen beschädigt worden, berichtete der Netzbetreiber Ukrenerho am Dienstag. Präsident Wolodymyr Selenskyj rief die Bürger zum Energiesparen auf. Die EU-Kommission überwies Kiew 2,5 Milliarden Euro für dringende Reparaturen und kündigte für 2023 weitere 18 Milliarden Euro an. Die Lage am umkämpften Atomkraftwerk Saporischschja bleibt heikel.

Russland ist vor knapp neun Monaten in die Ukraine einmarschiert. Deutschland und andere westliche Länder spüren vor allem den Einbruch der Konjunktur und drastische Energiepreiserhöhungen - ein Grund, warum die Bundesregierung die angekündigte Gas- und Strompreisbremse für private Haushalte und kleinere Firmen nun bereits rückwirkend ab Januar gelten lassen will. In der Ukraine sind hingegen die Versorgungssysteme selbst schwer beschädigt, seit Moskau im Oktober mit gezielten Raketenangriffen begann.

«Das Ausmaß der Zerstörungen ist kolossal», sagte Ukrenerho-Chef Wolodymyr Kudryzkyj. Dennoch sei es durch Reparaturen gelungen, das System seit Samstag zu stabilisieren. Es gebe jetzt vor allem planmäßige und kaum noch Notabschaltungen des Stroms.

Neben Strom könnte der Ukraine auch bald weiteres Gas fehlen. Der russische Energieriese Gazprom droht mit einer weiteren Drosselung der Gaslieferungen - mit der Begründung, die Ukraine behalte beim Transit über sein Territorium Gas ein, das eigentlich für Moldau gedacht sei. Sollte sich daran nichts ändern, werde der Transit, von dem auch EU-Länder profitieren, ab kommendem Montag um die täglich einbehaltene Menge gekürzt.

+++ Gazprom droht mit weiterer Drosselung der Gaslieferung durch Ukraine +++

Der russische Energieriese Gazprom hat der Ukraine vorgeworfen, beim Transit durch ihr Staatsgebiet einen Teil des Gases einzubehalten und mit einer Drosselung der ohnehin schon reduzierten Lieferungen gedroht. Die Ukraine habe 52,5 Millionen Kubikmeter russisches Gas nicht weitergeleitet, das für die Nachbarrepublik Moldau bestimmt gewesen sei, teilte Gazprom am Dienstag mit. Sollte sich daran nichts ändern, werde der Transit, von dem auch EU-Länder profitieren, ab Montag um die täglich einbehaltene Menge gekürzt. Ein konkretes Volumen nannte Gazprom nicht.

Der ukrainische Gasnetzbetreiber wies die Vorwürfe zurück und versicherte, dass das staatliche Unternehmen allen Transitverpflichtungen nachkomme. Trotz des russischen Angriffskrieges hat die Ukraine seit dem 24. Februar rund 15,6 Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas Richtung Westen transportiert - davon eigenen Angaben zufolge mehr als zehn Prozent nach Moldau.

+++ Petersburger Dialog zwischen Deutschland und Russland vor dem Aus +++

Der Petersburger Dialog, ein zivilgesellschaftliches Forum zwischen Deutschland und Russland, steht angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine vor dem Aus. Die Mitgliederversammlung habe auf Antrag des Vorstands beschlossen, sich im ersten Quartal 2023 im Rahmen einer außerordentlichen Mitgliederversammlung aufzulösen, teilte das Forum am Dienstag in Berlin mit. Der Vorstand sei gebeten worden, die dazu notwendigen Schritte einzuleiten. «Angesichts des verbrecherischen Angriffskrieges und der Frontstellung gegen die westlichen Demokratien ist ein Dialog in diesem Format nicht mehr möglich», hieß es zur Begründung.

Den Petersburger Dialog hatten im Jahr 2001 Russlands Präsident Wladimir Putin und der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder ins Leben gerufen.

+++ Moskau meldet Granaten auf Saporischschja +++

Von dem russisch besetzten Atomkraftwerk Saporischschja meldete Moskau am Dienstag erneut Granatenbeschuss. Auf dem Gelände in der Südukraine schlagen seit Monaten immer wieder Geschosse ein, was Ängste vor einer Nuklearkatastrophe schürt. Die Kriegsparteien Russland und Ukraine machen sich gegenseitig verantwortlich. Am Montag hatten Inspekteure der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) die Anlage nach Artilleriebeschuss vom Wochenende auf Schäden überprüft und vorläufig Entwarnung gegeben.

Doch nach der IAEA-Überprüfung seien acht großkalibrige Granaten auf einen industriellen Teil des Kernkraftwerks gefeuert worden, erklärte das russische Verteidigungsministerium. Sprecher Igor Konaschenkow betonte aber, die Strahlung sei weiterhin normal. Die Angaben waren zunächst nicht unabhängig zu überprüfen. Der Kreml dämpfte abermals die Aussichten auf eine von der Ukraine und der IAEA geforderte Schutzzone um das Atomkraftwerk. In diesem Punkt gebe es «keine nennenswerten Fortschritte», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.

+++ Kämpfe im Osten und Süden +++

Heftige Kämpfe wurden vor allem aus der Ostukraine gemeldet. Im Gebiet Donezk konzentrieren sich die russischen Angriffe nach Angaben des ukrainischen Generalstabs auf die Städte Awdijiwka und Bachmut. An anderen Orten sprach der Generalstab von einer «aktiven Verteidigung» der russischen Truppen - dort greifen also offenbar die Ukrainer an. Genannt wurden die Orte Kupjansk und Lyman sowie Nowopawliwka und die Front im Gebiet Saporischschja. Russische Truppen wehrten sich mit Panzern, Mörsern, Rohr- und Raketenartillerie, hieß es.

Dem offiziellen Bericht zufolge verstärkten die russischen Truppen in der Südukraine ihre Verteidigungslinien auf dem südlichen Ufer des Flusses Dnipro. Nach inoffiziellen Angaben nimmt die ukrainische Artillerie diesen Raum in Richtung Krim mit ihren weittragenden Geschützen unter Feuer.

+++ Kremlnahe Fake-Anrufer legen Polens Präsidenten Duda rein +++

Nach dem Einschlag einer Rakete in Polens Grenzgebiet zur Ukraine ist Präsident Andrzej Duda in einem Telefonat von russischen Komikern hereingelegt worden. Das Duo gaukelte Duda in dem auf der Plattform Rutube veröffentlichten Gespräch vor, er spreche mit Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron.

Das Telefonat habe sich im «Verlauf mehrerer Telefonverbindungen mit Staats- und Regierungschefs» nach der Explosion der Rakete ereignet, teilte die Präsidialverwaltung am Dienstag auf Twitter mit. Im Verlauf des Anrufs habe Duda aufgrund der ungewöhnlichen Gesprächsführung erkannt, dass es sich um einen Täuschungsversuch handeln könnte, und das Gespräch beendet.

Hinter der Aktion stecken die Komiker Vovan (Wladimir Kusnezow) und Lexus (Alexej Stoljarow). In dem siebenminütigen Gespräch berichtet Duda dem vermeintlichen Macron von dem Raketeneinschlag im Grenzgebiet zur Ukraine. «Es war ohne Zweifel eine Rakete. Wer sie abgefeuert hat, wissen wir nicht. Es war eine russische Rakete, also produziert von Russland», erklärt Duda in holprigem Englisch.

Dann wird es brisant: Duda berichtet weiter, er habe bereits mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg gesprochen und angekündigt, dass Polen die Einleitung des Verfahrens nach Artikel 4 des Nato-Vertrags beantragen könnte. Artikel 4 sieht Beratungen der Nato-Staaten vor, wenn einer von ihnen die Unversehrtheit seines Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die eigene Sicherheit bedroht sieht.

Duda erzählt dem Anrufer auch von seinem Telefonat mit US-Präsident Joe Biden. «Und was sagt er? Beschuldigt er Russland?», will der Anrufer wissen. «Nein», antwortet Duda. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hingegen sei überzeugt, dass die Rakete von Russland abgefeuert wurde. «Ich glaube, wir brauchen keine Eskalation, keinen Krieg zwischen Russland und der Nato», sagt der vermeintliche Macron. «Emmanuel, ich brauche auch keinen Krieg mit Russland. Ich bin extra-vorsichtig», versichert Duda.

Das Duo «Vovan und Lexus» ist in Russland seit Jahren bekannt dafür, Politiker und andere internationale Promis mit Fake-Anrufen hereinzulegen. Anfang des Sommers ließen die Komiker mehrere Bürgermeister in EU-Hauptstädten glauben, mit Kiews Bürgermeister Witali Klitschko zu reden. Zu den Opfern des Telefonstreichs gehörte auch Berlins Bürgermeisterin Franziska Giffey. Vor geraumer Zeit räumten sie nach ARD-Angaben in einem «Kontraste»-Interview ein, für eine Internetplattform zu arbeiten, die dem russischen Staatskonzern Gazprom gehört.

+++ Ukraine: Stromnetz bleibt auf Monate labil +++

Das durch russische Raketentreffer schwer beschädigte Stromnetz der Ukraine dürfte auf Monate hinaus äußerst störanfällig bleiben. Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, das Land habe am Montag nicht nur mit geplanten Abschaltungen, sondern auch mit plötzlichen Stromausfällen zu kämpfen gehabt. Der Verbrauch übersteige die Stromproduktion, alle müssten Energie sparen. Der Stromversorger Yasno teilte mit, die Ukrainer müssten wohl mindestens bis Ende März mit Ausfällen oder Abschaltungen rechnen.

Ukrainer steigen im Bahnhof von Cherson in der Südukraine in den Zug Cherson-Kiew (Bild: Bernat Armangue/AP/dpa)
Ukrainer steigen im Bahnhof von Cherson in der Südukraine in den Zug Cherson-Kiew (Bild: Bernat Armangue/AP/dpa)

Während das ukrainische Militär aus dem Kohle- und Stahlrevier Donbass im Osten des angegriffenen Landes weiter heftige Gefechte meldete, gab die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) eine Teilentwarnung: Das von russischen Soldaten besetzte Atomkraftwerk Saporischschja sei trotz des intensiven Beschusses am Wochenende weitgehend intakt.

+++ EU gibt weitere 2,5 Milliarden Euro für die Ukraine frei +++

Die EU-Kommission hat weitere 2,5 Milliarden Euro Unterstützung für die Ukraine freigegeben. Dies teilte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag auf Twitter mit. Für 2023 seien 18 Milliarden Euro eingeplant, die in regelmäßigen Abständen ausgezahlt werden sollen. Gedacht sei das Geld für «dringende Reparaturen und eine schnelle Erholung, die zu einem erfolgreichen Wiederaufbau führen», schrieb die CDU-Politikerin. «Wir werden die Ukraine weiter unterstützen, solange es nötig ist.»

+++ Ukraine: Geheimdienst durchsucht Klöster des Moskauer Patriarchats +++

In der Ukraine hat der Geheimdienst SBU Razzien in mehreren Klöstern der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats vorgenommen und das mit Spionageabwehr begründet. Durchsucht wurde dabei auch das zum Unesco-Weltkulturerbe gehörende Höhlenkloster in der Hauptstadt Kiew, wie die Behörde am Dienstag mitteilte. Unterstützt wurde der Geheimdienst von Polizei und Nationalgarde. Ziel sei es, eventuell gelagerte Waffen und sich versteckende Spione und Saboteure aufzuspüren, hieß es. Durchsucht wurden auch mehrere Klöster der Kirche im westlichen Gebiet Riwne.

Ukrainische Nationalisten fordern seit langem, der größten orthodoxen Kirche den Komplex des Höhlenklosters zu entziehen. Dieser soll stattdessen der 2018 mit staatlicher Hilfe gegründeten Orthodoxen Kirche der Ukraine übertragen werden. Die im Mittelalter angelegten Höhlen des Klosters sind mit ihren Reliquien ein Wallfahrtsort für orthodoxe Christen weit über die Ukraine hinaus.

Die Führung der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats hat sich nach dem russischen Einmarsch vom Februar deutlich von Russland distanziert. Vor knapp einer Woche war jedoch während eines Gottesdienstes ein Lied mit der Wendung vom «Erwachen Mütterchen Russlands» gesungen worden, woraufhin der SBU ein Ermittlungsverfahren einleitete.

Kremlsprecher Dmitri Peskow warf der Ukraine vor, «seit langem» einen Krieg gegen die russisch-orthodoxe Kirche zu führen. Die Durchsuchung des Kiewer Höhlenklosters sei «ein weiteres Glied in der Kette der Militäraktionen gegen die russische Orthodoxie», sagte Peskow am Dienstag der Agentur Interfax zufolge.

+++ Duma verurteilt mutmaßliche Erschießung russischer Soldaten +++

Das Parlament in Moskau hat die mutmaßliche Erschießung russischer Soldaten bei der Gefangennahme durch ukrainische Streitkräfte verurteilt. Die Abgeordneten der Duma riefen am Dienstag die Parlamente anderer Länder auf, sich der Verurteilung anzuschließen und dazu beizutragen, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Die Tötung der Soldaten sei ein «eklatanter Verstoß» der Ukraine gegen das humanitäre Völkerrecht und das Genfer Abkommen zur Behandlung von Kriegsgefangenen, hieß es nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Tass in der Erklärung der Duma. Kiew weist die Vorwürfe zurück.

In der vergangenen Woche waren in sozialen Netzwerken Videos aufgetaucht, die zeigen, wie sich mehrere russische Soldaten - von Ukrainern bewacht - auf den Boden legen. Dann sind Schüsse zu hören. Eine weitere Aufnahme zeigt knapp ein Dutzend Leichen. Unklar ist aber noch, wer die Schuld für die Eskalation der Situation trägt. Das UN-Menschenrechtsbüro kündigte eine Untersuchung an. Der Vorfall soll sich Mitte November ereignet haben, als ukrainische Streitkräfte den Ort Makijiwka im Gebiet Luhansk im Osten des Landes zurückeroberten.

Die Ukraine sprach von einem Akt der Selbstverteidigung, da einer der russischen Soldaten - statt sich zu seinen Kameraden auf den Boden zu legen - plötzlich das Feuer eröffnet habe.

+++ Moskau: Ukrainisches Atomkraftwerk Saporischschja erneut beschossen +++

Das Gebiet des von russischen Truppen besetzten ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja ist nach Angaben des Moskauer Verteidigungsministeriums erneut mit Granaten beschossen worden. Am Montag - dem Tag einer Sonderinspektion durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) - seien acht großkalibrige Granaten auf einen industriellen Teil des Kernkraftwerks gefeuert worden, sagte Ministeriumssprecher Igor Konaschenkow am Dienstag laut der Agentur Interfax. Unabhängig überprüft werden konnten die Angaben zunächst nicht.

Konaschenkow sagte nicht, wann konkret die Anlage beschossen worden sein soll. Er erklärte lediglich, die Strahlung sei weiterhin normal. Von der IAEA hatte es am Montag keine Informationen über einen möglichen erneuten Artillerie-Beschuss des Atomkraftwerks gegeben. Auch aus Kiew kamen keine entsprechenden Informationen.

Am Montag hatten vier IAEA-Inspekteure das größte europäische Atomkraftwerk auf Schäden geprüft, nachdem die Anlage am Samstag und Sonntag dutzende Male von Artillerie-Geschossen getroffen worden war. Russland und die Ukraine machen sich gegenseitig für den Beschuss verantwortlich. Trotz der intensiven Angriffe war das AKW nach Einschätzung der IAEA-Experten weitgehend intakt geblieben.

Unterdessen machte der Kreml wenig Hoffnung auf die Einrichtung einer Schutzzone um das Atomkraftwerk Saporischschja. In diesem Punkt gebe es «keine nennenswerten Fortschritte», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag. Russland fordere dafür zunächst den Abzug schwerer Waffen der Ukraine aus dem Gebiet. IAEA-Chef Direktor Rafael Grossi fordert seit Monaten eine Schutzzone rund um das im Kriegsgebiet liegende Kernkraftwerk. Die Anlage gerät immer wieder unter Beschuss.

+++ Erinnerung an Protest auf Maidan vor neun Jahren +++

Selenskyj erinnerte in seiner Videoansprache am Montag an den Beginn der proeuropäischen Demonstrationen auf dem Unabhängigkeitsplatz der Hauptstadt Kiew, dem Maidan, vor neun Jahren am 21. November 2013. Der Protest führte im Februar 2014 zum Sturz der Russland freundlich gesinnten Regierung. Moskau nutzte aber die Schwächephase der Ukraine, um die Halbinsel Krim zu annektieren und wenig später auch den Krieg in der Ostukraine zu beginnen.

Freiheit und Würde des ukrainischen Volkes seien mehr als tausend Jahre alt, sagte Selenskyj. Das Volk habe viele Bedrohungen seiner Freiheit und Existenz überstanden. «Und jetzt haben wir eine historische Chance, die ukrainische Freiheit ein für alle Mal zu schützen», sagte er mit Blick auf den erhofften Sieg über die russischen Angreifer.

+++ Selenskiyj fordert Landsleute zum Stromsparen auf +++

Wegen des Strommangels im ukrainischen Netz wandte Selenskyj sich an die regionalen und kommunalen Verwaltungen: Sie sollten die Bürger weiter zum Stromsparen anhalten. Auch im öffentlichen Raum müsse Strom gespart werden. «Heute Abend ist die Lage in Kiew und Umgebung sowie in Winnyzja, Sumy, Ternopil, Tscherkassy, Odessa und einigen anderen Städten und Bezirken besonders schwierig», sagte Selenskyj.

Selenskiyj fordert seine Landsleute zum Stromsparen auf (Bild: Ukrainian Presidential Press Service/Handout via REUTERS)
Selenskiyj fordert seine Landsleute zum Stromsparen auf (Bild: Ukrainian Presidential Press Service/Handout via REUTERS)

«Der Systemschaden, der unserem Energiesektor durch die Anschläge der russischen Terroristen entsteht, ist so groß, dass alle unsere Bürger und Unternehmen sehr sparsam sein und den Verbrauch über die Stunden des Tages verteilen sollten», sagte er. Russland zerstört mit Raketenangriffen seit Mitte Oktober gezielt und völkerrechtswidrig das Energiesystem der Ukraine. Nach Aussage von Kremlsprecher Dmitri Peskow soll die Regierung des Nachbarlands so an den Verhandlungstisch gezwungen werden.

Die Stromtechniker versuchten ihr Möglichstes, die Schäden am Netz zu reparieren, bevor es noch winterlicher werde, schrieb der Chef des Stromversorgers Yasno, Serhij Kowalenko, auf Facebook. «Auch wenn es jetzt weniger Ausfälle gibt, möchte ich, dass jeder versteht: Wahrscheinlich werden die Ukrainer mindestens bis Ende März mit Ausfällen leben müssen», schrieb er. Der Netzbetreiber Ukrenergo kündigte für Dienstag planmäßige Abschaltungen im ganzen Land an.

+++ Heftige Gefechte im Donbass +++

Zu den Kämpfen im Donbass teilte der ukrainische Generalstab mit, Russland konzentriere seine Angriffe auf die Städte Awdijiwka und Bachmut im Gebiet Donezk. An anderen Orten sprach der Generalstab von einer «aktiven Verteidigung» der russischen Truppen - dort greifen also offenbar die Ukrainer an. Genannt wurden die Orte Kupjansk und Lyman sowie Nowopawliwka und die Front im Gebiet Saporischschja. Die russischen Truppen wehrten sich mit Panzern, Mörsern, Rohr- und Raketenartillerie, hieß es.

Dem offiziellen Bericht zufolge verstärkten die russischen Truppen in der Südukraine ihre Verteidigungslinien auf dem südlichen Ufer des Flusses Dnipro. Nach inoffiziellen Angaben nimmt die ukrainische Artillerie diesen Raum in Richtung Krim mit ihren weittragenden Geschützen unter Feuer. Russische Militärblogger berichteten von einem erfolgreichen russischen Vorstoß auf den Ort Marjinka bei Donezk. Die ukrainische Stadt Wowtschansk im Gebiet Charkiw wurde am Montagabend von den Geschossen russischer Mehrfachraketenwerfer getroffen, wie örtliche Behörden berichteten.

+++ IAEA: Atombrennstoffe in Saporischschja lagern sicher +++

Unmittelbare Bedenken wegen der nuklearen Sicherheit des AKW Saporischschja gebe es nicht, sagte der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi. Vier IAEA-Experten hätten das größte europäische Atomkraftwerk überprüft. Der Status der sechs Reaktoreinheiten sei stabil. Die Unversehrtheit des abgebrannten Brennstoffs, des frischen Brennstoffs und des schwach-, mittel- und hochradioaktiven Abfalls in ihren Lagern sei bestätigt worden.

Dennoch hätten die Experten vielerorts Schäden auf dem Gelände festgestellt. «Dies ist ein großer Anlass zur Sorge, da es die schiere Intensität der Angriffe auf eines der größten Atomkraftwerke der Welt deutlich macht», sagte Grossi. Das AKW war am Samstag und Sonntag von Dutzenden Granateinschlägen erschüttert worden. Auch in den Monaten davor war die Anlage unter Beschuss geraten. Die Ukraine und Russland geben sich gegenseitig die Schuld dafür.

+++ London: Angriff auf Hafen zeigt Verwundbarkeit russischer Flotte +++

Ein mutmaßlicher ukrainischer Angriff auf Öldepots nahe des russischen Hafens Noworossijsk zeigt nach britischer Einschätzung die Verwundbarkeit der russischen Schwarzmeerflotte. Das britische Verteidigungsministerium verwies am Dienstag in seinem täglichen Geheimdienst-Update auf russische und ukrainische Medienberichte, laut denen es am 18. November an einem Ölterminal, das nahe der russischen Marinebasis liege, zu einem Angriff kam.

«Noch sind nicht alle Einzelheiten dieses Vorfalls bekannt», betonte das Ministerium. «Jede Demonstration aber, dass die Ukraine die Fähigkeit besitzt, Noworossijsk zu bedrohen, würde eine weitere strategische Herausforderung für die Schwarzmeerflotte darstellen. Das würde auch den bereits reduzierten maritimen Einfluss Russlands im Schwarzen Meer weiter untergraben», hieß es in London weiter.

Medien hatten berichtet, dass wahrscheinlich eine ukrainische Drohne in der Nacht zum 18. November ein Terminal des Ölkonzerns Transneft angegriffen habe. Das Unternehmen wies die Berichte zurück.

Nachdem die Ukraine den russischen Stützpunkt Sewastopol auf der annektierten Halbinsel Krim attackiert hatte, verlegte die russische Marine mehrere U-Boote nach Noworossijsk. Dass nun auch dieser Hafen für die Ukrainer erreichbar sei, sei auch eine Bedrohung für russische Landungsschiffe, die dort stationiert seien, hieß es in London weiter. Diese Schiffe hätten seit der Beschädigung der Kertsch-Brücke im Oktober eine wichtigere Rolle bei der Versorgung der russischen Streitkräfte in der Ukraine übernommen.