Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Donnerstag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Dieser Ticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten News nachlesen.

  • Geheimnisverrat vor Selenskyj-Besuch: Berliner Landeskriminalamt ermittelt

  • Selenskyj fordert Tribunal gegen Russland

  • US-Institut: Angebliche Drohnenangriffe auf Kreml selbst inszeniert

  • Selenskyj setzt Europareise in Den Haag fort

  • Selenskyj weist Anschuldigungen Russlands Vorfall am Kreml zurück

  • Ex-Kremlchef Medwedew: Selenskyj muss «physisch eliminiert» werden

  • Wagner-Chef Prigoschin: Ukrainische Offensive hat begonnen

Die aktuelle Newslage:

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (Bild: P van Katwijk/Getty Images)
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (Bild: P van Katwijk/Getty Images)

+++ Geheimnisverrat vor Selenskyj-Besuch: Berliner Landeskriminalamt ermittelt +++

Mitte Mai wollte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nach Berlin reisen - zumindest, bis diese Nachricht an die Öffentlichkeit gelangt ist. Um zu erfahren, wie es zu dem Informationsleck gekommen ist, hat sich dem Spiegel zufolge nun das Berliner Landeskriminalamt eingeschaltet. Ermittelt wird wegen Geheimnisverrats.

Veröffentlicht war der Besuch in einem Artikel einer Berliner Tageszeitung, in dem ein mutmaßlicher Angehöriger der Polizei zitiert worden war, der vertrauliche Details zu einem geplanten Einsatz wiedergegeben habe, wie der Spiegel berichtet.

In Kiew ist man einem Bericht von t-online zufolge so verärgert über das Informationsleck auf deutscher Seite, dass sogar erwägt werde, den Besuch komplett abzusagen.

+++ Selenskyj fordert Tribunal gegen Russland +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eine strafrechtliche Verfolgung Russlands wegen des Aggressionskrieges und Kriegsverbrechen gefordert. Ohne Gerechtigkeit sei kein Friede möglich, sagte Selenskyj am Donnerstag in Den Haag. Als Vorbild eines Tribunals nannte er die Nürnberger Prozesse gegen die deutschen Nationalsozialisten nach dem Zweiten Weltkrieg. «Ein dauerhafter Frieden ist nur möglich, wenn wir die Aggressoren auch zur Verantwortung ziehen», sagte Selenskyj.

«Natürlich hätten wir alle heute lieber einen anderen Wladimir hier in Den Haag gesehen», sagte er zu Beginn seiner Rede und verwies damit auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Selenskyjs Vorname ist die ukrainische Form des Namens.

Selenskyj lobte den Einsatz des Internationalen Strafgerichtshofes mit Sitz in Den Haag. Dieser hatte bereits kurz nach der russischen Invasion Ermittlungen eingeleitet und auch im März einen internationalen Haftbefehl gegen Putin wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen erlassen. Selenskyj zeigte sich überzeugt, dass Putin tatsächlich auch nach Den Haag vor das Gericht gebracht werde.

+++ US-Institut: Angebliche Drohnenangriffe auf Kreml selbst inszeniert +++

Nach Einschätzung internationaler Militärexperten hat Russland zwei angebliche ukrainische Drohnenangriffe auf den Kreml wahrscheinlich selbst inszeniert. Damit sollten der russischen Öffentlichkeit der Krieg näher gebracht und die Voraussetzungen für eine breitere gesellschaftliche Mobilisierung geschaffen werden, schrieb das in Washington ansässige Institut für Kriegsstudien (ISW) in seinem Bericht am Mittwoch (Ortszeit). Mehrere Indizien deuteten darauf hin, dass der Angriff von innen geführt und gezielt inszeniert worden sei.

In der Nacht zu Mittwoch seien zwei Drohnen zum Absturz gebracht worden, die auf das Kreml-Gelände zugeflogen seien, hatte das russische Präsidialamt mitgeteilt. Russland warf der Ukraine daraufhin einen versuchten Anschlag auf Kremlchef Wladimir Putin vor und drohte mit Gegenmaßnahmen. Die Ukraine wies jede Beteiligung an dem Vorfall zurück.

Der Kreml in Moskau (Bild: Sefa Karacan/Anadolu Agency via Getty Images)
Der Kreml in Moskau (Bild: Sefa Karacan/Anadolu Agency via Getty Images)

Laut der US-Denkfabrik haben die russischen Behörden in letzter Zeit Schritte unternommen, um die Luftverteidigung zu verstärken, auch innerhalb Moskaus selbst. Geolokalisierte Bilder vom Januar 2023 zeigten demnach, dass die russischen Behörden Panzir-Luftabwehrsysteme in der Nähe von Moskau platziert haben, um Luftverteidigungskreise um die Stadt zu schaffen. Es sei daher äußerst unwahrscheinlich, dass zwei Drohnen mehrere Luftverteidigungsringe hätten durchdringen und direkt über dem Herzen des Kremls detoniert oder abgeschossen werden können - und das laut Bericht auf eine Art und Weise, die von einer Kamera gut eingefangen werden konnte, um spektakuläre Bilder zu liefern.

+++ Selenskyj setzt Europareise in Den Haag fort +++

Während sich in Russland Anschläge auf strategisch wichtige Infrastruktur häufen, wirbt der ukrainische Präsident auf einer Reise durch Europa für mehr Kriegshilfe gegen Moskau. Nach einem überraschenden Besuch in Helsinki beim Treffen der Nordischen Länder traf Präsident Wolodymyr Selenskyj am späten Mittwochabend in den Niederlanden ein. Medienberichten zufolge soll er am Donnerstag Regierungschef Mark Rutte und Verteidigungsministerin Kajsa Ollongren in Den Haag treffen. Anschließend ist dort ein Besuch beim Internationalen Strafgerichtshof geplant, der seit Monaten wegen Kriegsverbrechen im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine ermittelt.

Präsident Wolodymyr Selenskyj (Bild: REUTERS/Yves Herman/Pool)
Präsident Wolodymyr Selenskyj (Bild: REUTERS/Yves Herman/Pool)

Der unangekündigte Besuch Selenskyjs ist sein erster in den Niederlanden. In Helsinki hatte er nach einem Gespräch mit Präsident Sauli Niinistö die Regierungschefs von Schweden, Norwegen, Dänemark und Island getroffen, die ihm langfristige Unterstützung im Abwehrkampf gegen Russland zusagten. «Die nordischen Länder bleiben unerschütterlich in ihrem Bekenntnis zur Unabhängigkeit, Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen», hieß es in einer gemeinsamen Erklärung nach der Zusammenkunft.

Mit Blick auf den Nato-Gipfel am 11. und 12. Juli im lettischen Riga will Selenskyj bei seinen Auftritten in Europa für eine baldige Aufnahme der Ukraine in das Verteidigungsbündnis werben - und dies offenbar auch in Deutschland. Die Berliner Polizei gab am Mittwoch überraschend bekannt, dass sie alle Sicherheitsvorkehrungen für einen Besuch Selenskyjs in der Hauptstadt am 13. und 14. Mai treffe. Für den 14. Mai ist die Verleihung des Karlspreises an Selenskyj in Aachen geplant.

+++ Selenskyj weist Anschuldigungen Russlands Vorfall am Kreml zurück +++

Am Rande seines Besuchs in Finnland warf Selenskyj Russland vor, sich die jüngsten Anschuldigungen zu einem angeblichen Drohnenangriff auf den Kreml ausgedacht zu haben. «Wir greifen weder (Russlands Präsidenten Wladimir) Putin noch Moskau an, wir kämpfen auf dem eigenen Territorium und verteidigen unsere Dörfer und Städte», sagte Selenskyj in Helsinki. «Wir greifen Putin nicht an, das überlassen wir dem (internationalen) Tribunal.» Russlands Führung verbreite gezielt Falschinformationen, weil sie den vor etwas mehr als 14 Monaten begonnenen Krieg bereits verloren habe. Der Kreml versuche so, seine Soldaten für den Kampf gegen das Nachbarland zu motivieren.

Zuvor waren Videos einer angeblichen Drohnenattacke in der Nacht auf den Kreml aufgetaucht. Die russische Regierung sprach von einem «Attentatsversuch» mit Putin als Ziel. Die US-Botschaft in Kiew warnte daraufhin vor möglichen Vergeltungsangriffen und rief US-Bürger in der ukrainischen Hauptstadt und deren Umgebung auf, angesichts drohender Raketeneinschläge höchste Vorsicht walten zu lassen. In der Nacht zu Donnerstag gab es dann in der Hauptstadtregion und anderen Teilen der Ukraine Luftalarm. Bis zum Morgen wurden keine größeren Schäden bekannt.

+++ Ex-Kremlchef Medwedew: Selenskyj muss «physisch eliminiert» werden +++

Der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew forderte als Reaktion auf den angeblichen ukrainischen Drohnenangriff die Tötung des ukrainischen Staatschefs. «Nach dem heutigen Terrorakt gibt es keine andere Variante als die physische Eliminierung Selenskyjs und seiner Clique», schrieb Medwedew am Mittwoch auf Telegram. In seinen Augen werde Selenskyj «zur Unterzeichnung der Kapitulation der Ukraine nicht gebraucht», schrieb Medwedew. «Wie bekannt ist, hat auch Hitler keine (Kapitulation) unterschrieben.» Es werde sich sicherlich in der Ukraine ein Stellvertreter wie Hitlers kurzzeitiger Nachfolger, Admiral Karl Dönitz, finden.

+++ Wagner-Chef Prigoschin: Ukrainische Offensive hat begonnen +++

Die ukrainischen Streitkräfte haben nach den Worten des Chefs der russischen Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, offenbar bereits mit ihrer seit langem erwarteten Offensive begonnen. «Sie haben Soldaten und Munition ohne Ende», berichtete Prigoschin am Mittwochabend auf seinem Telegram-Kanal. «Ich gehe davon aus, dass die Offensive (der Ukrainer) begonnen hat.» Für seine Behauptung gab es zunächst keine Bestätigung, auch nicht vom russischen Militär. Der ukrainische Generalstab sprach am Abend lediglich von schweren Kämpfen in der ostukrainischen Stadt Bachmut.

Seit Wochen hält die ukrainische Militärführung das russische Militär mit Berichten über eine bevorstehende Offensive zur Rückeroberung der besetzten Gebiete in Spannung. Zuletzt häuften sich in Russland Anschläge auf strategische wichtige Infrastruktur nahe der Grenze zur Ukraine - möglicherweise als Teil der Vorbereitung einer solchen Gegenoffensive.

Im Süden Russlands brach in der Nacht zu Donnerstag zum zweiten Mal binnen kurzer Zeit ein Brand in einem Tanklager nahe der russisch besetzten Halbinsel Krim aus. Das Feuer sei durch einen Drohnenangriff ausgelöst worden und etwa zwei Stunden später gelöscht worden, berichtete die russische Staatsagentur Tass unter Berufung auf Behördenangaben. Getroffen wurde demnach das Tanklager einer Ölraffinerie in der Ortschaft Ilski.