Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Donnerstag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Unser Ticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten Ereignisse des Tages nachlesen:

  • Besuch von Nato-Chef in der Ukraine weckt Moskauer Ängste

  • Ukrainische Staatsverschuldung steigt auf knapp 80 Prozent des BIP

  • Kreml: Nato-freie Ukraine bleibt Kriegsziel - kein Putin-Double

  • Lichtschweif über Kiew womöglich durch Meteorit verursacht

  • Stoltenberg sichert der Ukraine weitere Nato-Unterstützung zu

  • Nato-Generalsekretär zu Überraschungsbesuch in Kiew eingetroffen

  • USA kündigen neue Militärhilfe für Ukraine an

Die aktuelle Newslage:

Jens Stoltenberg (L) besuchte überraschend die Ukraine (Bild: STR/NurPhoto via Getty Images)
Jens Stoltenberg (L) besuchte überraschend die Ukraine (Bild: STR/NurPhoto via Getty Images)

+++ Besuch von Nato-Chef in der Ukraine weckt Moskauer Ängste +++

Mit Blick auf den Besuch von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in der Ukraine hat Russland sein Kriegsziel bekräftigt, eine Aufnahme des Nachbarlandes in das Militärbündnis zu verhindern. Eine mögliche Nato-Mitgliedschaft wäre eine Bedrohung, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge am Donnerstag. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg war am Donnerstag überraschend zu einem Besuch in Kiew eingetroffen. Unterdessen hat die Ukraine nach Angaben des Generalstabs in Kiew erneut zahlreiche russische Drohnenangriffe abgewehrt. Das Land kann mit 14 weiteren Kampfpanzern vom Typ Leopard 2A4 aus Dänemark und den Niederlanden rechnen.

Bei seinem ersten Besuch in der Ukraine seit dem russischen Einmarsch sicherte Nato-Generalsekretär Stoltenberg Kiew die Hilfe des Militärbündnisses «so lange wie nötig» zu. «Der Ukraine steht ein Platz in der Nato zu», sagte der 64-Jährige auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Donnerstag in Kiew. Dem Generalsekretär zufolge haben die Nato-Staaten seit Kriegsbeginn mehr als 150 Milliarden Euro an Hilfe bereitgestellt. Vermutlich direkt aus der Ukraine wird Stoltenberg zu einem Treffen der internationalen Kontaktgruppe zur Koordinierung von Militärhilfe für die Ukraine reisen. Dieses wird an diesem Freitag auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz organisiert.

Moskau reagierte mit scharfer Kritik auf den Besuch und die Pläne zum Nato-Beitritt. Der wäre «eine ernste, bedeutende Gefahr für unser Land, für seine Sicherheit», sagte Kremlsprecher Peskow. Russland wirft den Nato-Staaten vor, sich immer tiefer in den Krieg hineinziehen zu lassen. Die russische Führung stellt den Krieg längst als einen globalen Konflikt mit dem Westen insgesamt dar - und versucht so, Männer für den Fronteinsatz zu gewinnen. Eine genaue zeitliche Perspektive für den Nato-Beitritt der Ukraine gibt es bislang nicht. Eine Aufnahme der Ukraine in Kriegszeiten schloss Stoltenberg bisher indirekt aus.

+++ Ukrainische Staatsverschuldung steigt auf knapp 80 Prozent des BIP +++

Der kriegsbedingte Wirtschaftseinbruch und neue Kredite haben die ukrainische Staatsverschuldung im vergangenen Jahr auf fast 80 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen lassen. Konkret seien die staatlichen sowie die vom Staat garantierten Schulden von 48,9 Prozent im Vorkriegsjahr 2021 auf 78,5 Prozent gestiegen, teilte das Finanzministerium in Kiew am Donnerstag auf Twitter mit.

Wolodymyr Selenskyj (Bild: Artur Widak/NurPhoto via Getty Images)
Wolodymyr Selenskyj (Bild: Artur Widak/NurPhoto via Getty Images)

Die direkten Staatsschulden im In- und Ausland seien zwar nur von 79 auf 92 Milliarden Euro gestiegen, hieß es weiter. Zugleich aber war die ukrainische Wirtschaft nach dem russischen Einmarsch im vergangenen Jahr massiv eingebrochen. Die Wirtschaftsleistung des angegriffenen osteuropäischen Landes wurde für das ganze Jahr 2022 vom Ministerium nun mit umgerechnet rund 146 Milliarden Euro beziffert - was in etwa mit Sachsen oder Hamburg vergleichbar ist.

In der Europäischen Union gilt nach den sogenannten Maastricht-Kriterien ein Schuldenstand der öffentlichen Haushalte von höchstens 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) als solide.

+++ Kreml: Nato-freie Ukraine bleibt Kriegsziel - kein Putin-Double +++

Nach dem Eintreffen von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in der Ukraine hat Russland sein Kriegsziel bekräftigt, eine Aufnahme des Nachbarlandes in das Militärbündnis zu verhindern. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte der Agentur Interfax zufolge am Donnerstag, dass Russland sich durch eine mögliche Nato-Mitgliedschaft der Ukraine bedroht sehe. «Weil das andernfalls eine ernste, bedeutende Gefahr für unser Land, für seine Sicherheit mit sich bringt», sagte Peskow. Stoltenberg besuchte am Donnerstag erstmals seit Kriegsbeginn Kiew.

Russland hatte zu Beginn des Krieges vor fast 14 Monaten am 24. Februar 2022 auch erklärt, die Ukraine entmilitarisieren zu wollen. Der Westen versorgt das Land für seinen Verteidigungskampf gegen die russische Invasion mit Waffen und Munition. Russland hatte den Nato-Staaten vorgeworfen, sich immer tiefer in den Krieg hineinziehen zu lassen. Die russische Führung stellt den Krieg längst auch als einen globalen Konflikt mit dem Westen insgesamt dar - und versucht so, Männer für den Fronteinsatz zu gewinnen.

Putin hat überraschend Cherson besucht (Bild: Kremlin / Handout/Anadolu Agency via Getty Images)
Putin hat überraschend Cherson besucht (Bild: Kremlin / Handout/Anadolu Agency via Getty Images)

Kremlsprecher Peskow äußerte sich auch zu neuerlichen Behauptungen aus Kiew, dass Präsident Wladimir Putin einen Doppelgänger benutze. Das seien «ziemlich seltsame» Äußerungen. Konkret ging es diesmal um einen Frontbesuch Putins in den besetzten Gebieten Cherson und Luhansk in den vergangenen Tagen. «Das war nicht der echte Putin», behauptete am Mittwoch der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates der Ukraine, Olexij Danilow. Der in Cherson gesichtete Putin sei «ein gewöhnliches Double gewesen, von denen es bekanntlich mehrere gibt».

Es gibt allerdings keinerlei Belege dafür, dass es tatsächlich einen Doppelgänger Putins bei offiziellen Terminen gibt. Tatsächlich hatte Putin auch einmal gesagt, dass ihm aus Sicherheitsgründen in der Vergangenheit die Nutzung eines Doubles bei offiziellen Terminen ans Herz gelegt worden sei. «Die Idee kam auf, aber ich habe auf Doppelgänger verzichtet», sagte er.

+++ Lichtschweif über Kiew womöglich durch Meteorit verursacht +++

Ein Meteorit hat womöglich einen rätselhaften Lichtschweif über der ukrainischen Hauptstadt Kiew kurz vor einem Luftalarm verursacht. «Das Ereignis hängt wahrscheinlich mit dem Eintritt eines Weltraumkörpers in die dichten Schichten der Atmosphäre zusammen», teilte die ukrainische Weltraumagentur am Donnerstag mit. Der Fall werde geprüft.

In der Nacht zum Donnerstag war um die Hauptstadt mit ihren rund drei Millionen Einwohnern ein langgezogener Lichtschweif zu sehen gewesen. Das Phänomen wurde auch im benachbarten Belarus beobachtet. Die Militärverwaltung Kiews hatte den einstündigen Luftalarm und den Lichtschweif anfänglich mit einem abstürzenden ausgemusterten Satelliten der US-Weltraumagentur Nasa begründet. Dieser war zu dem Zeitpunkt aber noch nicht in die Atmosphäre eingetreten.

+++ Stoltenberg sichert der Ukraine weitere Nato-Unterstützung zu +++

Bei seinem ersten Besuch in der Ukraine seit dem russischen Einmarsch hat Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg Kiew die Hilfe des Militärbündnisses «so lange wie nötig» zugesichert. «Der Ukraine steht ein Platz in der Nato zu», sagte der 64-Jährige auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Donnerstag in Kiew.

Dem Generalsekretär zufolge haben die Nato-Staaten seit Kriegsbeginn umgerechnet über 136 Milliarden Euro an Militärhilfe bereitgestellt. Stoltenberg besichtigte bei seinem Besuch auch die Kiewer Vororte Irpin und Butscha, die im Frühjahr 2022 von russischen Truppen besetzt waren und wo später die Leichen Hunderter Zivilisten gefunden worden waren.

Selenskyj bedankte sich für die durch Stoltenberg persönlich ausgesprochene Einladung zum Nato-Gipfel in Vilnius im Juli. «Für die Staatsführer ist die Zeit gekommen, die Perspektive eines Nato-Beitritts für die Ukraine zu bestimmen», sagte der 45-Jährige. Die Ukraine benötige auf dem Weg zur Nato-Mitgliedschaft auch Sicherheitsgarantien durch die Militärallianz.

+++ Nato-Generalsekretär zu Überraschungsbesuch in Kiew eingetroffen +++

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ist am Donnerstag überraschend zu einem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eingetroffen. Das bestätigte ein Sprecher des Verteidigungsbündnisses am Vormittag der Deutschen Presse-Agentur.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ist am Donnerstag überraschend zu einem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eingetroffen (Bild: REUTERS/Gleb Garanich)
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ist am Donnerstag überraschend zu einem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eingetroffen (Bild: REUTERS/Gleb Garanich)

Bei seinem ersten Besuch seit dem russischen Einmarsch vor knapp 14 Monaten ehrte der Generalsekretär die gefallenen ukrainischen Soldaten an der Außenmauer des zentralen St. Michaelsklosters. Weitere Programmpunkte waren zunächst unbekannt. Aus Bündniskreisen hieß es, geplante Treffen würden aus Sicherheitsgründen zunächst geheim gehalten.

Stoltenberg gilt seit Beginn des russischen Angriffskrieges als unermüdlicher Unterstützer der Ukraine und wirbt kontinuierlich für neue Waffenlieferungen an die ukrainischen Streitkräfte.

+++ USA kündigen neue Militärhilfe für Ukraine an +++

Die US-Regierung hat neue militärische Hilfe für die Ukraine in Höhe von 325 Millionen US-Dollar (knapp 297 Millionen Euro) angekündigt. In dem Paket enthalten seien vor allem Munition für Waffensysteme wie die Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars und Artilleriegeschosse, sagte die Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, Karine Jean-Pierre, am Mittwoch (Ortszeit). Die neue Hilfe kommt dem Weißen Haus zufolge aus Beständen des US-Militärs.

«Diese neue Sicherheitshilfe wird die Ukraine in die Lage versetzen, sich angesichts des brutalen, nicht provozierten und ungerechtfertigten Krieges Russlands weiterhin tapfer zu verteidigen», sagte US-Außenminister Antony Blinken. Die USA gelten als wichtigster Verbündeter der Ukraine im Abwehrkampf gegen die russische Invasion und unterstützen die Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs mit Militärhilfe in Milliardenhöhe.

Antony Blinken (Bild: ZHANG Xiaoyu/Pool via REUTERS)
Antony Blinken (Bild: ZHANG Xiaoyu/Pool via REUTERS)

+++ Selenskyj: Ukraine bereitet neue Truppen für Fronteinsatz vor +++

Die Ukraine bereitet nach den Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj neue Truppen für den Fronteinsatz vor. Konkret handelt es sich dabei um Grenztruppen, die er am Mittwoch in Wolhynien im Dreiländereck der Ukraine mit Belarus und Polen besucht hatte. Schon jetzt sind Grenztruppen der Ukraine an den Fronten im Einsatz, unter anderem in der schwer umkämpften Stadt Bachmut in der Ostukraine.

«Zusammen mit allen unseren Verteidigungs- und Sicherheitskräften kämpfen die Grenzsoldaten an der Front, auch in den schwierigsten Gebieten», sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. «Wir bereiten auch neue Einheiten - Grenzschutzeinheiten - darauf vor, sich unseren aktiven Operationen anzuschließen, sich der Bewegung anzuschließen, die wir nach und nach entwickeln.»

+++ Luftalarm in Kiew - Spekulation um Nasa-Satelliten +++

Ein ungewöhnlicher Lichtschweif am nächtlichen Horizont über Kiew hat in der ukrainischen Hauptstadt für Luftalarm gesorgt. Kurz darauf teilte die Militärverwaltung der Stadt auf Telegram mit, dass möglicherweise ein in die Erdatmosphäre eingetretener, ausgedienter Nasa-Satellit für dieses Phänomen gesorgt hatte. «Es wurde ein Luftangriffsalarm ausgerufen, um Opfer durch auf den Boden fallende Trümmer zu vermeiden», hieß es. Die Flugabwehr sei nicht aktiv geworden. Bei dem Satelliten handelt es sich möglicherweise um das Weltraumteleskop RHESSI, dessen Wiedereintritt in die Atmosphäre für die Nacht auf Donnerstag angekündigt war. Das Teleskop war im Februar 2002 ins All gebracht worden, die Mission endete im Oktober 2018.

+++ Kiew: Nur Putins Doppelgänger auf Frontbesuch +++

Nach Ansicht Kiews ist der russische Präsident Wladimir Putin bei seinem angeblichen Frontbesuch in den besetzten Gebieten der Ukraine von einem Doppelgänger vertreten worden. «Das war nicht der echte Putin», behauptete am Mittwoch der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates der Ukraine, Olexij Danilow, ohne Beweise im Fernsehen. «Um mit dem echten Putin sprechen zu können, muss man mindestens 10 bis 14 Tage in Quarantäne.» Der in Cherson gesichtete Putin sei «ein gewöhnliches Double gewesen, von denen es bekanntlich mehrere gibt».

Nach Danilows Worten sei Putin «ein verängstigter Mann», und die Vorstellung, dass er sich zu einem Besuch der Front entschlossen habe, sei schlicht unmöglich. Nach Kreml-Angaben vom Dienstag hatte Putin sowohl die besetzten Gebiete der Region Cherson im Süden als auch Luhansk im Osten der Ukraine besucht und sich mit führenden Militärs getroffen. Der genaue Zeitpunkt des angeblichen Besuchs wurde vom Kreml nicht genannt. Angaben aus dem Kriegsgebiet lassen sich nicht unabhängig überprüfen.