Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Donnerstag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Die aktuellen Entwicklungen im Ukraine-Krieg.
Die aktuellen Entwicklungen im Ukraine-Krieg.

Unser Ticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten Ereignisse des Tages nachlesen:

  • Neun Monate Krieg: Millionen Ukrainer sitzen frierend im Dunkeln

  • Russland weitet Gesetz über Verbot von «LGBT-Propaganda» stark aus

  • Russland will Schutzzone um AKW Saporischschja - aber nicht abziehen

  • Kiew begrüßt Polens Vorschlag für deutsche Luftabwehr in der Ukraine

  • Polens Regierungschef: Deutsche Luftabwehr in die Ukraine verlegen

  • London: Russland verlegt Luftlandetruppen in den Donbass

Die aktuelle Newslage im Livestream:

+++ Neun Monate Krieg: Millionen Ukrainer sitzen frierend im Dunkeln +++

Neun Monate nach dem Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine wird die Lage für die Zivilbevölkerung angesichts russischer Angriffe und winterlicher Temperaturen immer verzweifelter. Nach massiven Angriffen Russlands und Ausfällen der Strom- und Wasserversorgung liefen Reparaturarbeiten auf Hochtouren - die Lage blieb aber auch am Donnerstag äußerst angespannt.

Der Vizechef des Präsidentenbüros, Kyrylo Tymoschenko, sagte, das ukrainische Stromnetz sei wieder intakt. Wie viele Haushalte nach den Blackouts vom Vortag wieder mit Strom versorgt wurden, führte er aber nicht näher aus. Betroffen von den Angriffen war nämlich nicht nur das Netz, sondern vor allem die wichtigen Umspannwerke. Der staatliche Atomkonzern Enerhoatom kündigte an, die für die Stromerzeugung maßgeblichen Atomkraftwerke zum Abend wieder ans Netz zu bringen. Mehrere AKWs hatten sich im Zuge der Angriffe automatisch abgeschaltet.

+++ Litauens Präsident: EU muss Sanktionen gegen Russland anpassen +++

Litauens Staatspräsident Gitanas Nauseda hat die EU-Kommission dazu aufgefordert, ihren Sanktionskurs anzupassen und mehr Druck auf Russland auszuüben. Die Sanktionspolitik wirke sich manchmal stärker auf die Volkswirtschaften der EU-Staaten aus, während die Folgen für Russland ziemlich kontrovers seien, sagte er nach einem Treffen mit seinem rumänischen Amtskollegen Klaus Iohannis am Donnerstag in Vilnius.

Nauseda verwies als Beispiel auf die Finanzergebnisse von Gazprom, die alles andere als schlecht seien. Der russische Energieriese habe zwar viel weniger Gas verkauft, aber von dem starken Anstieg der Gaspreise profitieren können, sagte der Staatschef des baltischen EU- und Nato-Landes. Die EU-Kommission sollte daher die Auswirkungen der Sanktionspolitik bewerten und ihren Kurs in die erforderliche Richtung korrigieren.

+++ Putin fordert bessere Koordinierung in russischer Rüstungsindustrie +++

Russland braucht nach Worten von Präsident Wladimir Putin zur Versorgung seiner Streitkräfte im Ukraine-Krieg keine Kriegswirtschaft. Die Rüstungsindustrie solle die Truppe schneller und mit besseren Produkten beliefern, forderte der Kremlchef am Donnerstag in Moskau. Dafür seien aber keine außerordentlichen Maßnahmen notwendig. «Man muss die Arbeit nur genau, qualitätvoll, gut koordiniert organisieren», wurde er von der Agentur Tass zitiert. Dies werde der Rüstungsbranche wie den angeschlossenen zivilen Bereichen zugute kommen, sagte Putin bei einer Sitzung des vor gut einem Monat eingerichteten Koordinierungsrates für die Ausrüstung der Armee.

Putin nannte Uniformen und Ausrüstung der Soldaten, Rüstungsgüter, aber auch Sanitätswesen, Soldzahlungen und militärisches Bauwesen. Alles sei notwendig, «um unsere Streitkräfte mit dem zu versorgen, was sie für die militärische Spezialoperation brauchen». So wird in Russland der vor genau neun Monaten begonnene Angriffskrieg gegen die Ukraine genannt.

+++ Orban: Bremsen bei Nato-Beitritt von Schweden und Finnland nicht +++

Ungarn beabsichtigt nach Aussage von Ministerpräsident Viktor Orban weiterhin die Ratifizierung des Nato-Betritts von Finnland und Schweden. Seine Regierung habe sich bereits entschieden, sagte er nach Angaben der slowakischen Nachrichtenagentur TASR am Donnerstag nach einem Treffen mit den Regierungschefs der Slowakei, Polens und Tschechiens. «Wir haben Schweden und Finnland auch schon darüber informiert. Sie sind um keine einzige Sekunde der Mitgliedschaft gekommen», zitierte TASR den nationalkonservativen Politiker.

Orbans Regierung hatte den Entwurf des Ratifizierungsgesetzes tatsächlich schon vor Wochen im Parlament eingereicht. Allerdings setzte ihn die von Orbans Partei kontrollierte Volksvertretung bisher nicht auf die Tagesordnung. Auch die Ratifizierung durch die Türkei steht noch aus.

Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki sagte, Orban habe seinen Amtskollegen bei dem Treffen versprochen, dass die Ratifizierung bei der ersten Parlamentssitzung nach dem Jahreswechsel auf die Tagesordnung komme. «Zur Ratifizierung kommt es also in etwa einem Monat oder zwei», zitierte TASR den polnischen Ministerpräsidenten.

Die vier Regierungschefs der Visegrad-Gruppe (V4) trafen sich in der ostslowakischen Regionalhauptstadt Kosice. Der Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen waren das Hauptthema, wie das Regierungsamt in Bratislava mitteilte. Mit Ausnahme Tschechiens, das derzeit den EU-Vorsitz führt, grenzen die Länder der V4-Gruppe an die von Russland angegriffene Ukraine. Im Unterschied zu Ungarn gehören die drei slawischen V4-Länder zu den entschlossensten politischen und militärischen Unterstützern der Ukraine.

+++ Litauen: Hilfe für Energiesystem der Ukraine so wichtig wie Waffen +++

Litauen will der Ukraine nach den schweren russischen Raketenangriffen beim Wiederaufbau der Energieinfrastruktur helfen. Dies sei «genauso wichtig» wie die Lieferung von Waffen, sagte Regierungschefin Ingrida Simonyte laut der Agentur BNS am Donnerstag in Vilnius.

Russland führt seit neun Monaten einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Nach militärischen Rückschlägen setzt Moskau verstärkt auf die Zerstörung der ukrainischen Energieinfrastruktur. «Sie versuchen, den Menschen das Leben schwer zu machen. Natürlich ist dies eine bewusste Taktik Russlands», sagte Simonyte.

Nach Angaben des Energieministeriums hat Litauen bereits Sachmittel im Wert von drei Millionen Euro für die Wiederherstellung der zerstörten Energieinfrastruktur bereitgestellt. Weitere Hilfe im Wert von zwei Millionen Euro soll in Kürze folgen.

+++ Ukraine und Russland tauschen jeweils 50 Gefangene aus +++

Russland und die Ukraine haben innerhalb kurzer Zeit erneut Kriegsgefangene ausgetauscht. «Heute haben wir 50 ukrainische Kämpfer aus der russischen Gefangenschaft zurückgeholt», teilte der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, am Donnerstag in seinem Telegram-Kanal mit. Es handele sich um Nationalgardisten, Matrosen, Grenzer und Soldaten.

Auf russischer Seite hatte vorher bereits der von Moskau eingesetzte Donezker Besatzungschef Denis Puschilin über den Austausch informiert, der später auch vom russischen Verteidigungsministerium bestätigt wurde.

Die verfeindeten Staaten tauschen inzwischen häufiger Kriegsgefangene aus. Erst am Mittwoch waren insgesamt 71 Gefangene freigekommen. Insgesamt sind dem ukrainischen Koordinationsstab zufolge bereits 1269 Ukrainer freigekommen. Das nährt Gerüchte über intensivere Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien. Russland hat die Ukraine vor neun Monaten großflächig angegriffen und hält immer noch größere Teile des Nachbarlandes besetzt.

+++ Wasserversorgung in Kiew wieder hergestellt +++

Neben dem großflächigen Ausfall der Stromversorgung gab es infolge der russischen Angriffe auch vielerorts kein Trinkwasser. In Kiew brach zeitweise die Wasserversorgung komplett zusammen. Sie konnte am Donnerstag wiederhergestellt werden - doch brauche es eine gewisse Zeit, bis das Leitungssystem wieder mit voller Leistung arbeite, sagte Bürgermeister Vitali Klitschko.

Das russische Militär hatte am Mittwoch nach Angaben Kiews etwa 70 Raketen und Drohnen auf die Ukraine abgeschossen. Ziele waren wie bei den vorangegangenen Angriffen vornehmlich Objekte des Energiesektors. Zwar wurden nach Luftwaffenangaben 51 Raketen und 5 Drohnen abgefangen. Doch die übrigen Geschosse töteten zehn Menschen, darunter auch ein Baby.

+++ Russlands General Surowikin berüchtigt für Angriffe auf Zivilisten +++

Der Kommandeur der russischen Truppen in der Ukraine, General Sergej Surowikin, war bereits bei seinem Einsatz in Syrien für Angriffe auf zivile Ziele berüchtigt, um seine Gegner zu schwächen. Nach seiner Ernennung in der Ukraine Anfang Oktober sind Angriffe auf die kritische Infrastruktur des Landes zu einem festen Bestandteil der russischen Kriegsführung geworden.

+++ Moskau gibt Leiden der Zivilbevölkerung durch seine Angriffe zu +++

Der Kreml gab offen zu, dass die russischen Angriffe die Zivilbevölkerung hart treffen. Die ukrainische Führung könne die Leiden der Zivilbevölkerung leicht beenden, indem es «die Forderungen der russischen Seite erfüllt», sagte Kreml-Sprecher Dimitri Peskow am Donnerstag. Russland beschieße im Übrigen gar keine für das Gemeinwohl wichtigen Anlagen, behauptete Peskow. «Schläge auf soziale Objekte hat es nicht gegeben und gibt es nicht», sagte der Sprecher trotz der Zerstörungen von Krankenhäusern, Schulen und Wohnhäusern.

Kreml-Sprecher Dimitri Peskow (Bild: Sputnik/Sergey Bobylev/Pool)
Kreml-Sprecher Dimitri Peskow (Bild: Sputnik/Sergey Bobylev/Pool)

+++ Russlands UN-Botschafter will Kiew mit Bomben zu Realismus zwingen +++

Auch Moskaus UN-Botschafter Wassili Nebensja nahm kein Blatt vor den Mund. Russland werde das militärische Potenzial der Ukraine weiter dezimieren, bis Kiew eine «realistische Haltung» zu Verhandlungen einnehme, sagte Nebensja im Sicherheitsrat in New York. Die Angriffe auf die Infrastruktur seien die Antwort «auf das Vollpumpen des Landes mit westlichen Waffen und die unklugen Aufrufe, Kiew solle einen militärischen Sieg über Russland erringen», sagte er. Die Ukraine fordert den Abzug aller russischen Truppen.

+++ Russland weitet Gesetz über Verbot von «LGBT-Propaganda» stark aus +++

Russland schränkt die Rechte homosexueller und queerer Menschen mit einem neuen Gesetz drastisch weiter ein. Nach der Verabschiedung des Gesetzes über die so bezeichnete «LGBT-Propaganda» durch die Staatsduma am Donnerstag ist nun jegliche positive Darstellung etwa von lesbischer und schwuler Liebe strafbar. Betroffen sind beispielsweise Beiträge in sozialen Netzwerken, aber auch Inhalte von Büchern, Filmen, Medien und Werbung. Bislang galt das 2013 erlassene Verbot nur für Äußerungen und Darstellungen, die in Anwesenheit von Minderjährigen erfolgten. Bereits dagegen gab es immer wieder großen internationalen Protest.

Im Umgang mit Kindern und Jugendlichen wurde der Verbotskatalog nun auch noch einmal deutlich erweitert: So dürfen an Minderjährige keinerlei Informationen über Geschlechtsangleichungen weitergegeben werden, die sie zu einem solchen Schritt ermutigen könnten. Aktivisten haben bereits vor Monaten vor der nun eingetretenen Gesetzesverschärfung gewarnt und befürchten eine noch stärkere Diskriminierung von homosexuellen und queeren Menschen in Russland.

Bei Verstößen gegen die neuen Regelungen drohen hohe Geldstrafen - Bürgern bis zu 200 000 Rubel (knapp 3200 Euro), Unternehmen und Organisationen bis zu fünf Millionen Rubel (knapp 80 000 Euro). Kinofilmen wiederum soll die Verleihlizenz verwehrt werden, wenn sie aus Sicht der russischen Justiz «nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen fördern».

Viele kritisch eingestellte Kunst- und Kulturschaffende sind ohnehin bereits ins Ausland geflohen - auch angesichts des seit neun Monaten andauernden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Doch auch unter den Verbliebenen sorgt das neue LGBT-Gesetz für große Verunsicherung. So brachten nach Informationen der Zeitung «Kommersant» kürzlich mehrere Verlage in einem Brief an den russischen Buchverband Bedenken zum Ausdruck. Ein Verlag etwa habe angemerkt, dass ihm nun sogar die Erwähnung bestimmter historischer Fakten zum Verhängnis werden könnte.

+++ Russland will Schutzzone um AKW Saporischschja - aber nicht abziehen +++

Die russische Atombehörde Rosatom hat sich für die Einrichtung einer Schutzzone um das besetzte Kernkraftwerk Saporischschja im Süden der Ukraine ausgesprochen - allerdings zu Moskauer Bedingungen. «Wir glauben daran, wir brauchen sie, die Parameter sind klar und ein Gespräch mit Rafael Grossi (Chef der Internationalen Atombehörde IAEA) gab es», sagte Behördenchef Alexej Lichatschow am Donnerstag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge.

Lichatschow gab auch an, wie er sich die Schutzzone vorstelle: Demnach dürfe die Ukraine das Gelände weder beschießen noch versuchen, es zurückzuerobern. «Im Gegenzug, das ist klar, stationiert Russland dort keine Angriffswaffen und -kräfte, sondern nutzt nur Mittel zum physischen Schutz und der Bewachung der Anlage», sagte Lichatschow. Zugleich teilte der Rosatom-Direktor mit, alle elektrischen Leitungen um die Nuklearanlage herum seien beschädigt. Das Herunterfahren des Reaktors in den Kaltzustand biete nur «relative Sicherheit», warnte er.

Die russischen Vorstellungen einer Schutzzone unterscheiden sich deutlich von den Forderungen der IAEA. Diese hatte Moskau vor einer Woche zur Aufgabe des besetzten ukrainischen Atomkraftwerks aufgefordert. Auch die Ukraine fordert einen Abzug der russischen Truppen. Kiew und Moskau werfen sich seit Monaten immer wieder gegenseitig den Beschuss der Anlage vor.

+++ EU-Parlament billigt Milliarden-Darlehen für Ukraine +++

Das EU-Parlament hat Pläne für neue Milliardenkredite an die Ukraine gebilligt. Die bis zu 18 Milliarden Euro sollen es der von Russland angegriffenen Ukraine ermöglichen, laufende Ausgaben etwa für Krankenhäuser und Schulen zu decken. Das teilte das EU-Parlament am Donnerstag in Straßburg mit.

Einem Vorschlag der EU-Kommission zufolge wird das Darlehen an Bedingungen geknüpft. Die Ukraine soll etwa die Korruption stärker bekämpfen und Justizreformen anstoßen. Der Rat der Mitgliedsstaaten muss das Darlehen im Dezember noch einstimmig absegnen.

Seit Beginn des Krieges haben die EU und die Mitgliedstaaten den Angaben zufolge die Ukraine mit 19,7 Milliarden Euro unterstützt.

+++ Kiew zu 70 Prozent ohne Strom +++

Am Morgen nach den schweren russischen Raketenangriffen konnte die Strom- und Wasserversorgung in Kiew erst teilweise wieder hergestellt werden. «70 Prozent der Hauptstadt sind bisher ohne Elektrizität», teilte Bürgermeister Vitali Klitschko am Donnerstag auf seinem Telegram-Kanal mit. Immerhin sei es gelungen, die Stadtteile am linken Flussufer des Dnipro wieder mit Wasser zu versorgen. Die kommunalen Dienste arbeiteten mit Hochdruck an der Behebung der Schäden, doch die Stromversorgung Kiews hänge auch von der Stabilität des gesamten Energiesystems in der Ukraine ab.

Die Stadt ist während eines Stromausfalls nach einem russischen Raketenangriff unbeleuchtet (Bild: Andrew Kravchenko/AP/dpa)
Die Stadt ist während eines Stromausfalls nach einem russischen Raketenangriff unbeleuchtet (Bild: Andrew Kravchenko/AP/dpa)

Das russische Militär hatte am Mittwoch nach Angaben Kiews etwa 70 Raketen und Drohnen auf die Ukraine abgeschossen. Ziele waren wie bei den vorangegangenen Angriffen vornehmlich Objekte des Energiesektors. Nach Abschaltung der ukrainischen Kernkraftwerke infolge der Attacke kam es landesweit zu Stromausfällen.

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+++ Kiew begrüßt Polens Vorschlag für deutsche Luftabwehr in der Ukraine +++

Die Militärführung in Kiew hat sich für den polnischen Vorschlag ausgesprochen, die von Berlin angebotenen Luftabwehrsysteme vom Typ Patriot in der Ukraine zu stationieren. «Warum sollten sie in Polen stehen? Man kann sie im westlichen Teil der Ukraine aufstellen», sagte Luftwaffensprecher Jurij Ihnat am Donnerstag im Fernsehen. Damit würde Europa seinen Luftraum schon im Vorfeld schützen, argumentierte der ranghohe ukrainische Militärvertreter.

Die Patriot-Raketen hätten eine Reichweite von 150 Kilometern und ihre Treffsicherheit sei umso höher, je näher das Ziel sei, sagte er. Zusammen mit den schon bestehenden Luftabwehrsystemen S-300, Buk sowie Jagdgeschwadern der ukrainischen Luftwaffe könnten sie die Sicherheit am Himmel deutlich verbessern, meinte Ihnat.

In der vergangenen Woche war im polnischen Grenzgebiet zur Ukraine eine Rakete eingeschlagen, zwei Zivilisten kamen ums Leben. Derzeit nimmt der Westen an, dass es eine ukrainische Flugabwehrrakete war, die zur Verteidigung gegen Angriffe des russischen Militärs eingesetzt wurde. Berlin hat Warschau nach dem Vorfall angeboten, Luftabwehrraketen vom Typ Patriot aus deutschen Beständen an der polnischen Grenze zu stationieren. Polen schlug am Mittwoch vor, die Waffen gleich im grenznahen Westen der Ukraine aufstellen zu lassen.

+++ Polens Regierungschef: Deutsche Luftabwehr in die Ukraine verlegen +++

Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki hat sich auch dafür ausgesprochen, die von Deutschland angebotenen Flugabwehrsysteme direkt in der Ukraine zu stationieren. Dies sei ein guter Vorschlag, um zugleich «das westliche ukrainisch-polnische Grenzgebiet und das östliche polnisch-ukrainische Grenzgebiet» zu schützen, sagte Morawiecki am Donnerstag in Warschau. Zuvor hatte Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak am Mittwochabend die Verlegung in die Ukraine angeregt. «Dies würde es ermöglichen, die Ukraine vor weiteren Opfern und Stromausfällen zu bewahren und die Sicherheit an unserer Ostgrenze zu erhöhen», schrieb er auf Twitter.

Erst am Montag hatten Blaszczak und Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) einen gemeinsamen Schutz des polnischen Luftraums vereinbart. Demnach sollte der Nato-Partner Flugabwehrsysteme vom Typ Patriot erhalten, zudem wollte die Luftwaffe die Luftraumüberwachung mit Eurofightern unterstützen.

Vor Blaszczak hatte bereits der Chef der nationalkonservativen Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski, gesagt, «für die Sicherheit Polens» wäre es besser, wenn die Deutschen die Patriots der Ukraine überließen. Polens Opposition kritisierte den Vorstoß. Dies sei die Idee der PiS-Regierung, um den deutschen Vorschlag de facto abzulehnen, dies aber nicht laut zu sagen, sagte Ex-Präsident Bronislaw Komorowski am Donnerstag dem Radiosender Rmf.fm. «Es ist schwierig, deutsche Hilfe anzunehmen und gleichzeitig Deutschland in der Politik zu bespucken, wo immer man kann, und ihm fast aggressive Absichten gegenüber Polen zu unterstellen».

In der vergangenen Woche war im polnischen Grenzgebiet zur Ukraine eine Rakete eingeschlagen, zwei Zivilisten starben. Derzeit nimmt der Westen an, dass es eine ukrainische Flugabwehrrakete war, die zur Verteidigung gegen Angriffe des russischen Militärs eingesetzt wurde.

+++ London: Russland verlegt Luftlandetruppen in den Donbass +++

Russland hat nach britischer Einschätzung große Teile seiner Luftlandeeinheiten in die Ostukraine verlegt. Potenzielle Einsatzgebiete seien die Verteidigungsstellungen in der Gegend um die Städte Swatowe und Kreminna im Gebiet Luhansk oder auch bei der andauernden russischen Offensive gegen die Stadt Bachmut im Gebiet Donezk, teilte das Verteidigungsministerium in London am Donnerstag unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit. Im September und Oktober seien die Truppen zur Verteidigung westlich des Flusses Dnipro im südukrainischen Gebiet Cherson eingesetzt worden.

Einige der stark geschwächten Luftlandeeinheiten (WDW) wurden nach britischen Angaben mit mobilisierten Reservisten aufgefüllt. «Obwohl dieses schlecht ausgebildete Personal die vermeintlichen Elitefähigkeiten der WDW verwässern wird, wird Russland diese Einheiten wahrscheinlich immer noch Abschnitten zuweisen, die als besonders wichtig erachtet werden», hieß es in London.

Die russischen Luftlandetruppen gelten als Eliteeinheit und stellen eine eigene Truppengattung der Streitkräfte dar. Zu Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine vor neun Monaten sollten sie gemeinsam mit Bodentruppen die Hauptstadt Kiew erobern, wurden aber zurückgeschlagen.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.

+++ Stromausfall in der Ukraine: Noch kein großer Flüchtlingsandrang +++

Die jüngsten russischen Angriffe auf Elektrizitätswerke und andere Infrastruktureinrichtungen in der Ukraine haben bisher nicht dazu geführt, dass deutlich mehr Menschen aus dem Land in Deutschland Zuflucht suchen. Seit dem Höhepunkt im März sei die Zahl der bei der Einreise nach Deutschland oder im Inland von der Bundespolizei festgestellten Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine gesunken, teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage mit. In den vergangenen Wochen seien zwar «geringe Zunahmen bei den festgestellten Ankunftszahlen zu verzeichnen». Aus dieser Entwicklung lasse sich jedoch noch kein Trend ablesen.

Der Sprecher wies allerdings darauf hin, dass keine gesicherten Informationen zur genauen Zahl der als Folge des Krieges eingereisten Menschen vorliegen. Das hat damit zu tun, dass ein Großteil von ihnen ohne Visum einreisen kann. Außerdem gibt es keine stationären Grenzkontrollen, etwa an der Grenze zu Polen.

Nach einer Auswertung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) waren am 21. November insgesamt 1 026 599 Menschen im Ausländerzentralregister erfasst, die im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg seit dem 24. Februar 2022 nach Deutschland eingereist sind. Es ist allerdings davon auszugehen, dass dort auch noch die Daten von einigen Ukrainerinnen und Ukrainern gespeichert sind, die Deutschland bereits wieder verlassen haben.

Durch die russischen Angriffe auf das Elektrizitätsnetz hat die Ukraine mit Stromausfällen sowie mit Problemen bei Heizung, Wasser- und Gasversorgung zu kämpfen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Dienstag die Einrichtung von mehr als 4000 Wärmestuben für die von Kälte und Dunkelheit geplagte Bevölkerung angekündigt. «Alle grundlegenden Dienstleistungen werden dort bereitgestellt», sagte er in einer Videoansprache. Dazu zählten Strom, mobile Kommunikation sowie Internet, Wärme, Wasser und Erste Hilfe.

+++ Amnesty beklagt Repressalien gegen Medien bei Protesten in Russland +++

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat eine massive Behinderung von Medien und Menschenrechtlern beklagt, die in Russland über Anti-Kriegs-Proteste berichten. «Wir können sehen, dass die russischen Behörden nicht nur alles daransetzen, jeden noch so friedlichen Protest zu unterbinden und hart zu bestrafen. Sie versuchen außerdem zu verhindern, dass solche Proteste überhaupt öffentlich bekannt werden», sagte Natalia Prilutskaja, Russland-Expertin bei Amnesty International laut einer Pressemitteilung der Organisation vom Donnerstag.

Die Rechte von Medien und Aktivisten sieht Amnesty zwar bereits seit Beginn der Amtszeit von Kremlchef Wladimir Putin im Jahr 2000 zunehmend eingeschränkt. Doch seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar dieses Jahres hätten die Repressalien noch einmal «erheblich zugenommen». Neben zunehmender Gewalt gegenüber Journalisten und unabhängigen Beobachtern bei Protesten durch die Polizei beklagte die NGO vor allem gesetzliche Einschränkungen.

So war etwa kurz nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine in Russland ein viel kritisiertes Gesetz in Kraft getreten, auf dessen Grundlage Medien und Einzelpersonen für die Verbreitung von «Diskreditierungen der russischen Armee» hohe Strafen drohen. Unter diese Formulierung können praktisch alle Nachrichten fallen, die mit Blick auf den Krieg in der Ukraine, der in Moskau offiziell weiter nur als «militärische Spezialoperation» bezeichnet werden darf, nicht die offizielle Kreml-Darstellung widerspiegeln.