Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Freitag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

Unser Ticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten Ereignisse des Tages nachlesen:

  • Kreml will nichts mit Absturz von Prigoschin-Flugzeug zu tun haben

  • Bundesregierung: Gewaltsamer Tod Prigoschins wäre nicht überraschend

  • Prigoschins Tod gibt weiter Rätsel auf

  • Putin spricht in Vergangenheitsform von Prigoschin

  • Heineken verlässt Russland - Ein Euro für Brauereien

  • Tschetschenen-Führer Kadyrow trauert öffentlich um Prigoschin

Die aktuelle News-Lage im Livestream:

+++ Kreml will nichts mit Absturz von Prigoschin-Flugzeug zu tun haben +++

Zwei Tage nach dem mutmaßlichen Tod von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin bei einem Flugzeugabsturz hat der Kreml Anschuldigungen über eine Verwicklung zurückgewiesen. Was die einst im russischen Angriffskrieg in der Ukraine unentbehrliche Söldnertruppe Wagner nun erwartet, ist ungewiss. Russland meldete unterdessen ukrainische Drohnenangriffe auf die bereits 2014 völkerrechtswidrig annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim.

«Das ist eine absolute Lüge», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag in Moskau über die Anschuldigungen gegen den Kreml, in den Tod Prigoschins verwickelt zu sein. Rund um den Absturz gebe es viele Spekulationen, die «im Westen aus einer bestimmten Ecke befeuert» würden, wurde Peskow von russischen Nachrichtenagenturen zitiert. Auch der Kreml habe noch keine Bestätigung für den Tod Prigoschins. Peskow riet dazu, die Ergebnisse der Untersuchungen abzuwarten. «Wenn die offiziellen Ergebnisse zur Veröffentlichung bereit sind, werden sie auch veröffentlicht», sagte er.

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+++ Litauen: Veränderungen in Wagner-Gruppe erkennbar +++

Litauen beobachtet nach dem mutmaßlichen Tod des russischen Söldnerführers Jewgeni Prigoschin die Aktivitäten von dessen Wagner-Gruppe im benachbarten Belarus ganz genau. «Wir können bereits die Veränderungen sehen, wir können die Aufspaltung sehen, wir können die Versuche sehen, Belarus in Richtung Russland zu verlassen. Es passieren alle möglichen Arten von Dingen», sagte Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas am Freitag bei einem Besuch in der Grenzregion im Südosten des baltischen EU- und Nato-Landes. Dort hielten der litauische Grenzschutz und die Armee gemeinsam eine taktische Übung ab.

Prigoschin soll am Mittwochabend bei einem Flugzeugabsturz in Russland ums Leben gekommen sein. Der Passagierliste zufolge zählten er und andere Führungsmitglieder der Privatarmee Wagner zu den zehn Opfern. Eine offizielle Bestätigung seines Todes steht aber noch aus.

Litauen ist wie Polen und Lettland besorgt wegen Aktivitäten der Wagner-Truppe im eng mit Russland verbündeten Belarus. Deren Söldner hatten nach dem gescheiterten Aufstand gegen Moskau ihr Lager im Nachbarland der EU- und Nato-Staaten aufgeschlagen.

Auf die Frage, was aus der Wagner-Gruppe nach dem mutmaßlichen Tod ihres Chefs werden könnte, antwortete Anusauskas ausweichend. «Ich kann nur sagen, dass jeder Prigoschin durch einen neuen Prigoschin ersetzt wird», sagte er litauischen Medienberichten zufolge. Dessen Platz könne einfach von anderen Leuten mit Verbindungen zum russischen Verteidigungsministerium eingenommen werden.

Anusauskas sagte weiter: Auch wenn die Wagner-Gruppe «gefährlich» sei, hänge die Lage an der litauischen Grenze eng mit der allgemeinen Sicherheitslage in der Region zusammen, welche im Wesentlichen durch Russlands Krieg in der Ukraine bestimmt werde.

+++ Trümmer von Prigoschins abgestürztem Jet werden abtransportiert +++

Zwei Tage nach dem mutmaßlichen Tod des russischen Söldnerführers Jewgeni Prigoschin bei einem Flugzeugabsturz sind die Trümmer der Maschine zu Untersuchungen abtransportiert worden. Das meldete die staatliche Nachrichtenagentur Ria am Freitag von der Unfallstelle im Gebiet Twer. Ein Video der Agentur zeigte, wie ein großes Wrackteil verhüllt auf einem Lastwagen weggefahren wurde. Die Teile würden in eine Fahrzeugreparaturwerkstatt der Armee gebracht, berichtete die kremlnahe Zeitung «Iswestija».

Auf dem Telegram-Kanal des russischen Militärbloggers Rybar zeigte ein Video, wie eine Tragfläche des Geschäftsfliegers aus einem dichten Waldstück gezogen wird.

+++ Slowakei macht sich von russischem Brennstoff für AKW unabhängig +++

Die Slowakei macht sich von russischen Uranlieferungen für ihre Atomkraftwerke unabhängig. Die teilstaatliche Betreiberfirma Slovenske elektrarne gab am Freitag bekannt, sie habe dafür einen Vertrag mit der US-Firma Westinghouse über die Lieferung von Brennstäben unterschrieben. Bisher bezog die Slowakei die Brennstäbe für ihre insgesamt fünf in Betrieb befindlichen Atomreaktoren in Jaslovske Bohunice und Mochovce ausschließlich aus Russland.

Unmittelbar nach Beginn der russischen Invasion der Ukraine hatte die Slowakei eine Ausnahmevereinbarung von den EU-Sanktionen und der Luftraumsperre für russische Flugzeuge genutzt, um noch größere Reserven an Brennstoffen aus Russland anzuschaffen. Damit hofft sie, nun die Übergangsphase bis zu den ersten Westinghouse-Lieferungen zu überbrücken.

+++ Angriff auf ukrainische Frauen sorgt für Empörung in Tschechien +++

In Tschechien hat ein brutaler Angriff auf zwei Ukrainerinnen am Rande eines Jahrmarkts für Empörung gesorgt. Knapp zwei Wochen nach der Tat schickte ein Gericht in Pilsen (Plzen) nun einen Verdächtigen in Untersuchungshaft. Das teilte die Polizei am Freitag mit. Dem 48-Jährigen werde Körperverletzung und Störung des öffentlichen Friedens vorgeworfen. Nach zwei mutmaßlichen Komplizen werde weiter gefahndet.

Nach Medienberichten hatten die beiden Ukrainerinnen mit ihren Kindern einen Jahrmarkt in Plasy, rund 20 Kilometer nördlich von Pilsen, besucht. Als sie am Straßenrand saßen, soll ein Mann aus seinem Auto gestiegen sein und gefragt haben, ob sie aus der Ukraine stammten. Dann sollen er und zwei weitere Männer auf die Frauen eingeschlagen haben. Eine von ihnen erlitt einen Kiefer- und Nasenbruch.

Die tschechische Menschenrechtsbeauftragte Klara Simackova-Laurencikova erklärte es für «absolut inakzeptabel», dass jemand nur aufgrund seiner Nationalität attackiert werde. «Ich wünsche den Frauen eine baldige Genesung und ihren Kindern, die den Angriff mitansehen mussten, viel Kraft», schrieb sie im sozialen Netzwerk X. Die Polizei werde weder Hassrede noch Hasstaten tolerieren, betonte Innenminister Vit Rakusan.

+++ Brandsatz an russischer Nachrichtenagentur - Angeklagter schweigt +++

Nach einem versuchten Brandanschlag auf ein Gebäude einer russischen Nachrichtenagentur in Berlin-Steglitz hat der Prozess gegen einen 55-Jährigen begonnen. Die Anklage gegen den russischen Staatsangehörigen lautet unter anderem auf versuchten Mord und versuchte schwere Brandstiftung. Die Verteidiger erklärten am Freitag zu Beginn des Prozesses vor dem Berliner Landgericht, ihr Mandant werde zunächst schweigen. Im Ermittlungsverfahren soll der Angeklagte die Vorwürfe zurückgewiesen und von einer Intrige gegen ihn gesprochen haben.

Der Mann soll im Frühjahr vorigen Jahres eine unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung (USBV) gebaut und in dem Kellerschacht eines Mehrfamilienhauses, das von Mitarbeitern der russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti bewohnt wurde, angebracht haben. Er habe gewusst, dass das Haus «von mehreren Personen, darunter einem vierjährigen Mädchen, bewohnt wurde», heißt es in der Anklage der Generalstaatsanwaltschaft Berlin.

Von einem Mordversuch mit «gemeingefährlichen Mitteln» geht die Behörde aus. Der Brandsatz sei jedoch aus unbekannten Gründen nicht gezündet. Die Vorrichtung sei erst Tage später entdeckt und von Spezialisten des Landeskriminalamtes Berlin entschärft worden.

Laut Generalstaatsanwaltschaft habe der Mann nach seiner Festnahme behauptet, Opfer einer Intrige russischer Nachrichtendienste geworden zu sein. Umfangreiche Ermittlungen hätten «dafür jedoch keine Anhaltspunkte erbracht», so die Behörde bei Anklageerhebung. Der Angeklagte soll kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine in sozialen Medien über das später betroffene Wohnhaus berichtet und dabei erklärt haben, von dort werde «Krieg gegen uns alle» geführt. Er sei allerdings in der Oppositionsszene nicht unumstritten gewesen, so die Behörde.

+++ Bundesregierung: Gewaltsamer Tod Prigoschins wäre nicht überraschend +++

Nach dem mutmaßlichen Tod des russischen Söldnerführers Jewgeni Prigoschin hält es die Bundesregierung für denkbar, dass der Absturz seines Flugzeugs mutwillig herbeigeführt worden ist. «Besonders überraschend wäre ein gewaltsames Ende Prigoschins nicht», sagte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner am Freitag in Berlin. Gleichzeitig betonte er, dass die Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse über die Umstände des Vorfalls habe. Der Chef der Privatarmee Wagner soll am Mittwochabend beim Absturz eines Flugzeugs in Russland ums Leben gekommen sein.

+++ Verdacht auf Geheimdienstarbeit für Russland: Festnahmen in Lettland +++

In Lettland haben die Sicherheitsbehörden vier Personen wegen des Verdachts der Zusammenarbeit mit dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB festgenommen. Im Auftrag des FSB sollten die lettischen Staatsbürger Aktivitäten unternommen haben, die gegen die Sicherheit Lettlands und dessen Bevölkerung gerichtet waren. Dies teilte die Sicherheitspolizei des EU- und Nato-Landes am Freitag in Riga mit. Demnach ist am 1. August ein Strafverfahren gegen die Verdächtigen eingeleitet worden, von denen sich drei weiterhin in Untersuchungshaft befinden.

Bei Durchsuchungen an landesweit 14 Orten seien auch zahlreiche Datenträger und Dokumente sichergestellt worden. Zudem wurden Geräte gefunden, bei denen es sich vermutlich um Güter von strategischer Bedeutung handele, die den Behörden zufolge für rechtswidrige operative Tätigkeiten genutzt werden könnten. Nähere Angaben machte die Sicherheitspolizei aus Rücksicht auf laufende Ermittlungen nicht.

+++ Kreml: Putin fährt nicht zu G20 nach Indien +++

Der russische Präsident Wladimir Putin wird nicht zum Gipfeltreffen der Zwanzigergruppe wichtiger Industrie- und Schwellenländer (G20) Anfang September in Indien fahren. Reisen stünden derzeit nicht im Terminkalender, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag in Moskau. Putin konzentriere sich auf die militärische Spezialoperation, wie Moskau den Angriffskrieg gegen die Ukraine nennt.

Putin habe gerade erst per Videoschaltung am Gipfeltreffen der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) teilgenommen, sagte Peskow russischen Agenturmeldungen zufolge. Die Form seiner Teilnahme am G20-Gipfel werde geklärt. Das Treffen findet am 9./10. September in Neu-Delhi statt. Putin war auch nicht zum Gipfel der Gruppe im vergangenen Jahr nach Indonesien geflogen.

+++ US-Institut: Prigoschins Tod beendet Wagners Unabhängigkeit +++

Der mutmaßliche Tod des Söldnerführers Jewgeni Prigoschin bedeutet nach Einschätzung von US-Militärexperten wohl das Ende der Wagner-Gruppe als quasi-unabhängige Privatarmee. Der Verlust der zentralen Führungsfigur schwäche ihre Fähigkeit, der Kampagne des Kremls und des russischen Verteidigungsministeriums entgegenzutreten, die die Gruppe nach ihrer Rebellion am 24. Juni destabilisieren und zerstören wollten, schrieb das US-Institut für Kriegsstudien ISW in seiner Analyse am Donnerstag (Ortszeit).

Berichten zufolge habe das Ministerium bereits selbst private Militärgruppen eingerichtet, welche derzeitiges und früheres Wagner-Personal rekrutierten, hieß es weiter. Dabei gehe es um die Kontrolle von Wagner-Operationen im Ausland. Unklar sei, ob der Kreml Wagner komplett auflösen oder als kleinere, dem Verteidigungsministerium unterstehende Organisation neu aufstellen wolle. Dass Wagner als quasi-unabhängige Gruppe mit neuer, kremltreuer Führung erhalten bleibe, sei als dritte Option zwar möglich, aber nach ISW-Einschätzung unwahrscheinlich.

Die US-Experten verwiesen darauf, dass sich Wagners Kommandantenrat seit Prigoschins mutmaßlichem tödlichen Flugzeugabsturz noch nicht öffentlich zur Zukunft der Gruppe geäußert hat. Dies könne für ein allgemeines Chaos innerhalb der Befehlsränge sprechen oder für eine explizite Schweige-Anweisung russischer Autoritäten, schrieb das ISW. Wladimir «Putins fast sichere Ermordung von Wagners Führung hat sehr deutlich gemacht, dass der Kreml nach außen hin feindselig gegenüber denen sein wird, die versuchen, die Unabhängigkeit ihrer eigenen parallelen Militärstrukturen zu sichern», hieß es in der Analyse.

+++ Prigoschins Tod gibt weiter Rätsel auf +++

Zwei Tage nach dem mutmaßlichen Tod des russischen Söldnerführers Jewgeni Prigoschin bei einem Flugzeugabsturz herrscht noch immer keine Klarheit über die Umstände. Russlands Präsident Wladimir Putin bestätigte am Donnerstagabend nur indirekt den Tod seines einstigen Günstlings, der als Chef der Privatarmee Wagner zwei Monate zuvor gegen ihn gemeutert hatte. Allerdings geht auch die US-Regierung nach Medienberichten davon aus, dass Prigoschin bei dem Absturz am Mittwochabend ums Leben kam.

Der Chef der Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, soll bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen sein. (Bild: REUTERS/Alexander Ermochenko)
Der Chef der Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, wurde für tot erklärt (Bild: REUTERS/Alexander Ermochenko)

Die USA kündigten unterdessen an, im September mit der Ausbildung ukrainischer Piloten auf dem Kampfjet F-16 zu beginnen. Um dieses Flugzeug hatte Kiew lange gebeten, nun soll es die ukrainische Luftwaffe endlich bekommen - nach den Niederlanden und Dänemark kündigte am Donnerstag auch Norwegen an, F-16-Jets zur Verfügung zu stellen.

Mutmaßlicher Tod Prigoschins: Was wir wissen - und was nicht

Präsident Wladimir Putin hatte seine Armee am 24. Februar 2022 in das Nachbarland einmarschieren lassen. Anderthalb Jahre später wurde am Donnerstag der Unabhängigkeitstag der Ukraine gefeiert, zu dem Präsident Wolodymyr Selenskyj einen Glückwunsch-Anruf seines wohl wichtigsten Unterstützers bekam. US-Präsident Joe Biden versprach ihm nach Angaben des Weißen Hauses, die Verteidigungsbemühungen der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland so lange wie nötig zu unterstützen. Derweil wurde über Odessa und der russisch besetzten Schwarzmeer-Halbinsel Krim in der Nacht zu Freitag Luftalarm ausgelöst.

+++ Putin spricht in Vergangenheitsform von Prigoschin +++

Eine offizielle Identifizierung der Leiche Prigoschins durch die russischen Behörden stand bis Freitag noch aus. Putin sprach indes schon in der Vergangenheitsform von dem «talentierten Geschäftsmann» und Söldnerführer. «Er war ein Mensch mit einem schwierigen Schicksal, und er hat ernsthafte Fehler gemacht», sagte er. Während der Meuterei der Wagner-Kämpfer gegen die russische Führung im Juni hatte Putin seinem langjährigen militärischen Handlanger Prigoschin Verrat vorgeworfen, ihm und seinen Gefolgsleuten dann aber die Ausreise nach Belarus ermöglicht.

Bei dem Flugzeugabsturz kamen zehn Menschen ums Leben. An Prigoschins Firmensitz in St. Petersburg und in anderen russischen Städten legten Trauernde Blumen nieder. Prigoschin und seine Wagner-Truppe hatten zwar wegen ihrer verdeckten Auslandseinsätze und wegen ihrer Brutalität auch im Inland keinen guten Ruf. Doch seine Kritik an Fehlern der russischen Militärführung machte ihn für viele Russen auch zu einem Helden. In sozialen Medien wurde der Vorwurf erhoben, das vermeintliche Flugzeugunglück sei in Wahrheit ein Attentat auf Prigoschin gewesen - eine Einschätzung, die auch viele westliche Politiker und Militärexperten vertreten.

+++ Auch USA vermuten Attentat +++

Die «New York Times» und andere US-Medien berichteten unter Berufung auf US-Geheimdienstkreise, dass vermutlich eine Explosion an Bord des Flugzeugs den Absturz ausgelöst habe. Eine endgültige Schlussfolgerung sei noch nicht gezogen, eine Explosion aber derzeit die wahrscheinlichste Begründung, schrieb die «New York Times». Ein Sprecher des US-Verteidigungsministerium sagte, es gebe keine Hinweise, dass der Jet von einer Boden-Luft-Rakete getroffen worden sei. Dies hatten Prigoschin nahestehende Webseiten und Kanäle in sozialen Medien gemutmaßt.

In Deutschland sieht SPD-Chef Lars Klingbeil in dem mutmaßlichen Attentat ein Anzeichen für Putins schwindende Macht. «Wenn das am Ende alles so stimmt, wie wir gerade vermuten, ist das ein weiteres Indiz dafür, dass Putin nicht mehr alles im Griff hat, dass Putin nicht mehr in Russland alles steuern kann - nur noch mit Terror und mit Unterdrückung», sagte Klingbeil in Lüneburg bei «RND vor Ort», einer Veranstaltung des Redaktionsnetzwerks Deutschland. «Das ist erstmal auch ein Zeichen, das ein bisschen Optimismus gibt, dass dort langsam dieses System Putin auseinanderfällt.»

+++ Heineken verlässt Russland - Ein Euro für Brauereien +++

Der niederländische Braukonzern Heineken hat den Verkauf seiner Aktivitäten in Russland abgeschlossen und wird das Land endgültig verlassen. Die russische Arnest Group werde alle Anteile, darunter sieben Brauereien, zum symbolischen Preis von einem Euro übernehmen, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Heineken erwartet einen Verlust von rund 300 Millionen Euro. Alle rund 1800 Mitarbeiter sollen ihren Arbeitsplatz behalten.

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+++ Tschetschenen-Führer Kadyrow trauert öffentlich um Prigoschin +++

Der tschetschenische Machthaber Ramsan Kadyrow hat den mutmaßlichen Tod des russischen Söldnerführers Jewgeni Prigoschin öffentlich betrauert. «Sein Tod ist ein großer Verlust für den ganzen Staat», schrieb er in der Nacht zum Freitag auf seinem Telegram-Kanal, kurz nachdem Russlands Präsident Wladimir Putin von einer Tragödie gesprochen hatte. Den Angehörigen sprach er sein Beileid aus. Kadyrow und Prigoschin waren beide mit ihnen unterstellten Truppen an Russlands Angriffskrieg in der Ukraine beteiligt. Dabei waren sie eine Zeit lang in ihrer Kritik gegen die russische Militärführung vereint, zerstritten sich am Ende aber schwer.

Tschetschenen-Führer Ramzan Kadyrow (Bild: REUTERS/Chingis Kondarov)
Tschetschenen-Führer Ramzan Kadyrow (Bild: REUTERS/Chingis Kondarov)

«Wir waren seit langer Zeit befreundet», behauptete Kadyrow nun, zwei Tage nachdem Prigoschin mutmaßlich bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen war. Auf Telegram postete er ein Foto, das ihn bei der Entgegennahme eines Ordens der Söldnertruppe Wagner aus den Händen Prigoschins zeigt. Auf den Konflikt ging er nur am Rande ein. Prigoschin habe in den letzten Monaten das große Gesamtbild aus den Augen verloren. «Ich habe ihn gebeten, seine persönlichen Ambitionen hintenan zu stellen zugunsten von Angelegenheiten höchster Wichtigkeit für den Staat», schrieb er.

Tatsächlich galten Kadyrow und Prigoschin beide als Hardliner und forderten ein noch härteres Vorgehen Moskaus in der Ukraine. Viele Beobachter bezeichneten die Allianz der beiden allerdings als befristet, gehe es bei ihrer Kritik an der Militärführung doch vor allem darum, Vorteile für die eigenen Truppenteile herauszuschlagen. Tatsächlich endete das Bündnis, als Prigoschin Kadyrows Achmat-Truppen dafür kritisierte, nie an vorderster Front zu kämpfen. Daraufhin drohten die tschetschenischen Einheiten dem Wagner-Chef unter anderem Gewalt an.

+++ London: Prigoschin ist «sehr wahrscheinlich» tot +++

Der russische Söldnerführer Jewgeni Prigoschin ist nach Einschätzung britischer Geheimdienste «sehr wahrscheinlich» tot. Zwar gebe es noch keinen endgültigen Beweis, dass Prigoschin an Bord des abgestürzten Flugzeugs gewesen sei, zumal er stets außergewöhnliche Sicherheitsmaßnahmen ergreife, betonte das britische Verteidigungsministerium am Freitag. Doch Prigoschins Tod würde die Privatarmee Wagner zutiefst destabilisieren, hieß es in London weiter.

«Seine persönlichen Eigenschaften wie Hyperaktivität, außergewöhnliche Kühnheit, Ergebnisorientierung und extreme Brutalität haben Wagner geprägt und dürften von keinem Nachfolger erreicht werden», teilte das britische Ministerium weiter mit. Das Führungsvakuum bei Wagner würde sich noch verschärfen, wenn Berichte zuträfen, dass Gründer und Feldkommandant Dmitri Utkin und Logistikchef Waleri Tschekalow tot sind.

+++ Russland meldet Abwehr nächtlicher Drohnen- und Raketenangriffe +++

Russland hat eigenen Angaben zufolge in der Nacht eine Welle ukrainischer Raketen- und Drohnenangriffe abgewehrt. «Durch Feuereinwirkung wurden über dem Gebiet der Republik Krim neun Drohnen vernichtet, 33 wurden durch elektronische Kampfführung abgelenkt und sind abgestürzt, ohne ihr Ziel zu erreichen», teilte das russische Verteidigungsministerium am Freitagmorgen auf seinem Telegram-Kanal mit. Zuvor hatte das Militär bereits den Abschuss einer Rakete über dem Gebiet Kaluga südlich von Moskau vermeldet. Unabhängig lassen sich diese Angaben nicht überprüfen.

In der Nacht hatte Michail Raswoschajew, der von Russland eingesetzte Gouverneur der Hafenstadt Sewastopol auf der seit 2014 von Moskau annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim, von Angriffen berichtet. Die Drohnen seien über dem Meer abgeschossen worden. Schäden an der Infrastruktur gebe es nicht, schrieb er auf Telegram. Zuletzt gab es verstärkt Meldungen über ukrainische Angriffe auf militärische Objekte der Krim.