Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Mittwoch

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Krieg in der Ukraine. (Bild: Getty Images)
Krieg in der Ukraine. (Bild: Getty Images)

Der Ticker ist für heute beendet.

  • Militärverwaltung: Cherson plant Referendum für Russland-Beitritt

  • Selenskyj fordert von UN Bestrafung Moskaus

  • Nato: Abschreckungspotenzial an Ostflanke drastisch hochfahren

  • Nato-Beitritt von Schweden und Finnland rückt näher

  • Ukraine klagt gegen Russland wegen Krieg vor Menschenrechtsgericht

Die aktuelle News-Lage im Livestream:

+++ Militärverwaltung: Cherson plant Referendum für Russland-Beitritt +++

Das von russischen Truppen besetzte Gebiet um die ukrainische Stadt Cherson bereitet laut der prorussischen Militärverwaltung ein Referendum für einen Beitritt zu Russland vor. Das sagte der Vizechef der Militär- und Zivilverwaltung von Cherson, Kirill Stremoussow, in einem am Mittwoch beim Nachrichtendienst Telegram veröffentlichten Video. «Ja, wir bereiten uns auf ein Referendum vor - und wir werden es abhalten.» Cherson solle «ein vollwertiges Mitglied» Russlands werden. Nach früheren Angaben sollte es im Herbst stattfinden.

Am Dienstag war bekannt geworden, dass russische Besatzungstruppen den gewählten Bürgermeister der Großstadt Cherson, Igor Kolychajew, festgenommen haben.

+++ Selenskyj fordert von UN Bestrafung Moskaus +++

Bei einem überraschenden Auftritt vor dem UN-Sicherheitsrat hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gefordert, Russland als «Terrorstaat» zu bestrafen. Russland müsse aus dem Sicherheitsrat ausgeschlossen werden, sagte Selenskyj, der bei einer kurzfristig anberaumten Sitzung am Dienstag in New York per Video zugeschaltet war. In der Nacht zum Mittwoch gingen die Kämpfe weiter. Die Nachrichtenagentur Ukrinform meldete zwei Raketeneinschläge in der Stadt Charkiw im Nordosten der Ukraine. Im Süden der Stadt sei ein Feuer ausgebrochen. Angaben über Verletzte und Schäden lagen noch nicht vor.

Wolodymyr Selenskyj (Bild: Efrem Lukatsky/AP/dpa)
Wolodymyr Selenskyj (Bild: Efrem Lukatsky/AP/dpa)

Der ukrainische Präsident warf Russland nach dem Beschuss eines Einkaufszentrums in der Großstadt Krementschuk, bei dem mindestens 20 Menschen ums Leben kamen, gezielte Angriffe auf ukrainische Zivilisten vor. «Es ist zwingend erforderlich, ein Tribunal einzurichten, um alles zu untersuchen, was das russische Militär gegen die Ukrainer getan hat», sagte Selenskyj.

+++ Syrien erkennt Luhansk und Donezk als unabhängige Staaten an +++

Russlands enger Verbündeter Syrien hat die beiden ostukrainischen Separatistengebiete Luhansk und Donezk offiziell als unabhängige Staaten anerkannt. Das meldete die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana unter Berufung auf das Außenministerium in Damaskus. Es sollten mit beiden «Ländern» Gespräche geführt werden, um diplomatische Beziehungen aufzunehmen.

Syrien ist nach Russland das erste Land, das die Separatistengebiete als Staaten anerkennt. Moskau ist im syrischen Bürgerkrieg neben dem Iran der engste Verbündete der Führung in Damaskus. Nicht zuletzt dank des russischen Militäreinsatzes kontrollieren die Anhänger von Machthaber Baschar al-Assad wieder rund zwei Drittel des Landes.

+++ Innenministerin und Arbeitsminister kündigen Ukraine-Reise an +++

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Bundesinnenministerin Nancy Faeser planen im Juli eine gemeinsame Reise in die Ukraine. Das kündigten beide SPD-Politiker am Rande eines Treffens mit Schülern einer Integrationsklasse an einem Berliner Gymnasium an. Man wolle mit den ukrainischen Amtskollegen unter anderem über Integrationsperspektiven von nach Deutschland geflüchteten Menschen reden, sagte Heil. Er sprach von einem sensiblen Thema. Auf der einen Seite gebe es die Hoffnung der Ukraine auf ein möglichst baldiges Ende des furchtbaren Krieges und eine Rückkehr der Menschen, auf der anderen Seite wisse man nicht, wie lange der Krieg dauere.

Faeser und Heil tauschten sich etwa eine Stunde lang mit Schülerinnen und Schülern aus der Ukraine und aus anderen Ländern aus, die in sogenannten Willkommens- oder Integrationklassen zunächst Deutsch lernen. 40 Prozent der aus der Ukraine Geflüchteten seien Kinder, sagte Faeser. Ihren Angaben zufolge kommen täglich momentan zwischen 1000 und 2000 Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland an. Im März seien es zum Teil 15 000 pro Tag gewesen.

+++ Nato: Abschreckungspotenzial an Ostflanke drastisch hochfahren +++

Mit einer deutlichen Verstärkung der Ostflanke und mehr als 300 000 schnell einsatzfähigen Soldaten will die Nato Russland vor einer möglichen Aggression gegen Alliierte abschrecken. Die schnellen Eingreifkräfte sollten im kommenden Jahr einsatzbereit sein, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch auf dem Nato-Gipfel in Madrid.

US-Präsident Joe Biden kündigte infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine einen weiteren Ausbau der Truppenpräsenz in Europa an. «Putin wollte die Finnlandisierung Europas. Er wird die Natoisierung Europas bekommen», sagte er mit Blick auf das bislang neutrale und nun in die Nato strebende Land.

Am Dienstagabend hatte die Türkei ihren Widerstand gegen die Aufnahme von Finnland und Schweden in die Nato aufgegeben. Die drei Staaten unterzeichneten eine Absichtserklärung, die auf die türkischen Vorbehalte eingeht. Dabei geht es unter anderem um Waffenexporte und den Kampf gegen Terrorismus.

Stoltenberg bezeichnete das Gipfeltreffen der Verteidigungsallianz als historisch. Der Gipfel werde die Geschlossenheit zeigen sowie die Fähigkeit, sich an eine sich ändernde Welt anzupassen.

+++ Britischer Premier Johnson: Putin «bekommt jetzt mehr Nato» +++

Der britische Premier Boris Johnson hat Entschlossenheit zur militärischen Stärkung der Nato-Ostflanke bekräftigt. «Falls Wladimir Putin gehofft hat, als Resultat seiner unprovozierten, illegalen Invasion in die Ukraine weniger Nato an seiner westlichen Front zu bekommen, lag er komplett falsch.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg dem britischen Premier Boris Johnson (Bild: Reuters)
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg dem britischen Premier Boris Johnson (Bild: Reuters)

Er bekommt mehr Nato», sagte Johnson am Mittwoch beim Gipfeltreffen des Bündnisses in Madrid. Nun werde über weitere Schritte zur Unterstützung der Ukraine gesprochen. Johnson: «Wir müssen außerdem sicherstellen, dass wir über die Lektionen der letzten Monate nachdenken sowie über die Notwendigkeit für die Nato, die Aufstellung an der Ostflanke zu ändern.»

+++ US-Regierung: Russische Vermögenswerte in Milliardenhöhe eingefroren +++

Die westlichen Verbündeten haben nach eigenen Angaben im Zuge der Sanktionen gegen Russland bisher persönliche Vermögenswerte im Wert von mehr als 30 Milliarden US-Dollar (28,5 Milliarden Euro) eingefroren. Außerdem sei Vermögen der russischen Zentralbank im Wert von etwa 300 Milliarden Dollar (285 Milliarden Euro) eingefroren worden, teilte das US-Finanzministerium am Mittwoch mit. Dies sei der Zusammenarbeit in der Task Force «Russische Eliten, Helfer und Oligarchen» zu verdanken, bei der die Europäische Union und die G7-Staaten Deutschland, Kanada, Frankreich, Italien, Japan, Großbritannien und die USA sowie Australien kooperieren.

Beim Einfrieren von Vermögenswerten geht es darum, diese nicht mehr nutzbar zu machen. Das kann zum Beispiel bedeuten, ein Bankkonto zu sperren. Formal bleibt das Vermögen dabei im Regelfall im Besitz des Eigentümers.

+++ Nato-Beitritt von Schweden und Finnland rückt näher +++

Für Moskau ebenfalls unangenehm: Der Nato-Beitritt von Schweden und Finnland rückt näher. Nachdem sich die Türkei zuletzt noch vehement gegen die Erweiterung der Militärallianz um die nordischen Staaten ausgesprochen hatte, lenkte sie nun ein. «Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass wir jetzt ein Abkommen haben, das Finnland und Schweden den Weg zum Nato-Beitritt ebnet», sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg nach einem Treffen mit Schwedens Ministerpräsidentin Magdalena Andersson, dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö und seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan. Dies sende die deutliche Botschaft an Russlands Präsidenten Wladimir Putin, dass die Tür der Nato offen ist.

Kurz vor dem Nato-Gipfel hat Litauens Staatspräsident Gitanas Nauseda zudem erneut auf eine stärkere Nato-Präsenz im östlichen Bündnisgebiet gepocht. Angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine müsse bei dem Spitzentreffen in Madrid der Übergang von Abschreckung zur Vorwärtsverteidigung vollzogen werden, sagte Nauseda der Deutschen Presse-Agentur in einem Interview in Vilnius.

+++ Kiew: Russische Truppen wollen die Stadt Lyssytschansk einkesseln +++

Im Osten der Ukraine versuchen russische Truppen nach Einschätzung des ukrainischen Militärs, die strategisch wichtige Stadt Lyssytschansk einzukesseln. Das sei eine der Hauptanstrengungen des Feindes, teilte der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht mit. Die Offensive in Richtung der Stadt werde fortgesetzt. Details wurden nicht genannt. Russische Truppen stehen bereits am Südrand der Stadt. Vertreter prorussischer Separatisten hatten zudem berichtet, es gebe schon Kämpfe im Stadtgebiet.

Angriffe Russlands gebe es außerdem in Richtung der westlich von Lyssytschansk gelegenen Stadt Bachmut. Um das Tempo aufrechtzuerhalten, hätten die Besatzer ihre Bataillonsgruppe verstärkt, hieß es. Diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

+++ Ukraine klagt gegen Russland wegen Krieg vor Menschenrechtsgericht +++

Die Ukraine hat Russland schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen und eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht. Konkret wirft die ukrainische Regierung Russland etwa gezielte und unverhältnismäßige Angriffe auf Zivilisten vor. Laut Mitteilung des Gerichtshofs vom Dienstag monierte die Ukraine unter anderem Verstöße gegen das Recht auf Leben und den Schutz vor Folter. Russland hatte am 24. Februar einen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet.

Das Gericht informierte Russland über die vergangene Woche eingereichte Beschwerde seines Nachbarlandes. Ob sie zulässig ist, wird zu einem späteren Zeitpunkt entschieden. Russland will sich an Urteile des Straßburger Gerichtshof allerdings nicht mehr halten.

In seiner Beschwerde führte die Ukraine auf, dass Zehntausende Zivilisten verletzt, getötet oder verhaftet worden seien oder als vermisst gelten. Hunderttausende hätten ihr Zuhause oder ihren Besitz verloren, Millionen seien vertrieben worden. Die Angriffe auf Zivilisten seien vom russischen Militär, Separatisten oder russisch kontrollieren paramilitärischen Kräften verübt worden. Wirksame Untersuchungen der russischen Behörden habe es nicht gegeben.

+++ Ukraine: Tote und Verletzte bei Angriff auf Stadt Mykolajiw +++

Mindestens drei Tote und fünf Verletzte hat es nach ukrainischen Angaben bei einem russischen Angriff am Mittwochmorgen auf die Stadt Mykolajiw im Süden der Ukraine gegeben. Das schrieb der Militärgouverneur des Gebiets Mykolajiw, Witali Kim, im Nachrichtendienst Telegram. «Die russischen Besatzer flogen einen Raketenangriff auf Mykolajiw.» Eine Rakete habe ein Hochhaus getroffen. Die lokalen Behörden riefen die Menschen auf, während des Luftalarms an einem sicheren Ort zu bleiben und keine Bilder vom Ort des Angriffs zu veröffentlichen. Angaben aus dem Kriegsgebiet lassen sich nur schwer oder gar nicht unabhängig überprüfen

+++ Russland: Viele Tote bei Kämpfen auf ukrainischer Seite +++

Bei Kämpfen im Süden der Stadt Lyssytschansk in der Ostukraine haben regierungstreue Truppen nach Darstellung Moskaus deutliche Verluste erlitten. Von den 350 Mann einer Gebirgsjägerbrigade seien lediglich noch 30 Soldaten am Leben geblieben, teilte das russische Verteidigungsministerium am Mittwoch in Moskau mit und bezog sich dabei auf Kämpfe an einer Ölraffinerie. Das lässt sich nicht unabhängig überprüfen. Zudem sei eine Ausbildungsbasis für ausländische Söldner in der Nähe der Stadt Mykolajiw im Süden sowie vier Kommandoposten zerstört worden.

Das russische Verteidigungsministerium teilte zudem mit, bei Angriffen in der Nähe von Pytomnyk im Charkiwer Gebiet im Osten seien 100 Kämpfer getötet und Militärtechnik vernichtet worden. Auch in anderen Gebieten seien Kämpfer auf der Seite der ukrainischen Armee getötet worden. Über größere Geländegewinne wurde nichts mitgeteilt.

+++ Ukrainische Behörden: Zwei Tote bei Raketenangriff auf Dnipro +++

Nach einem Angriff auf die ostukrainische Großstadt Dnipro sind am Mittwochmorgen die Leichen zweier Menschen gefunden worden. Unter den Trümmern eines von einer feindlichen Rakete zerstörten Unternehmens hätten Retter zwei Tote entdeckt - einen Mann und eine Frau, schrieb der Gouverneur des Gebiets Dnipropetrowsk, Walentyn Resnitschenko, im Nachrichtendienst Telegram. Sechs Raketen seien am Dienstag auf die Stadt abgefeuert worden. Sie hätten ein friedliches Unternehmen getroffen, das nichts mit dem Militär zu tun habe. In Medienberichten war von einer Autowerkstatt die Rede. Russische Truppen betonen, nur militärische Ziele anzugreifen.