Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Mittwoch

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Unser Ticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten Ereignisse des Tages nachlesen:

  • Heftiger Kampf bei Bachmut - angeblich viele russische Opfer

  • Ukraine sieht Erfolge im Kampf bei Bachmut

  • Generalinspekteur: Vorbereitungen für Offensive der Ukrainer laufen

  • USA bestätigen ukrainischen Abschuss russischer Hyperschallrakete

  • Drohnenangriff auf Militärobjekt in westrussischem Gebiet Woronesch

  • London: Siegesparade auf Rotem Platz offenbarte russische Schwächen

  • «The Times»: Viele Russen teilen Putins absurde Analyse

Die aktuelle Newslage im Livestream:

+++ Heftiger Kampf bei Bachmut - angeblich viele russische Opfer +++

Bei den Kämpfen südwestlich von Bachmut sollen mindestens zwei Kompanien der russischen Armee aufgerieben und Gefangene gemacht worden sein. Zuvor hatte der Chef der russischen Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, ein Zurückweichen der regulären Armee an der Flanke seiner Einheiten beklagt. «Sie haben alles stehen lassen, sind davongerannt und haben die Front auf einer Breite von fast zwei Kilometer und einer Tiefe von fünfhundert Metern entblößt», klagte der 61-Jährige. Drei Quadratkilometer Territorium seien aufgegeben worden. Prigoschin warnte vor weiteren ukrainischen Vorstößen an den Flanken seiner Einheiten bei Bachmut.

+++ Ukraine sieht Erfolge im Kampf bei Bachmut +++

Die Ukraine hat eigenen Angaben zufolge einige Erfolge im Kampf bei Bachmut errungen. Es seien Angriffe auf einer Breite von drei Kilometern und einer Länge von 2,6 Kilometern durchgeführt worden, sagte der Gründer des umstrittenen ukrainischen Regiments Asow, Andrij Bilezkyj, in der Nacht zum Mittwoch bei Telegram. Das Territorium sei komplett frei von russischen Soldaten. Aus Sicht der Nato befinden sich die Streitkräfte Moskaus in der Ukraine generell in einer zunehmend schwierigen Situation. Nach Einschätzung des deutschen Generalinspekteurs Carsten Breuer kommt Kiew dagegen mit den Vorbereitungen für seine Militäroffensive voran.

+++ Generalinspekteur: Vorbereitungen für Offensive der Ukrainer laufen +++

Die Ukraine kommt nach Einschätzung von Generalinspekteur Carsten Breuer mit Vorbereitungen für ihre Militäroffensive gegen russische Angreifer gut voran. «Mir wurde erläutert, wie der Kampf an vorderster Linie geführt wird. Der Boden ist immer noch morastig und feucht. Teilweise stehen noch große Seen auf den Feldern. Die Voraussetzungen für eine umfassende Offensive waren in den letzten Wochen noch nicht gegeben», sagte Breuer der Deutschen Presse-Agentur in Berlin nach einem Besuch in der Ukraine. «Mir ist in allen Gesprächen aber deutlich geworden, dass Planungen für die ukrainische Offensive laufen.»

Carsten Breuer, Generalinspekteur der Bundeswehr (Bild: Kay Nietfeld/dpa)
Carsten Breuer, Generalinspekteur der Bundeswehr (Bild: Kay Nietfeld/dpa)

Der ranghöchste deutsche Soldat war in der vergangenen Woche in der Ukraine und hatte dort Armeechef Walerij Saluschnyj und den ukrainischen Verteidigungsminister Olexij Resnikow getroffen. Er informierte sich über Erfahrungen mit der deutschen Militärhilfe, darunter moderne Flugabwehrsysteme, Panzerhaubitzen und auch der Kampfpanzer Leopard 2.

Der Kampfpanzer wird demnach inzwischen auch in Kämpfen eingesetzt. «Was man mir verdeutlichte ist, dass er im Gefecht ist», sagte Breuer. Insgesamt sieht er die Ukraine inzwischen deutlich besser aufgestellt. Er sagte: «Die Ukrainer haben im Moment die Ausrüstung in ihrer militärischen Toolbox, um im Kampf zu bestehen. Dass sich die Anforderungen über die Zeit anpassen, steht für mich auch außer Frage.»

+++ Putin bereitet Russlands Austritt aus KSE-Vertrag vor +++

Russland bereitet den offiziellen Austritt aus dem Abrüstungsvertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE-Vertrag) vor. Das geht aus einer Anordnung von Präsident Wladimir Putin hervor, die der Kreml am Mittwoch veröffentlichte. Dort wird Vizeaußenminister Sergej Rjabkow zum Bevollmächtigten bei der Debatte im Parlament ernannt. Das Gesetzesprojekt über den Austritt selbst ging noch nicht in der russischen Staatsduma ein.

Der KSE-Vertrag legt die Obergrenzen für die Stationierung schwerer Waffen auf dem europäischen Kontinent fest. Dazu zählen Kampf- und Schützenpanzer, schwere Artillerie, Kampfflugzeuge und -hubschrauber. Moskau gehörte 1990 zu den Mitunterzeichnern der Vereinbarung, legte aber bereits 2007 dessen Umsetzung größtenteils auf Eis. Seit 2015, ein Jahr nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim, nimmt Russland auch nicht mehr an den Sitzungen der Beratungsgruppe teil.

+++ Nach Kampfjet-Manöver: Polen bestellt russischen Botschafter ein +++

Nach dem Abfang-Manöver eines russischen Kampfjets, der sich nach Angaben Warschaus einem polnischen Flugzeug gefährlich genähert haben soll, hat das polnische Außenministerium den russischen Botschafter einbestellt. Dem Diplomaten sei eine Protestnote überreicht worden, teilte der Sprecher des Außenministeriums am Mittwoch auf Twitter mit.

Am Freitag hatte sich nach Angaben von Polens Grenzschutz ein russischer Kampfjet einem polnischen Flugzeug genähert, das über dem Schwarzen Meer auf einem Patrouillenflug für die EU-Grenzschutzbehörde Frontex unterwegs war. Das russische Jagdflugzeug vom Typ Su-35 habe «aggressive und gefährliche Manöver» ausgeführt. Die Besatzung der polnischen Maschine habe durch die ausgelösten Turbulenzen vorübergehend die Kontrolle über das Turboprop-Flugzeug verloren, das in der Höhe abgesunken sei, hieß es.

Zu dem Zwischenfall sei es im internationalen Luftraum innerhalb des von Rumänien ausgewiesenen Einsatzgebiets gekommen. Frontex hat seitdem die Patrouillenflüge der Polen bis auf weiteres eingestellt. Die Nato erhöhte die Überwachung des Luftraums.

+++ Führender Nato-Admiral zu Russland: «Goliath wankt» +++

Die Nato sieht die russischen Streitkräfte in der Ukraine in einer zunehmend schwierigen Situation. «Russland ist im 15. Monat eines Krieges, von dem es dachte, er würde drei Tage dauern», sagte der Vorsitzende des Militärausschusses, Admiral Rob Bauer, am Mittwoch in Brüssel.

Er fügte hinzu: «Goliath wankt. Und das liegt daran, dass David unterstützt von 50 Nationen aus der ganzen Welt enorme Widerstandsfähigkeit und taktische Brillanz bewiesen hat.»

Bauer spielte damit auf die Bibel-Geschichte von David und Goliath an. In dieser tötet der kleine Hirtenjungen David mit einer Steinschleuder den furchteinflößenden Riesen Goliath.

Bauer äußerte sich zum Auftakt einer Sitzung des Militärausschusses des westlichen Militärbündnisses. Bei ihr wollten die Stabschefs der Mitgliedstaaten unter anderem über Entwürfe für neue regionale Verteidigungspläne beraten. Sie wurden entwickelt, um das Bündnisgebiet im Fall eines Angriffs durch Russland oder durch Terrorgruppen besser verteidigen zu können. Dazu sollen künftig auch deutlich mehr Truppen als heute in hoher Einsatzbereitschaft sein.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte bei der Sitzung, er erwarte, dass die die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten die neuen Pläne beim Gipfeltreffen im Juli unterstützen. Ebenso erwarte er, dass Pläne für einen neuen Aktionsplan zum Ausbau der Produktion von Rüstungsgütern gebilligt werden. «Wir bewegen uns in die richtige Richtung, aber nicht so schnell wie die gefährliche Welt, in der wir leben, erfordert», mahnte Stoltenberg.

+++ Schröder und Chrupalla bei russischem Empfang - AfD-Chef für «Dialog» +++

An einem Empfang der russischen Botschaft in Berlin zum Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland haben einzelne deutsche aktive und ehemalige Politiker teilgenommen, darunter Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) und AfD-Chef Tino Chrupalla. Schröder war nach Angaben Chrupallas und anderer Teilnehmer mit seiner Ehefrau So-yeon Schröder-Kim dort, er selbst reagierte auf Anfragen dazu zunächst nicht. Zuvor hatte die «Berliner Zeitung» über den Empfang am Dienstag berichtet, an dem viele andere deutsche Politiker aber aus Protest gegen den russischen Krieg gegen die Ukraine nicht teilgenommen hätten. Unter den weiteren Teilnehmern war auch der Linken-Politiker Klaus Ernst.

Chrupalla sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin am Mittwoch: «Ja, ich war gemeinsam mit Alexander Gauland, wie sicherlich alle Fraktionsvorsitzenden, zum Empfang in die Russische Botschaft eingeladen.» Der 9. Mai sei bis vor kurzem ein Gedenktag gewesen, «an dem deutsche Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien selbstverständlich teilnahmen», führte der AfD-Politiker aus. «Diesen Dialog sollte man in Krisenzeiten nicht abreißen lassen.» Aussöhnung sei gerade an solchen historisch bedeutsamen Tagen wichtig. «Dabei war es mir wichtig, die deutsche Sicht auf Geschichte und Gegenwart selbstbewusst darzulegen», sagte Chrupalla, der gemeinsam mit Alice Weidel an der Spitze der Partei und der AfD-Bundestagsfraktion steht.

Chrupalla hatte im März in einer Bundestagsdebatte gesagt: «Aus diesem Krieg geht die Ukraine genauso als Verlierer hervor wie Russland. Es gibt wieder nur einen Gewinner, und dieser Gewinner, der heißt USA.» Der Unionsabgeordnete Knut Abraham (CDU) hatte der AfD-Fraktion im Februar vorgeworfen: «Sie sprechen von Frieden, aber in Russland sind Sie fester Bestandteil von Putins Propaganda und damit auch von der Kriegsmaschinerie.»

+++ USA bestätigen ukrainischen Abschuss russischer Hyperschallrakete +++

Das US-Verteidigungsministerium hat den ukrainischen Abschuss einer russischen Hyperschallrakete mit dem Patriot-System bestätigt. Die Ukrainer hätten mithilfe des US-Flugabwehrsystems die Rakete abgefangen, sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder am Dienstag (Ortszeit) in Washington. Ryder bestätigte auch die Information der Ukrainer, dass es sich um eine Rakete des Typs Kinschal gehandelt habe. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte diese als «unverwundbar» gegen westliche Abwehrsysteme gelobt.

Am Samstag hatte die ukrainische Luftwaffe den erfolgreichen Abschuss einer solchen Hyperschallrakete verkündet. Die von Moskau als eine der besten Raketen überhaupt angepriesene Kinschal (Russisch: «Dolch») war den Angaben zufolge mithilfe des US-Abwehrsystems Patriot über der Region Kiew abgefangen worden. Die extrem schnell und hoch fliegenden und dennoch manövrierfähigen Raketen setzen russischen Streitkräfte mindestens seit März im Krieg in der Ukraine ein, etwa zur Zerstörung von Treibstoff- und Waffenlagern.

+++ Ukrainische Einheiten erzielen offenbar Gebietsgewinne bei Bachmut +++

In der Ostukraine haben sich südwestlich von Bachmut ukrainische und russische Truppen nach Angaben beider Kriegsparteien erneut schwere Kämpfe geliefert. «Die Angriffe wurden auf einer Breite von drei Kilometer und einer Tiefe von 2,6 Kilometer durchgeführt», sagte der Gründer des umstrittenen ukrainischen Regiments Asow, Andrij Bilezkyj, in der Nacht zum Mittwoch bei Telegram. Das Territorium sei komplett frei von russischen Soldaten. Dabei sollen mindestens zwei Kompanien der russischen Armee aufgerieben und Gefangene gemacht worden sein.

Ukrainische Soldaten feuern eine Kanone auf russische Stellungen an der Frontlinie in der Nähe von Bachmut (Bild: LIBKOS/AP/dpa)
Ukrainische Soldaten feuern eine Kanone auf russische Stellungen an der Frontlinie in der Nähe von Bachmut (Bild: LIBKOS/AP/dpa)

Zuvor hatte der Chef der russischen Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, ein Zurückweichen der regulären Armee an der Flanke seiner Einheiten beklagt. «Sie haben alles stehen lassen, sind davongerannt und haben die Front auf einer Breite von fast zwei Kilometer und einer Tiefe von fünfhundert Metern entblößt», klagte der 61-Jährige. Drei Quadratkilometer Territorium seien aufgegeben worden. Prigoschin warnte vor weiteren ukrainischen Vorstößen an den Flanken seiner Einheiten bei Bachmut.

+++ Drohnenangriff auf Militärobjekt in westrussischem Gebiet Woronesch +++

Zwei Drohnen haben nach offiziellen Angaben einen russischen Militärstandort in der westrussischen Region Woronesch unweit der Ukraine attackiert. Der Angriff sei abgewehrt worden, schrieb der dortige Gouverneur Alexander Gussew am Mittwoch auf seinem Telegram-Kanal. «Eine ist durch die Einwirkung (der Flugabwehr) vom Kurs abgekommen und abgestürzt, die andere wurde durch Beschuss zerstört.» Es herrsche weiter erhöhte Alarmbereitschaft, fügte er hinzu. Mehrere Medien berichteten, bei dem Angriff seien mehr als zehn russische Soldaten verletzt worden.

Nach Angaben des unabhängigen Internetportals Astra galt der Angriff dem Truppenübungsplatz Pogonowo südwestlich von Woronesch. Die Drohnen hätten gegen vier Uhr morgens eingeschlagen. Wegen der Attacke seien zehn Krankenwagen nach Pogonowo beordert worden, die Zahl der Verletzten liege bei «über zehn». Der Telegram-Kanal Baza bezifferte die Anzahl der verletzten russischen Soldaten auf 14. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es zunächst nicht.

+++ London: Siegesparade auf Rotem Platz offenbarte russische Schwächen +++

Die Parade zum «Tag des Sieges» über Nazideutschland am Dienstag in Moskau hat nach Ansicht britischer Geheimdienstexperten die Schwächen des russischen Militärs offenbart. Der seit 15 Monaten andauernde Angriffskrieg Russlands in der Ukraine stelle die Russen vor Herausforderungen hinsichtlich Material und strategischer Kommunikation, hieß es im täglichen Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London am Mittwoch. Von den 8000 an der Parade teilnehmenden Militärangehörigen seien die meisten Angehörige von Hilfstruppen und paramilitärischen Verbänden sowie Kadetten gewesen. Die einzigen einsatzbereiten regulären Truppen seien Kontingente der Eisenbahntruppen und der Militärpolizei gewesen.

Dass Russland auf die Zurschaustellung von Panzern weitgehend verzichtete, hatte nach Ansicht der Briten aber einen anderen Grund. An der Parade nahm nur ein einziger historischer T-34-Panzer aus dem Zweiten Weltkrieg teil. «Trotz heftiger Verluste in der Ukraine hätte Russland mehr gepanzerte Fahrzeuge aufbringen können», so die Briten. Es sei daher wahrscheinlich, dass die russischen Behörden Vorwürfe von der eigenen Seite vermeiden wollte, sie priorisierten Paraden gegenüber militärischen Einsätzen.

+++ «The Times»: Viele Russen teilen Putins absurde Analyse +++

Zur Siegesparade in Moskau meint die Londoner «Times» am Mittwoch:

«In besseren Zeiten war die jährliche Parade zum Tag des Sieges in Moskau der Höhepunkt im PR-Kalender von Wladimir Putin. Eine Gelegenheit für den Präsidenten der Russischen Föderation, in den Erinnerungen an den Großen Vaterländischen Krieg gegen Hitler zu schwelgen und die militärische Macht seines Landes zu präsentieren. Doch der Veranstaltung zum 78. Jahrestag des Ende des Krieges, der mehr als 20 Millionen Sowjetbürgern das Leben gekostet hat, mangelte es an Triumphgefühl. Der Krieg, der 600 Meilen weiter südlich tobt, hat kein Stalingrad oder Kursk hervorgebracht, sondern nur blutige Sackgassen und Demütigungen.

Anstelle des Sieges über die Ukraine präsentierte Präsident Putin seinem Volk also den Trostpreis der Opferrolle. Russland, so sagte er in einer zehnminütigen Rede, sei das Opfer einer globalistischen Elite, die die Sowjetunion zerstört habe, sowie von Terrorismus und einem "neuen Kult" des Nazismus. Die Tragödie ist, dass diese absurde Analyse immer noch von allzu vielen seiner Landsleute geteilt wird.»