Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Montag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)
Ukraine-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen. (Symbolbild: Getty)

Unser Nachrichtenticker ist für heute beendet. Sie können hier die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Präsidentenbüro: Ukraine braucht hunderte Kampfpanzer

  • Ukrainischer Verteidigungsminister weist Korruptionsvorwürfe zurück

  • Lawrow erneuert Vorwürfe gegen Westen im Ukraine-Konflikt

  • Litauens Außenminister wirft Scholz indirekt Angst vor Russland vor

  • Regierungssprecher: Für Weitergabe von Panzern gibt es Verfahren

  • Linker: Panzerlieferungen hätten gerade im Osten keinen Rückhalt

  • Polen will Genehmigung für Leopard-Lieferung an Ukraine beantragen

Die aktuelle Lage im Live-Stream:

+++ Präsidentenbüro: Ukraine braucht hunderte Kampfpanzer +++

Die Ukraine braucht nach eigenen Angaben «einige hundert» Kampfpanzer für die angestrebte Rückeroberung der von Russland besetzten Gebiete. «Jeder Panzer, der kampffähig ist, muss heute an unserer Front sein», schrieb Präsidentenbürochef Andrij Jermak am Montag beim Nachrichtenkanal Telegram. Ohne einen Sieg der Ukraine mit einer Rückkehr zu den Grenzen von 1991 und der Bestrafung Russlands werde es weder eine stabile Entwicklung noch eine klare Weltordnung geben. «Das ist eine Front der Zivilisation gegen Rückständigkeit und Barbarei aus den Sümpfen», betonte der 51-Jährige im Hinblick auf Moskau.

Die Ukraine wehrt seit knapp elf Monaten eine russische Invasion ab. Kiew ist dabei finanziell und rüstungstechnisch nahezu vollständig vom Westen abhängig. Zuletzt hatte Kiew aus Tschechien modernisierte Panzer sowjetischer Bauart erhalten. Großbritannien, Polen und Finnland stellten Kiew westliche Panzer, darunter Leopard aus deutscher Produktion, in Aussicht. Bundeskanzler Olaf Scholz zögert seit Wochen eine Entscheidung über die Lieferung der Leopard-Kampfpanzer hinaus.

+++ Aussteiger der Wagner-Gruppe in Norwegen festgenommen +++

Ein geflohener Söldner der russischen Wagner-Gruppe ist in Norwegen von der Polizei festgenommen worden. Die betroffene Person sei gemäß dem norwegischen Einwanderungsgesetz festgenommen worden, teilte die Einwanderungseinheit der Polizei am Montag der Deutschen Presse-Agentur mit. Es werde geprüft, ob sie inhaftiert werden solle. Zuvor hatten mehrere norwegische Medien über die Festnahme berichtet.

Bei dem Festgenommenen handelt es sich um Andrej Medwedew. Dessen norwegischer Anwalt Brynjulf Risnes sagte dem Rundfunksender NRK, Grund für die Festnahme seien Unstimmigkeiten über ergriffene Sicherheitsmaßnahmen der norwegischen Behörden. Medwedew habe Probleme, sich daran anzupassen. Seinem Mandaten werde keine Straftat vorgeworfen.

Medwedew soll 2022 monatelang Mitglied der Wagner-Gruppe gewesen sein, ehe er nach Norwegen floh und Asyl beantragte. Er selbst sagt in einem auf Gulagu.net veröffentlichten Video, er sei von der norwegischen Polizei festgenommen und in eine Haftanstalt für Ausländer gebracht worden. Er traue den norwegischen Behörden nicht. Er befürchtet demnach, dass er brutal getötet werde, sollte man ihn zurück nach Russland schicken.

Die norwegischen Behörden haben allerdings bislang nicht erklärt, dass sie ihn zurück nach Russland schicken wollen. Auch Anwalt Risnes wies dies gegenüber dem NRK zurück.

+++ Ukrainischer Verteidigungsminister weist Korruptionsvorwürfe zurück +++

Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow hat Vorwürfe der Korruption bei der Armeeverpflegung strikt zurückgewiesen. «Offensichtlichstes Ziel scheint der Versuch zu sein, das Vertrauen in das Verteidigungsministerium zu einem sehr wichtigen Zeitpunkt zu untergraben», schrieb der 56-Jährige am Montag bei Facebook. Es gebe keinerlei faktische Grundlage für die Vorwürfe. Resnikow garantierte für die Untersuchungen völlige Transparenz.

«Tatsächlich ist das ein gewöhnlicher technischer Fehler, den der Lieferant gemacht hat», erklärte der Minister die Preise für Eier. Statt Stückpreisen sei der 100-Gramm-Preis angegeben worden. Das würde den dreimal so hohen Preis im Vergleich zu Einzelhandelspreisen in der Hauptstadt Kiew erklären. Transportkosten einschließlich der Risiken für frontnahe Belieferung führten zu höheren Preisen. Für jeden Soldaten seien täglich Verpflegungskosten von umgerechnet knapp 3,40 Euro vorgesehen. Der Kostenanstieg seit dem vorigen Jahr betrage 21,5 Prozent, was unter der offiziellen Inflationsrate von 26,6 Prozent liege.

Zuvor hatte ein Medienbericht zu den Einkaufspreisen für die Armee für Wirbel gesorgt. Die Untersuchungsbehörden bestätigten, dass bereits Ermittlungen zu Einkäufen im Wert von umgerechnet rund 300 Millionen Euro eingeleitet wurden. Diese seien unabhängig von der Presseveröffentlichung begonnen worden.

Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow. (Bild: Getty Images)
Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow. (Bild: Getty Images)

+++ Bürgerrechtler: Nur noch 10.000 russische Häftlinge an der Front +++

Von den 50.000 in russischen Gefängnissen angeworbenen Rekruten für den Krieg in der Ukraine sind nach Angaben von Bürgerrechtlern nur noch 10.000 bei der Truppe. «Die restlichen sind getötet, verletzt, verschollen, haben sich ergeben oder sind desertiert, unter anderem nach Russland mit der Waffe in der Hand», teilte die Nichtregierungsorganisation (NGO) «Rus Sidjaschtschaja («Russland hinter Gittern») am Montag auf ihrem Telegram-Kanal mit. Die Häftlinge wurden vor allem von der Söldnereinheit «Wagner» angeworben.

Besonders die geflohenen und in Kriegsgefangenschaft gegangenen Häftlinge seien ein potenzielles Problem für den Chef der «Wagner»-Truppe, den Oligarchen Jewgeni Prigoschin, meinte die Gründerin der NGO, Olga Romanowa. Diese Statistik dürfe Prigoschin dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht zeigen, sagte Romanowa. Denn der als «Putins Koch» bekannte Oligarch habe unbeschränkte Vollmachten zur Anwerbung der Häftlinge bekommen unter der Bedingung, dass er sie völlig kontrolliere.

Prigoschin, der selbst zu Sowjetzeiten im Gefängnis saß, hat die Gefängnisinsassen teilweise persönlich angeworben. Bei der Rekrutierung hat er den Häftlingen die Freilassung nach Ableistung ihres Kriegsdienstes versprochen. Zugleich drohte er Deserteuren mit standrechtlichen Tötungen. Ein vor Wochen von der Wagner-Truppe verbreitetes Video soll die Ernsthaftigkeit der Drohung demonstrieren: Darin ist ein Häftling zu sehen, der mit einem Vorschlaghammer erschlagen wird. Der Mann war zuvor in ukrainische Kriegsgefangenschaft geraten, im Zuge eines Gefangenenaustauschs aber wieder nach Russland zurückgekehrt.

+++ Lawrow erneuert Vorwürfe gegen Westen im Ukraine-Konflikt +++

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat am Montag bei einem Besuch in Südafrika erneut Vorwürfe erhoben, der Westen führe in der Ukraine Krieg gegen Russland. «Wenn wir über das sprechen, was in der Ukraine vorgeht, so ist das kein hybrider, sondern schon fast ein richtiger Krieg, den der Westen lange gegen Russland vorbereitet hat», sagte Lawrow im Anschluss an ein Treffen mit seiner südafrikanischen Kollegin Naledi Pandor der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge. Der Westen wolle alles Russische zerstören, von der Sprache bis zur Kultur, sagte er.

Südafrika, das gemeinsam mit Russland, China, Indien und Brasilien der Brics-Gruppe von aufstrebenden Schwellenländern angehört, hat eine neutrale Position zum Krieg in der Ukraine eingenommen. Bei einer Abstimmung der Vereinten Nationen zur Verurteilung des Ukraine-Konflikts hatte sich Südafrika vergangenes Jahr enthalten. Dennoch unterhält Südafrika traditionell enge Beziehungen zu Moskau, auch weil die damalige Sowjetunion den Kampf gegen die Apartheid unterstützte.

+++ Litauens Außenminister wirft Scholz indirekt Angst vor Russland vor +++

Mehrere EU-Staaten haben bei einem Außenministertreffen in Brüssel ihren Unmut über die deutsche Zurückhaltung bei Panzerlieferungen an die Ukraine zum Ausdruck gebracht. Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis warf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zudem indirekt vor, Furcht davor zu haben, Russland an den Rand einer Niederlage in der Ukraine zu bringen.

«Ich glaube, das Wichtigste, was wir diskutieren müssen, ist die Angst», sagte Landsbergis in Brüssel. «Wir müssen die Angst davor überwinden, Russland zu bezwingen - wenn es um zusätzliche Sanktionen geht, wenn es um zusätzliche militärische Hilfe für die Ukraine geht. Was uns aufhält, ist die Angst davor, was passiert, wenn Russland diesen Krieg verliert.»

Zur Frage, ob er keinen Atomkrieg fürchte, sagte Landsbergis: «Wenn wir uns nicht darauf vorbereiten, dass Russland den Krieg verliert, dann meinen wir es nicht ernst damit, der Ukraine beim Sieg zu helfen». Russland müsse diesen Krieg verlieren.

Wenn man dies akzeptiere, könnten alle anderen Fragen viel leichter beantwortet werden, erklärte Landsbergis. «Dann können wir alle Waffen liefern, die die Ukraine braucht, und wir können Russland so sanktionieren, dass seine Fähigkeit zur Kriegsführung behindert wird, und dann können wir der Ukraine helfen, dass sie tatsächlich alle Gebiete zurückerobert.»

Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis. (Bild: Reuters)
Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis. (Bild: Reuters)

+++ Regierungssprecher: Für Weitergabe von Panzern gibt es Verfahren +++

Die Bundesregierung will mögliche Anträge auf eine Weitergabe von Kampfpanzern Leopard an die Ukraine mit den festgelegten Verfahren entscheiden. Auf die Frage, ob Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) mit ihrer Äußerung, Deutschland werde sich nicht gegen die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern aus anderen Ländern in die Ukraine stellen, für die gesamte Bundesregierung spreche, gab Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin keine genaue Antwort. Er sagte: «Ich möchte es vielleicht so sagen: Wenn ein solcher Antrag in Deutschland gestellt würde, was zur Stunde noch nicht der Fall ist, dann gibt es dafür eingespielte Verfahren, in denen eine solche Anfrage beantwortet wird. Und an die halten wir uns alle.»

Nach Worten von Baerbock würde sich Deutschland nicht gegen die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern aus anderen Ländern in die Ukraine stellen. «Wir wurden bisher nicht gefragt und (...) wenn wir gefragt würden, würden wir dem nicht im Wege stehen», hatte die Grünen-Politikerin am Sonntagabend dem französischen Sender LCI gesagt. Baerbock antwortete damit auf die Frage, was geschehe, wenn Polen Leopard-Panzer an die Ukraine liefern würde. Es blieb aber zunächst unklar, ob sie dabei tatsächlich eine final abgestimmte Position der Bundesregierung vertrat. Um in Deutschland hergestellte Panzer an andere Länder zu liefern, ist die Genehmigung der Bundesregierung erforderlich.

+++ Linker: Panzerlieferungen hätten gerade im Osten keinen Rückhalt +++

Der Linken-Ostbeauftragte Sören Pellmann sieht in der möglichen Lieferung deutscher Kampfpanzer an die Ukraine Risiken für die Demokratie in Ostdeutschland. «Nicht einmal ein Drittel der Bevölkerung ist im Osten dafür», sagte Pellmann am Montag in Berlin. «Die Bundesregierung darf bei dieser Frage nicht gegen die Mehrheit der Bürger entscheiden. Ansonsten könnte auch die Solidarität mit der Ukraine schwinden.»

Parteichefin Janine Wissler bescheinigte der Bundesregierung in der Frage der Panzer-Lieferungen ein desolates öffentliches Auftreten. Die SPD finde keine klare Aussage, warum man bei der Lieferung zögere. Gleichzeitig trieben FDP und Grüne die Bundesregierung an, die Kampfpanzer jetzt zu liefern. «Wir als Linke haben eine große Sorge angesichts dieses militärischen Tunnelblicks», sagte Wissler. «Die Nato und die Bundesrepublik Deutschland dürfen nicht Kriegspartei werden.» Nötig seien stattdessen ernsthafte Friedensverhandlungen.

+++ Polen will Genehmigung für Leopard-Lieferung an Ukraine beantragen +++

Polen wird bei der Bundesregierung eine Genehmigung für die Lieferung der in Deutschland hergestellten Kampfpanzer vom Typ Leopard an die Ukraine beantragen. Das kündigte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki am Montag in Posen an.

+++ Diplomatischer Eklat: Russland weist Botschafter Estlands aus +++

Inmitten von Spannungen mit Estland hat Russland den Botschafter des baltischen EU- und Nato-Mitglieds ausgewiesen. «Der Botschafter der Republik Estland muss am 7. Februar die Russische Föderation verlassen», teilte das Außenministerium in Moskau am Montag mit. Die diplomatischen Beziehungen mit dem Baltenstaat würden herabgestuft, hieß es. Hintergrund ist ein diplomatischer Streit um die Anzahl der Botschafts- und Konsularangehörigen.

Estland hatte zuvor eine Verringerung des Personals an der russischen Botschaft in Tallinn gefordert. Damit solle personeller Gleichstand auf diplomatischer Ebene erzielt werden. Russland seinerseits sprach von einem «neuen unfreundlichen Schritt», der auf den Abbruch der Beziehungen ziele. Nach der Ausweisung des estnischen Botschafters übernimmt ein Geschäftsträger die Vertretung Estlands in Moskau.

Die Beziehungen zwischen Russland und den baltischen Staaten sind seit Jahren konfliktgeladen - auch wegen der unterschiedlichen Sichtweise auf die sowjetische Vergangenheit. Der Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im vergangenen Februar hat die Spannungen nochmals deutlich verschärft.

+++ Lettischer Staatspräsident fordert Leopard-Lieferung an die Ukraine +++

Der lettische Staatspräsident Egils Levits hat Deutschland aufgefordert, der Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern zuzustimmen. «Es muss alles Erforderliche getan werden, damit die Ukraine sich verteidigen kann», sagte Levits am Montag im Deutschlandfunk. Die Lieferung sei gleichzeitig auch für die europäische Sicherheit erforderlich, betonte er. Das sei eine «fast einhellige Haltung Europas».

«Wenn ein Staat dann nicht mitmacht, das ist natürlich ein Problem», sagte Levits. Dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) möglicherweise die Skepsis der deutschen Bevölkerung zu den Kampfpanzer-Lieferungen in seine Entscheidung einbeziehe, könne er nicht verstehen, sagte Levits. Die Ukraine stehe «dramatisch unter Druck», betonte Levits. Dem Land könnten die Kampfpanzer deshalb nicht vorenthalten werden.

Am Wochenende hatte bereits der lettische Außenminister Edgars Rinkevics den Druck auf die Bundesregierung erhöht – nach eigenen Angaben auch im Namen seiner Amtskollegen aus Estland und Litauen. Deutschland habe als europäische Führungsmacht eine besondere Verantwortung, schrieb Rinkevics auf Twitter.

+++ Russischer Geheimdienst: Ukraine nutzt Atomkraftwerke als Waffenlager +++

Der russische Auslandsgeheimdienst (SWR) wirft der Ukraine vor, vom Westen gelieferte Waffen zum Schutz vor Zerstörungen auf dem Gelände von Atomkraftwerken zu stationieren. Das Kalkül Kiews sei, dass die russischen Truppen wegen der Gefahr einer nuklearen Katastrophe keine Schläge gegen die AKW verübten, teilte der Chef des Auslandsgeheimdiensts, Sergej Naryschkin, am Montag in Moskau mit. Überprüfbar sind die SWR-Angaben nicht. Naryschkin behauptete, dass es glaubwürdige Angaben gebe, dass etwa Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars und großkalibrige Artillerie dort untergebracht würden.

In der letzten Dezember-Woche seien etwa über die Bahnstation Rafaliwka im Westen der Ukraine Eisenbahnwaggons mit der «tödlichen Fracht» in das Atomkraftwerk Riwne gebracht worden, hieß es. Beweise präsentierte der SWR nicht. «Wenn es eine große Detonation gibt und ein Kernkraftwerk etwa durch eine neue Fehlleitung einer Rakete der ukrainischen Flugabwehr zerstört wird, wird die Schuld an der Tragödie immer auf Moskau geschoben», hieß es in der SWR-Mitteilung.

Die Ukraine wirft hingegen Russland vor, auf dem Gelände des besetzten Atomkraftwerks Saporischschja ebenfalls Militärtechnik stationiert zu haben.

+++ Dutzende britische Abgeordnete fordern Leopard-Lieferung an Ukraine +++

In einem Brief an Verteidigungsminister Boris Pistorius haben Dutzende britische Abgeordnete die Lieferung von Kampfpanzern des Typs Leopard 2 an die Ukraine gefordert. «Wir verstehen die historischen Gründe für die Zurückhaltung, deutsche und in Deutschland hergestellte Panzer bereitzustellen», zitierte die Zeitung «Sun» am Montag aus dem Schreiben. «Wir möchten Sie jedoch in diesem Moment äußerster Dringlichkeit dringend bitten, Ihre Position zu überdenken und zuzulassen, dass Leopard-2-Kampfpanzer - sowohl deutsche als auch in Deutschland gebaute - in den nächsten Tagen an die Ukraine geliefert werden.»

Koordiniert wurde das Schreiben der «Sun» zufolge vom Labour-Abgeordneten Chris Bryant. Unterschrieben haben demnach die Vorsitzenden der wichtigsten Parlamentsausschüsse sowie Dutzende weitere Abgeordnete. Zuvor hatten sich bereits Ex-Premierminister Boris Johnson bei einem Besuch in Kiew sowie der britische Außenminister James Cleverly für die Lieferung von Leopard-Panzern ausgesprochen. «Ich würde nichts lieber sehen, als dass die Ukrainer mit Leopard 2 ausgerüstet sind», sagte Cleverly am Sonntag der BBC.

Die Bundesregierung hat bislang keine Entscheidung über die Lieferung deutscher Kampfpanzer in die Ukraine getroffen. Sie erteilte auch noch keine Liefererlaubnis an andere Länder für die in Deutschland produzierten Panzer.

+++ London: Skepsis gegen neuen russischen Oberbefehlshaber in Ukraine +++

Der neue russische Oberbefehlshaber in der Ukraine, Waleri Gerassimow, stößt nach britischer Einschätzung in der Truppe und bei der Privatarmee Wagner auf Skepsis. Der Generalstabschef lege viel Wert darauf, die Disziplin zu erhöhen, teilte das britische Verteidigungsministerium unter Berufung auf Geheimdienstinformationen am Montag mit. «Die Priorisierung vornehmlich kleiner Vorschriften dürfte die Befürchtungen seiner vielen Skeptiker in Russland bestätigen. Gemeinsam mit Verteidigungsminister Sergej Schoigu gilt er zunehmend als abgehoben und ihm wird vorgeworfen, auf Präsentation statt Substanz zu setzen.»

Dabei gehe es Gerassimow etwa um nicht vorschriftsmäßige Uniformen, die Nutzung von Mobiltelefonen und zivilen Fahrzeugen sowie nicht der Norm entsprechende Haarschnitte. «Die Maßnahmen stoßen auf skeptisches Feedback. Den größten Spott aber gab es dafür, den Standard der Truppenrasur zu verbessern», teilte das britische Ministerium weiter mit. Sowohl Beamte der selbst ernannten Volksrepublik Donezk als auch der Chef der Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, hätten die Maßnahmen kritisiert, hieß es.

+++ Selenskyj will gegen Fehlverhalten im Staatsapparat vorgehen +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach Korruptionsskandalen in Kiew ein entschlosseneres Vorgehen gegen Fehlverhalten im Staatsapparat angekündigt. «Die Gesellschaft wird alle Informationen bekommen, und der Staat wird die notwendigen mächtigen Schritte ergreifen», sagte Selenskyj in seiner in Kiew verbreiteten allabendlichen Videobotschaft am Sonntag. Er informierte unter anderem darüber, dass der festgenommene Vize-Minister für die Entwicklung von Gemeinden, Territorien und Infrastruktur, Wassyl Losynskyj, entlassen worden sei.

Medien zufolge soll Losynskyj 400.000 US-Dollar (rund 368 000 Euro) an Schmiergeld kassiert haben für die Anschaffung von Generatoren zur Bewältigung der Energiekrise im Land. Selenskyj reagierte mit seiner Videobotschaft auch auf Medienberichte über einen überteuerten Ankauf von Lebensmitteln für Soldaten. Es sollen Preise gezahlt worden sein, die das Dreifache über denen im Einzelhandel liegen. Auch hier sollen sich Staatsdiener bereichert haben. Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow soll nach offiziellen Angaben vor dem Parlament in Kiew dazu angehört werden.

Korruption ist in der Ukraine wie in vielen Ländern der früheren Sowjetunion in verbreitetes Problem, weshalb immer wieder befürchtet wird, dass auch Hilfsgelder des Westens in undurchsichtigen Kanälen versickern. Viele Bürger meinen, dass sich die Führung des Landes im Zuge der humanitären Unterstützung an Finanzhilfen bereichere.

Selenskyj kündigte für die kommende Woche Entscheidungen an, die bereits getroffen, aber noch nicht veröffentlicht seien, um die Korruption und Bereicherung im Amt weiter zu bekämpfen. «Ich bin den Journalisten dankbar, die sich mit den Fakten beschäftigen und das ganze Bild erstellen», sagte er zu den Enthüllungen.

Selenskyj erklärte, dass das Hauptaugenmerk zwar auf der Verteidigung des Landes im Krieg gegen Russland liege. Trotzdem sei ihm bewusst, dass in der Gesellschaft auch über diese Fälle gesprochen werde. Um der Gerechtigkeit willen müsse gehandelt werden.