Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Sonntag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

Unser Ticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten Ereignisse des Tages nachlesen:

  • Ukraine will das Zehnfache an Militärhilfe

  • Moskau wirft Berlin Ausweisung von Diplomaten vor - und reagiert

  • Melnyk: Ukraine braucht das Zehnfache an Militärhilfe gegen Russland

  • Wagner-Chef: Sohn von Kremlsprecher Peskow kämpfte in Ukraine

  • Moskau weist mehr als 20 deutsche Diplomaten aus

  • Spanien schickt erste sechs Leopard-Panzer für Ukraine

Die aktuelle Newslage:

+++ Ukraine will das Zehnfache an Militärhilfe +++

Die Ukraine fordert im Kampf gegen die russische Invasion eine Verzehnfachung der westlichen Militärhilfe und härtere Sanktionen. «Wir sind unseren Verbündeten dankbar für ihre militärische Hilfe. Aber das ist nicht genug», schrieb Vizeaußenminister Andrij Melnyk am Samstag auf Twitter. «Die Ukraine braucht zehn Mal mehr, um die russische Aggression dieses Jahr zu beenden.» Bisher hätten alle Verbündeten zusammen 55 Milliarden US-Dollar (50 Milliarden Euro) bereitgestellt. Es brauche aber das Zehnfache, betonte der Diplomat, der lange Botschafter in Deutschland gewesen war.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verlangte indes schärfere Strafmaßnahmen sowie eine Durchsetzung der bestehenden Sanktionen gegen Russland. «Je härter die Sanktionen gegen Russland und gegen die gesamte russische Kriegswirtschaft sind, desto schneller wird der Krieg enden», sagte er in seiner täglich verbreiteten Videobotschaft. Dagegen behauptet Russland immer wieder, dass die Sanktionen unwirksam seien und weder den Krieg beenden noch die Wirtschaft der Rohstoffgroßmacht zerstören würden.

Vizeaußenminister Melnyk meinte, die Partner im Westen sollten endlich aufhören, künstliche rote Linien für ihre Unterstützung zu ziehen. Vielmehr sollten sie ein Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Waffenlieferungen an die Ukraine ausgeben, verlangte er. Das wären allein im Fall von Deutschland mehr als 35 Milliarden Euro. Der ukrainische Diplomat meinte, verglichen mit dem Zweiten Weltkrieg seien die Beträge gering. «Die Verbündeten sollten das Ausmaß dieses Krieges begreifen», sagte Melnyk, der zu dem Thema auch in einer ukrainischen Fernsehtalkshow auftrat. Zur Militärhilfe kommen die Milliardenzahlungen westlicher Länder hinzu, mit denen die Ukraine ihren Staatshaushalt aufrecht erhält.

+++ Selenskyj fordert Durchsetzung von Sanktionen gegen Russland +++

Selenskyj beklagte einmal mehr, dass Russland die im Zuge des Kriegs verhängten Sanktionen des Westens umgehe. Es sei eine zentrale Aufgabe der Weltgemeinschaft, das zu verhindern. Russland führt etwa viele Güter über Parallelimporte und Drittstaaten ein. Zudem verdient das Land trotz der Blockaden des Westens weiter Milliarden mit Öl- und Gasexporten und hält seine Kriegswirtschaft so am Laufen.

Selenskyj teilte mit, dass er neue Sanktionsdekrete unterzeichnet habe, um Russland und insbesondere dem militärisch-industriellen Komplex zu schaden. Details zur möglichen Wirkung dieser Schritte nannte er nicht. Selenskyj sieht nach eigenen Angaben indes Fortschritte beim Streben der Ukraine, auch Sanktionen gegen Russlands Atomindustrie zu erwirken. Er warf Russland erneut vor, die nukleare Kernkraft wie alle Energieformen als Waffe zu missbrauchen.

Präsident Selenskyj (Bild: STR/NurPhoto via Getty Images)
Präsident Selenskyj (Bild: STR/NurPhoto via Getty Images)

Konkret bezog sich der Staatschef auf das von russischen Truppen besetzte Atomkraftwerk Saporischschja, das Moskau für nukleare Erpressung benutze. Selenskyj meinte, eine Allianz westlicher Staaten, darunter die USA, Großbritannien und Japan, könne sich dafür einsetze, den «Terrorstaat» Russland vom Weltmarkt für Atomenergie auszuschließen. In seinem Video dankte Selenskyj einmal mehr auch einzelnen Staaten wie Deutschland für deren militärische Hilfe, etwa bei der Stärkung der Flugabwehr der Ukraine gegen russische Angriffe.

+++ Brasiliens Präsident Lula fordert erneut Ukraine-Friedensgespräche +++

Dagegen setzte sich Brasiliens linker Präsident Luiz Inácio Lula da Silva bei einem Besuch in Europa weiter für Friedensgespräche ein. Während eines Staatsbesuchs in Portugal kritisierte er am Samstag zwar erneut die Verletzung der staatlichen Integrität der Ukraine durch Russland. Daraus leitete er jedoch keine Forderung nach einem Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine ab, sondern forderte Friedensgespräche.

Indirekt setzte Lula Angreifer und Angegriffene auf eine Stufe. «Russland will nicht aufhören, und die Ukraine will nicht aufhören», zitierte ihn die staatliche portugiesische Nachrichtenagentur Lusa. Brasilien wolle mit Partnern Frieden zwischen Russland und der Ukraine ermöglichen. Details zu diesem Vorhaben nannte er nicht.

+++ Experten: Ukrainische Truppen in Cherson auf linkem Dnipro-Ufer +++

Die ukrainischen Truppen sind nach Analysen westlicher Experten im teilweise befreiten Gebiet Cherson nun auch auf die bisher von russischen Besatzern kontrollierte Uferseite des Flusses Dnipro vorgestoßen. Aus veröffentlichten Geodaten und Texten russischer Militärblogger gehe hervor, dass die ukrainischen Streitkräfte Positionen am linken oder Ostufer im Gebiet Cherson eingenommen hätten, teilte das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) mit. Unklar seien aber das Ausmaß und die Ziele dieser erstmals so registrierten Erfolge der Ukrainer.

Bei einer ukrainischen Offensive im Herbst hatten sich die russischen Militärs aus der Gebietshauptstadt Cherson und Teilen der Region komplett vom Westufer des Dnipro zurückgezogen. Ziel war es gewesen, einen Vorstoß der ukrainischen Truppen auf die andere Uferseite zu verhindern.

Die neue Entwicklung würde auf einen Kontrollverlust der russischen Einheiten in der Region hinweisen. Demnach könnten sich die russischen Besatzer nur noch auf Städte konzentrieren.

Die ISW-Experten sehen unter Berufung auf russische Blogger, die das eigene Militär auch immer wieder kritisieren, bereits solide Versorgungslinien zu den Positionen der ukrainischen Streitkräfte.

+++ Großbritannien: Russland wirbt um «echte Männer» für das Militär +++

Auf der Suche nach Freiwilligen für das Militär appelliert Russland nach Angaben der britischen Regierung an die «Männlichkeit» möglicher Rekruten. Das Verteidigungsministerium in Moskau werbe mit einer allgegenwärtigen Kampagne in den sozialen Netzwerken sowie auf Werbetafeln und im Fernsehen um Freiwillige, teilte das britische Verteidigungsministerium am Sonntag in seinem regelmäßigen Geheimdienst-Update auf Twitter mit. Die neuen Anzeigen sprechen demnach den «maskulinen Stolz» potenzieller Rekruten und «echte Männer» an. Auch die finanziellen Vorteile einer Rekrutierung würden herausgestellt.

Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine veröffentlicht das britische Verteidigungsministerium täglich Updates zum Kriegsverlauf, die sich auf Geheimdienstinformationen berufen. Damit will die britische Regierung sowohl russischen Darstellungen entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.

+++ Moskau wirft Berlin Ausweisung von Diplomaten vor - und reagiert +++

Russische Diplomaten haben Berlin verlassen, Moskau wiederum hat mehr als zwanzig deutsche Diplomaten ausgewiesen. Nach Angaben des Außenministeriums in Moskau hat Deutschland über eine «massenhafte» Ausweisung russischer Diplomaten entschieden. Es handele sich um neue «feindliche Handlungen» Deutschlands gegen Russland, teilte Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa am Samstag in Moskau mit. Eine russische Regierungsmaschine mit einer Sondergenehmigung landete am Samstag in Berlin und kehrte dann wieder nach Russland zurück.

Es war unklar, wie viele Russen Deutschland ausgewiesen hat, beziehungsweise wie viele ausgereist sind. Das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte zunächst nur, dass die Bundesregierung in den vergangenen Wochen Gespräche mit Russland zur Präsenz an den jeweiligen Auslandsvertretungen geführt habe, «mit dem Ziel einer Reduzierung der russischen nachrichtendienstlichen Präsenz in Deutschland». Weiter hieß es: «Die heutige Ausreise von russischen Botschaftsangehörigen steht damit in Zusammenhang.» Dazu, ob es sich um eine Ausweisung handelte, machte das Außenamt auch auf Nachfrage keine Angaben.

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+++ Melnyk: Ukraine braucht das Zehnfache an Militärhilfe gegen Russland +++

er ukrainische Vizeaußenminister Andrij Melnyk hat eine Verzehnfachung der westlichen Militärhilfe gegen den russischen Angriffskrieg gefordert. «Wir sind unseren Verbündeten dankbar für ihre militärische Hilfe. Aber das ist nicht genug», schrieb der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland am Samstagabend auf Twitter. «Die Ukraine braucht zehn Mal mehr, um die russische Aggression dieses Jahr zu beenden.» Bisher hätten alle Verbündeten zusammen 55 Milliarden US-Dollar (50 Milliarden Euro) bereitgestellt. Es brauche aber das Zehnfache, betonte der Diplomat.

Tweets by MelnykAndrij

Die Partner im Westen sollten endlich aufhören, künstliche rote Linien zu ziehen und dann ein Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Waffenlieferungen an die Ukraine ausgeben, verlangte Melnyk. Das wären allein im Fall von Deutschland mehr als 35 Milliarden Euro. Der ukrainische Diplomat meinte, dass die Beträge verglichen mit dem Zweiten Weltkrieg gering seien. «Die Verbündeten sollten das Ausmaß dieses Krieges begreifen», mahnte Melnyk, der zu dem Thema auch in einer ukrainischen Fernsehtalkshow auftrat.

+++ Wagner-Chef: Sohn von Kremlsprecher Peskow kämpfte in Ukraine +++

Der Sohn von Kremlsprecher Dmitri Peskow hat im russischen Krieg gegen die Ukraine nach Angaben der Privatarmee Wagner an der Seite von deren Söldnern gekämpft. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin teilte am Samstag mit, dass sich Peskow selbst an ihn gewandt habe wegen des Kriegseinsatzes. Er riet dem Vertrauten von Kremlchef Wladimir Putin demnach, seinen Sohn nicht in die regulären Truppen des Verteidigungsministeriums zu schicken. Der Wagner-Chef kritisiert immer wieder die schlechte Ausrüstung und mangelhafte Ausbildung und Führung der Soldaten.

Peskows Sohn Nikolai Choles, der lange in Großbritannien lebte und einen anderen Namen angenommen hatte, sagte der Boulevardzeitung «KP» in Moskau, dass er gedient habe, weil er das als seine Pflicht angesehen habe. Die Zeitung veröffentlichte auch ein Foto des 33-Jährigen in Uniform. Er soll zudem einen Orden erhalten haben. Kritische Beobachter meinten, dass damit der angebliche Einsatz nicht bewiesen sei.

Peskows Sohn habe nach einer Ausbildung von drei Wochen unter falschem Namen als Artillerist im umkämpften Gebiet Luhansk gedient, sagte Prigoschin, der den Einsatz als vorbildlich lobte. Die Kinder der meisten Vertreter der russischen Elite drückten sich vor dem Kriegseinsatz. «Die Eltern verstecken sie», klagte der 61-Jährige. Die Söhne würden an die Uni geschickt, wo sie freigestellt seien vom Dienst an der Waffe. Dagegen würden die Kinder von Arbeitern in dem Krieg sterben.

+++ Moskau weist mehr als 20 deutsche Diplomaten aus +++

Russland weist nach Angaben des Außenministeriums in Moskau mehr als 20 deutsche Diplomaten aus. Das sagte Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa am Samstag dem staatlichen russischen Militärfernsehsender Swesda. Eine genaue Zahl nannte sie nicht.

Zuvor hatte sie aber angekündigt, dass Moskau auf die «massenhafte Ausweisung» russischer Diplomaten aus Deutschland ebenbürtig reagieren werde. Sie hatte gesagt, dass sich Deutschland zuerst zu dem «feindlichen» Schritt entschieden habe.

Es war unklar, wie viele Russen Deutschland ausgewiesen hat, beziehungsweise wie viele ausgereist sind. Das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte zunächst nur, dass die Bundesregierung in den vergangenen Wochen Gespräche mit Russland zur Präsenz an den jeweiligen Auslandsvertretungen geführt habe, «mit dem Ziel einer Reduzierung der russischen nachrichtendienstlichen Präsenz in Deutschland». Weiter hieß es: «Die heutige Ausreise von russischen Botschaftsangehörigen steht damit in Zusammenhang.»

+++ Strack-Zimmermann: Hilfe für Ukraine darf nicht nachlassen +++

Die designierte Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahl 2024, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, hat die weitere Unterstützung der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland gefordert. «Der Krieg tobt nach wie vor in grausamster Weise», sagte die Bundestagsabgeordnete am Samstag beim FDP-Bundesparteitag in Berlin. «Die Menschen, die wir in dem Jahr kennengelernt haben, sie flehen darum, dass wir nicht wegschauen.» Die Unterstützung sei elementar - «und sie darf nicht nachlassen».

Strack-Zimmermann war vor dem Parteitag vom FDP-Bundesvorstand einstimmig als Spitzenkandidatin nominiert worden. Jetzt machte sie sich für die Integration der Ukraine in die «europäische Familie» stark. Die Ukraine wünsche sich eine Zukunft in der Europäischen Union. «Und ja, der Weg ist ein langer. Der Weg ist auch kein einfacher. Aber er ist ein wichtiges Signal.» Der Ukraine werde signalisiert, «dass wir an ihre Zukunft glauben». Die Botschaft an Russland laute, dass niemand die Ukraine für verloren halte.

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses rief die FDP-Mitglieder auf, sich schützend vor Verantwortliche zu stellen, wenn diese beispielsweise in sozialen Medien für ihre Positionen angegriffen werden. Als Beispiel nannte sie die Ankündigung von Justizminister Marco Buschmann (FDP), Kreml-Chef Wladimir Putin festnehmen zu lassen, wenn dieser seinen Fuß auf deutschen Boden setzen sollte.

«So etwas laut zu sagen, da gehört mit Verlaub ein Arsch in die Hose.» Im Netz seien sofort die russischen Trolle gekommen und über Buschmann hergefallen. «Da haben wir zu unseren Abgeordneten, zu unseren Ministerinnen und Ministern zu stehen. Und zwar im Netz. Und nicht nur zu posten, was wir gegessen haben und wo wir immer im Urlaub sind.»

+++ Spanien schickt erste sechs Leopard-Panzer für Ukraine +++

Spanien hat am Samstag die ersten sechs von insgesamt zehn zugesagten Kampfpanzer vom Typ Leopard für die Ukraine verschifft. Im Fernsehen war zu sehen, wie die Panzer vom älteren Typ 2A4 im nordspanischen Santander auf ein Schiff gefahren wurden. Zudem wurden 20 leichte gepanzerte Transportfahrzeuge verladen. Spaniens Außenminister José Manuel Albares hatte die baldige Lieferung der ersten Leopard-Panzer zuvor bereits angekündigt.

Die Panzer waren lange außer Dienst gestellt und standen seit 2012 eingemottet in einer Lagerhalle bei Saragossa. Für den Einsatz in der Ukraine wurden sie aufwendig überholt und getestet. In den vergangenen Wochen waren in Spanien 55 Ukrainer als Besatzungsmitglieder und Techniker an den Leopard-Panzern ausgebildet worden. Weitere vier Panzer sollen zu einem späteren Zeitpunkt geliefert werden.