Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Sonntag
Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.
Unser Nachrichtenticker ist für heute beendet. Sie können hier die wichtigsten News des Tages zum Krieg in der Ukraine nachlesen.
London: Zustimmung der Russen zum Ukraine-Krieg stark gesunken
US-Geheimdienste: Russlands Kapazität für Frühjahrsoffensive unklar
Macron: Waffensendung an Ukraine schwächt eigene Verteidigung nicht
Ölpreisdeckel für Selenskyj zu hoch angesetzt
Gespräche mit Russland: Fraktionschef der Selenskyj-Partei nennt Bedingungen
Nasa: Russland erntet ukrainischen Weizen in Milliardenwert
Russlands Verteidigungsminister besucht Verbündeten Belarus
Estland kauft Mehrfachraketenwerfer in USA
Die aktuelle Lage im Live-Stream:
+++ London: Zustimmung der Russen zum Ukraine-Krieg stark gesunken +++
Dem Kreml dürfte es nach Einschätzung britischer Experten zunehmend schwerfallen, den Krieg in der Ukraine gegenüber der eigenen Bevölkerung zu rechtfertigen. Das geht aus dem täglichen Geheimdienst-Update des Verteidigungsministeriums in London zum Ukraine-Krieg am Sonntag hervor. «Angesichts dessen, dass Russland in den kommenden Monaten kaum bedeutende Erfolge auf dem Schlachtfeld erringen wird, ist es wahrscheinlich zunehmend schwer für den Kreml, auch nur die schweigende Zustimmung in der Bevölkerung zu erhalten», hieß es in der Mitteilung.
Den Briten zufolge zeigen an die Öffentlichkeit gelangte Daten russischer Behörden, dass inzwischen nur noch ein Viertel der Bevölkerung in Russland den Angriffskrieg in der Ukraine unterstützt. Zu Beginn des Kriegs waren es demnach noch 80 Prozent. Die teilweise Mobilmachung im September habe den Krieg aber für viele Menschen spürbar gemacht.
+++ US-Geheimdienste: Russlands Kapazität für Frühjahrsoffensive unklar +++
Die US-Geheimdienste rechnen im Verlauf des Winters mit einer weiteren Verlangsamung des Krieges, den Russland gegen die Ukraine führt. Bereits jetzt sei ein reduziertes Tempo der Kämpfe zu beobachten und beide Konfliktparteien versuchten, sich für weitere Kämpfe im Frühjahr neu aufzustellen, sagte US-Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines am Samstag auf einem Militär-Forum in Simi Valley (Kalifornien). Jedoch herrsche in Geheimdienstkreisen ein «gewisses Maß an Skepsis» darüber, ob die russischen Streitkräfte für neue Kämpfe im März überhaupt gerüstet seien. Diesbezüglich sei der Blick auf die Ukrainer optimistischer, so Haines.
Derzeit verbrauche Russland mehr Munition, als es nachproduzieren könne. Das «wirklich außergewöhnliche» Tempo, mit dem die russischen Streitkräfte ihre Munition aufbrauchten, veranlasse Moskau dazu, Länder wie etwa Nordkorea um Hilfe zu bitten, sagte Haines in einem Gespräch mit der NBC-Journalistin Andrea Mitchell auf dem Reagan National Defense Forum. Neben der Nachschub-Beschaffung sah Haines auch Herausforderungen auf logistischer oder moralischer Ebene für Russland in der seit mehr als neun Monate dauernden Offensive.
Unklar sei, inwiefern Russlands Präsident Wladimir Putin die Schwierigkeiten bewusst seien. «Ich denke, er wird zunehmend über die Herausforderungen informiert, denen das Militär in Russland gegenübersteht. Aber wir sind uns immer noch nicht sicher, dass er voll und ganz im Bilde darüber ist, wie groß sie sind», so Haines. Putin habe sein politisches Ziel, die Ukraine zu kontrollieren, nicht geändert, sei aber vom ausbleibenden Erfolg der Offensive überrascht worden. Die US-Geheimdienstexperten hielten es für möglich, dass Putin seine militärischen Ambitionen zumindest temporär zurückfahren könne, «mit der Idee, dass er später wieder darauf zurückkommt».
+++ Macron: Waffensendung an Ukraine schwächt eigene Verteidigung nicht +++
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat Kritik zurückgewiesen, seinem Land würden durch Lieferungen an die Ukraine Waffen fehlen. «Das ist zugleich falsch und gefährlich», sagte Macron der Zeitung «Le Parisien» am Sonntag. «Als Oberbefehlshaber der Streitkräfte kann Ihnen versichern, dass immer, wenn wir etwas liefern, wir dies unter Bewahrung all unserer Verteidigungskapazitäten für unseren Boden, unsere kritischen Einrichtungen und unsere Staatsangehörigen tun.»
Die rechtsnationale französische Politikerin Marine Le Pen hatte zuvor im Sender CNews kritisiert, Frankreich könne nicht auf Kosten seiner eigenen Sicherheit Waffen an die Ukraine für deren Verteidigung gegen Russlands Angriffskrieg liefern. Alles Material, das an die Ukraine geschickt werde, fehle Frankreich - entweder für die Armee oder für andere Lieferverträge. Sie glaube, Paris solle keine weiteren Caesar-Haubitzen an Kiew geben.
Macron bezichtigte Le Pen, einen «Kapitulationsdiskurs» zu führen, weil sie eine Freundin der russischen Staatsgewalt sei. «Wenn wir die Caesar-Haubitzen nicht geliefert hätten, hätten die Ukrainer Territorium verloren», sagte Macron. «Ich will, dass unsere Mitbürger wissen, dass wir das Geld, das wir ausgeben, für die Verteidigung unserer Werte und unserer Freiheit ausgeben.»
Frankreich hat der Ukraine bisher 18 Caesar-Haubitzen geliefert, weitere Waffensendungen sollen folgen. Bereits im Sender TF1 hatte Macron versichert, dass die Industrie mehr und schneller produzieren werde und Frankreich sich teils Waffen zurückholen werde, die es an andere Länder verkauft habe und die dort nicht benötigt würden.
+++ Ölpreisdeckel für Selenskyj zu hoch angesetzt +++
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den von westlichen Staaten beschlossenen Preisdeckel für russisches Öl als zu hoch kritisiert. Mit der vereinbarten Obergrenze von 60 US-Dollar pro Barrel (je 159 Liter) fließe weiterhin zu viel Geld in Russlands Haushalt und damit in den Krieg gegen sein Land, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache.
Es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis die Welt zu noch härteren Sanktionsinstrumenten gegen Moskau greifen müsse, meinte Selenskyj zudem mit Blick auf den Preisdeckel für russisches Öl. «Schade, dass diese Zeit nun verloren geht.» Zuvor hatte bereits der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, einen Preisdeckel von 30 Dollar pro Barrel gefordert.
Die EU-Staaten haben sich kürzlich nach langen Verhandlungen auf die Höhe eines Preisdeckels für russisches Öl geeinigt, die G7 und Australien schlossen sich an. Die Staaten wollen Russland dazu zwingen, Erdöl künftig unter dem Marktpreis an Abnehmer in anderen Staaten zu verkaufen. Ziel ist es, die Kriegskasse des Kreml auszutrocknen. Die am Freitag erzielte Absprache sieht vor, zunächst eine Preisobergrenze von 60 US-Dollar pro Barrel festzulegen.
+++ Gespräche mit Russland: Fraktionschef der Selenskyj-Partei nennt Bedingungen +++
Nach einem Gedankenspiel des französischen Staatschefs Emmanuel Macron, Russland mit Sicherheitsgarantien an den Verhandlungstisch zu bringen, hat auch Kiew seinen Vorschlag zu diesen Garantien unterbreitet. Die Ukraine sei bereit, mit Russland darüber Gespräche unter vier Bedingungen aufzunehmen, sagte David Arachamija, Fraktionschef der Selenskyj-Partei «Diener des Volkes». Dies seien der vollständige Abzug aus der Ukraine, Reparationszahlungen, Bestrafung aller Kriegsverbrecher sowie die «freiwillige Abgabe aller Nuklearwaffen». «Danach sind wir bereit, uns an den Verhandlungstisch zu setzen und über Sicherheitsgarantien zu reden», schrieb Arachamija am Samstagabend auf Telegram.
+++ Nasa: Russland erntet ukrainischen Weizen in Milliardenwert +++
Russland hat nach Angaben der US-Raumfahrtbehörde Nasa in diesem Jahr wohl Weizen im Wert von rund einer Milliarde Dollar (rund 950 Millionen Euro) von ukrainischen Feldern geerntet. Rund 5,8 Millionen Tonnen Weizen seien von Feldern in der Ukraine geerntet worden, die nicht unter der Kontrolle des Landes lägen, teilte Nasa Harvest mit, das Ernährungssicherheits- und Landwirtschaftsprogramm der US-Raumfahrtbehörde. Für die Erhebung nutzt Nasa Harvest gemeinsam mit mehreren Partnerinstitutionen Satellitendaten und Modellierungen.
+++ Russlands Verteidigungsminister besucht Verbündeten Belarus +++
Russlands Verteidigungsminister Schoigu besuchte derweil das verbündete Nachbarland Belarus. Bei einem Treffen mit dem autoritären Langzeit-Machthaber Alexander Lukaschenko bedankte sich Schoigu für die Unterstützung der in Belarus stationierten russischen Soldaten. «Sie fühlen sich hier wirklich wie zuhause», zitierte ihn die staatliche belarussische Nachrichtenagentur Belta.
Gemeinsam mit seinem Amtskollegen Viktor Chrenin unterzeichnete Schoigu demnach auch ein Dokument über Änderungen an einem Sicherheitsabkommen zwischen beiden Ländern. Inhaltliche Details wurden zunächst nicht bekannt.
+++ Estland kauft Mehrfachraketenwerfer in USA +++
Estland rüstet vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf: Im bislang größten Rüstungsgeschäft seiner Geschichte erwirbt das baltische Nato-Mitglied sechs US-Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars. Der Kaufvertrag im Wert von mehr als 200 Millionen US-Dollar (etwa 190 Millionen Euro) sei am Freitag unterzeichnet worden, wie das Estnische Zentrum für Verteidigungsinvestitionen in Tallinn mitteilte.
Die Auslieferung der ersten Raketensysteme soll 2024 erfolgen. Der Krieg in der Ukraine wird in dem an Russland grenzenden Estland als direkte Gefahr für die nationale Sicherheit gesehen.
+++ Ukraine will alle Kriegsgefangenen zurück +++
In einer kurzen Zeremonie hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Rückkehr einiger seiner Soldaten aus russischer Kriegsgefangenschaft gefeiert. «Es war ein besonderer Tag in einer besonderen Woche», sagte er dazu am Freitagabend in seiner täglichen Videoansprache. Zugleich kündigte er an, weitere Soldaten aus russischen Gefangenenlagern zurückzuholen. «Wir werden keinen einzigen Ukrainer in russischen Gefängnissen, Lagern und "Isolationen" (Haftanstalten) zurücklassen. Wir denken an alle.»
Selenskyj hatte am Nachmittag in Kiew einer Reihe von ehemaligen Kriegsgefangenen Medaillen verliehen. In den vergangenen Tagen hatten Russland und die Ukraine mehrmals Kriegsgefangene ausgetauscht. Nach Selenskyjs Angaben waren auf diese Art seit Kriegsbeginn im Februar insgesamt 1331 ukrainische Soldaten aus russischer Gefangenschaft freigekommen. Unterdessen bemüht sich Kiew weiter um ein Sondertribunal, um russische Kriegsverbrechen zu verfolgen.
+++ EU bildet bislang 1100 ukrainische Soldaten aus +++
Zweieinhalb Wochen nach dem Start einer EU-Ausbildungsmission für die ukrainische Armee werden bisher 1100 Soldaten geschult. Dies teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Freitag beim Besuch eines Ausbildungscamps im polnischen Brzeg mit. Diese Mission zeige Europas Willen, die Ukraine im seit mehr als neun Monaten dauernden Krieg gegen Russland zu unterstützen. Die EU-Außenminister hatten die Mission am 14. November beschlossen. Am Tag danach war offizieller Beginn. Insgesamt sollen bis zu 15 000 Soldatinnen und Soldaten in 20 Mitgliedsländern ausgebildet werden, auch in Deutschland.
+++ Wirbel um russischen Oppositionssender +++
In Lettland ist der unabhängige russische Fernsehsender Doschd wegen seiner Berichterstattung über den Ukraine-Krieg ins Visier der Behörden geraten. Der Nationale Rat für elektronische Massenmedien (NEPLP) belegte den TV-Kanal mit einer Geldstrafe von 10 000 Euro, weil er eine Karte gezeigt habe, auf der die annektierte ukrainische Halbinsel Krim als Teil Russlands zu sehen war. Die russischen Streitkräfte seien als «unsere Armee» bezeichnet worden, teilte der NEPLP auf Twitter mit. Weiter leitete die Medienaufsicht ein Verfahren gegen Doschd wegen der Ausstrahlung von Appellen zur Unterstützung der russischen Armee ein. Chefredakteur Tichon Dsjadko beteuerte, dass der oppositionelle Kanal keine Hilfe für die russische Armee leiste. Er entschuldigte sich auf Twitter für den «fehlinterpretierbar formulierten» Aufruf des Moderators, der nach Senderangaben inzwischen entlassen wurde.
+++ Lettland fordert von Deutschland «mehr Verantwortung in Europa» +++
Nach Meinung Lettlands sollte Deutschland mehr Führungsstärke und Verantwortung in Europa zeigen. Das sagte der Staatssekretär im Verteidigungsministerium in Riga, Janis Garisons, im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstag). «Wenn wir in die Zukunft schauen, dann denken wir, dass Deutschland mehr Verantwortung innerhalb Europas übernehmen sollte», sagte Garisons. «Jemand muss
führen in Europa und die Verteidigungsfähigkeit der einzelnen Länder bündeln. Schließlich sei Deutschland eine große wirtschaftliche, militärische und politische Macht und liege im Zentrum Europas.