Unerbittlich, schlagkräftig, nicht jugendfrei: So wirbelt eine gehörlose Heldin die Marvel-Welt durcheinander
Nur hören kann sie nicht: Alle anderes Sinne sind bei der neuen Marvel-Heldin Maya Lopez aber geschärft. Im großartigen Fünfteiler "Echo" nimmt sie es mit einem der fiesesten Gangsterbosse New Yorks auf.
Zuletzt riefen die Superhelden beim Publikum wahrlich keine Begeisterungsstürme mehr hervor. Der Kinofilm "The Marvels" war für Marvel-Verhältnisse ein Flop, und abgesehen vom fantastischen "Loki" waren auch die Serien enttäuschend. Nun soll es Maya Lopez (Alaqua Cox) richten: Streamingdienst Disney+ schickt die gehörlose Kampfkünstlerin, die von amerikanischen Ureinwohnern abstammt, ab 10. Januar in der fünfteiligen Miniserie "Echo" auf eine unerbittliche Mission. Wiedersehen mit alten Bekannten inklusive.
Eine Unbekannte ist auch Maya Lopez nicht: Der Avenger-Bogenschütze Hawkeye hat in seiner eigenen Serie vor zwei Jahren schmerzliche Bekanntschaft mit ihr gemacht. Weil sie taub ist, hat sie ihre anderen Sinne geschärft und ist fast unschlagbar. Davon hat ausgerechnet ein Marvel-Schurke lange profitiert: Wilson Fisk alias Kingpin (Vincent D'Onofrio) hatte Maya nach dem Tod ihres Vaters unter seine Fittiche genommen.
Nachdem Maya die Wahrheit über ihre Vergangenheit erfährt, stellt sie sich gegen den Verbrecherkönig und richtet ihn. Ihre Probleme löst sie damit freilich nicht. Im Gegenteil, Maya schafft ein Machtvakuum. Und so etwas ist immer gefährlich - nicht nur für Maya. Auch ihre Familie, die in einem Reservat in Oklahoma lebt und geschäftliche Verbindungen zu Kingpins Syndikat hat, bekommt zu spüren
Erste indigene Marvel-Heldin
Mit "Echo" holt Marvel wieder zu einem ganz großen Wurf aus. Die Miniserie ist einerseits knallharter Actionthriller, gewalttätig, düster und mit einer Protagonistin, die beim besten Willen nicht zur strahlenden Heldin taugt. Was sie veranstaltet, ist nicht jugendfrei: Es ist ziemlich ungewöhnlich, dass sich das familienfreundliche Disney in den USA auf eine Serie mit "TV-MA"-Rating (entspricht FSK 18) eingelassen hat.
Der Fünfteiler ist gleichzeitig eine Geschichte über die Kultur der amerikanischen Ureinwohner: "Echo" mag in dieser Hinsicht zwar dem ebenfalls bei Disney+ laufenden und bedingungslos empfehlenswerten "Reservation Dogs" nicht das Wasser reichen können, aber Marvel verschließt die Augen nicht vor der Realität, wenngleich ein bisschen Genre-typische Mystik nicht fehlt.
Auf jeden Fall steht in "Echo" zum ersten Mal bei Marvel eine indigene Figur im Mittelpunkt. Die Hauptdarstellerin Alaqua Cox selbst gehört zur Menominee and Mohican Nation - und sie ist grandios, ihre Performance energiegeladen und glaubhaft. Wie Maya ist Cox taubstumm und hat einen amputierten Unterschenkel.
Einschränkungen sind das freilich nicht, auch das ist eine Botschaft von "Echo". Denn Maya lässt sich in ihrem Kampf gegen Kingpins Vermächtnis nicht aufhalten. Unterstützung nimmt sie dabei trotzdem an, unter anderem von Daredevil (Charlie Cox), der demnächst mit einer eigenen Serie zurückkommen soll.