Unerkannt ist es gefährlich - Bei jedem 2. Betroffenen wird diese Erkrankung mit Alzheimer-Demenz verwechselt

Das Bild zeigt einen Gehirnscan. Der Normaldruckhydrocephalus (NPH) ist eine Erkrankung, bei der sich zu viel Gehirnflüssigkeit (Liquor) im Gehirn ansammelt, was zu einer Erweiterung der Ventrikel und verschiedenen Symptomen führt.<span class="copyright">Getty Images/Image Source</span>
Das Bild zeigt einen Gehirnscan. Der Normaldruckhydrocephalus (NPH) ist eine Erkrankung, bei der sich zu viel Gehirnflüssigkeit (Liquor) im Gehirn ansammelt, was zu einer Erweiterung der Ventrikel und verschiedenen Symptomen führt.Getty Images/Image Source

Der idiopathische Normaldruckhydrocephalus wird häufig zunächst für Alzheimer oder Demenz gehalten, da ähnliche Symptome auftreten. Was wirklich hinter der Erkrankung steckt, warum es wichtig ist, sie zu erkennen und wie die Therapie aussieht, erklärt Neurologe Mimoun Azizi.

Der idiopathische Normaldruckhydrocephalus

Das Krankheitsbild des Normaldruckhydrocephalus wurde erstmalig im Jahre 1964 von Salomon Hakim, einem kolumbianischen Neurochirurgen, beschrieben. Die konkreten Ursachen für diese Erkrankung sind bisher nicht ausreichend erforscht.

Der Normaldruckhydrocephalus (NPH) ist eine Erkrankung, bei der sich zu viel Gehirnflüssigkeit (Liquor) im Gehirn ansammelt, was zu einer Erweiterung der Ventrikel und verschiedenen Symptomen führt. So entstehen schwankende Druckverläufe im Gehirn, die besonders nachts auftreten. Diese Druckspitzen können zu neurologischen Ausfällen führen, die sich im Laufe der Zeit verschlimmern und zu dauerhaften Beeinträchtigungen bis hin zur Pflegebedürftigkeit führen.

Welche Symptome treten dabei auf?

Die typischen Symptome des idiopathischen Normaldruckhydrocephalus, bekannt als Hakim-Trias (benannt nach dem Entdecker Salomon Hakim), umfassen

  • Gangstörungen,

  • Inkontinenz und

  • Demenz.

Diese Symptome entwickeln sich meist schleichend. Betroffene haben oft einen kleinschrittigen Gang, der unsicher ist und häufig zu Stürzen führt.

Im Gegensatz zu Parkinson-Patienten zeigen sie keinen Tremor oder Muskelsteifheit. Neben den Gang- und Gleichgewichtsstörungen leiden viele Betroffene auch an Harninkontinenz, die ihre Lebensqualität stark beeinträchtigt. Oft trinken sie weniger, um die Inkontinenz zu kontrollieren, was jedoch die kognitiven Symptome wie Vergesslichkeit und Konzentrationsstörungen verschlimmern kann. Zusätzlich treten häufig Schlafstörungen, Antriebslosigkeit und Apathie auf.

Ursachen des Krankheitsbildes

Es gibt mehrere Theorien darüber, wie diese Krankheit entsteht. Die häufigste Annahme ist, dass die Resorption der Gehirnflüssigkeit gestört ist. Dies führt zu einer Zunahme des Liquorvolumens und einem Anstieg des Drucks im Schädel, wodurch sich der Widerstand in den Venen erhöht. Dies verringert den Blutfluss im Gehirn und die Pulsation der Gehirnflüssigkeit.

Die Folge ist ein sogenannter „Liquor-Rückfluss“ in das Ventrikelsystem, was zu deren Erweiterung und einem raumfordernden Effekt im Gehirn führt. Der idiopathische Normaldruckhydrocephalus tritt häufiger bei Menschen über 60 Jahren auf und betrifft Männer und Frauen gleichermaßen. Im Gegensatz dazu kann der sekundäre Normaldruckhydrocephalus in jedem Alter auftreten und ist oft eine Folge von Hirninfektionen wie Enzephalitis oder Meningitis.

Diagnose des NPH´s

Die Krankheit wird oft erst spät erkannt, da nur etwa die Hälfte der Betroffenen alle drei typischen Symptome (Gangstörungen, Inkontinenz, Demenz) gleichzeitig zeigen. Im Anfangsstadium und bei nur einem auftretenden Symptom wird die Krankheit häufig übersehen.

Die Diagnose erfordert eine gründliche Anamnese und klinische Untersuchungen. Mindestens zwei der drei Hauptsymptome sollten vorhanden sein, wobei Gang- und Gleichgewichtsstörungen fast immer auftreten. Selten sind Inkontinenz oder Gedächtnisprobleme die ersten Anzeichen.

Zur Diagnose ist auch eine zerebrale Bildgebung notwendig, insbesondere eine Kernspintomographie. NPH wird in 50 Prozent der Fälle mit Alzheimer-Demenz verwechselt, da ähnliche Symptome wie Gedächtnisverlust und Konzentrationsstörungen auftreten. Wenn jedoch die klinischen Symptome und die Bildgebung auf NPH hinweisen, sollte eine entsprechende Behandlung erfolgen.

Wie sieht die Therapie aus und wie hoch sind die Erfolgsaussichten dabei? 

Je früher diagnostiziert und behandelt wird, desto besser sind die Ergebnisse. Wie beim Schlaganfall gilt auch hier: „time is brain“ . Die Therapie hängt von Faktoren wie dem Alter, Allgemeinzustand und den Vorerkrankungen ab. Neben der Liquor-Entlastungspunktion ist eine Shunt-Anlage möglich, die oft effektiver ist. Studien zeigen, dass operative Therapien den konservativen überlegen sind.

Zusätzlich benötigen die Patienten eine physiotherapeutische Behandlung und Gedächtnistraining. Regelmäßige Kontrollen und ausreichende Flüssigkeitsaufnahme sind wichtig, um kognitive Beeinträchtigungen zu verhindern. Obwohl die Erfolgsaussichten bei über 80 Prozent liegen, wird nur jeder zehnte Patient behandelt. Unbehandelte Fälle können zu erheblichen Schäden durch den Verlust der Selbständigkeit und zu Pflegebedürftigkeit führen, weshalb die Aufklärung über NPH und seine Differenzialdiagnosen von zentraler Bedeutung sind.