Uschi Buchfellner: Das Schicksal eines Nacktstars

Uschi Buchfellner in "Cola, Candy, Chocolate" aus dem Jahr 1979

Manche Geschichten sind so unglaublich und doch so wahr, dass man sich gar nicht trauen mag, sie weiter zu verbreiten. Die Geschichte von Uschi Buchfellner ist so ein modernes Märchen von einem Aschenputtel, das auszog, von einer Hölle in die nächste wanderte und nun endlich - nach Jahrzehnten - im wirklichen Leben angekommen ist.

Uschi Buchfellner (54) war das erste deutsche Playmate in der US-Ausgabe des "Playboy" und zog sich jahrelang für billige, aber harmlose Erotikfilmchen aus. Der zweifelhafte Ruhm brachte ihr jede Menge Ärger ein. Die Familie hat mit ihr gebrochen, Freunde sagten sich von ihr los. Über ihre Erlebnisse hat Uschi Buchfellner das Buch "Lange war ich unsichtbar" (Kailash, 224 Seiten, 17,99 Euro) geschrieben, das heute erscheint.

Vom "Abschaum von Hasenbergl" zum Model

Aufgewachsen ist sie im Münchner Glasscherbenviertel Hasenbergl, einem sozialen Brennpunkt der 70er- und 80er-Jahre. In einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" erzählte sie, dass sie mit ihren Eltern und neun Geschwistern in einer Zwei-Zimmer-Wohnung hauste, das Klo auf dem Flur. "Mein Vater war meistens arbeitslos. Meine Mutter ließ sich nach dem vierten Kind pro forma scheiden, dadurch bekamen wir Kindergeld."

Die Mutter habe mit dem bisschen Geld nicht umgehen können. "Spätestens vier Tage bevor der Postbote mit dem Geld kam, hatten wir nichts mehr. Es ist für ein Kind grausam, seine Mutter so verzweifelt zu sehen... Immer Hunger, nie ordentlich angezogen, zu Hause brutal geschlagen vom Vater. Ich war ein Häufchen Elend, und jeder wusste: Mit der kann man es ja machen, die wehrt sich nicht."

Nach der Hauptschule ("Ich war Abschaum vom Hasenbergl") trat Uschi eine Lehrstelle als Verkäuferin in einer Bäckerei an, wo man ihr "abends tütenweise Brot und Kuchen" mitgab. "Meine Geschwister warteten schon an der Straßenbahnhaltestelle." Eines Tages - sie war nun 16 und mit ihrem ersten Freund in einen Biergarten unterwegs - sprach sie ein Fotograf vom "Playboy"-Magazin an: "Ich finde Sie sehr hübsch. Wollen Sie Playmate werden?"

So etwas hatte sie noch nie gehört. Bisher hatte es immer nur geheißen: "Du hässliche Kuh." Als sie dann beim Shooting war und sich ausziehen musste, hatte sie "panische Angst, er schickt mich wieder weg, weil ich doch nicht hübsch bin." Er hat sie nicht weggeschickt.

Tränen nach dem ersten Shooting

Mit 16 im deutschen "Playboy", mit 18 dann im amerikanischen - als erste Deutsche. Auf dem Titel war sie zusammen mit Burt Reynolds zu sehen, der seinerzeit zu den größten Weltstars gehörte. 4.000 Mark Honorar bekam die 16-Jährige beim ersten Shooting. "Die Hälfte hat mir gleich mein Freund abgeschwatzt, weil er Schulden hatte. Die Freundschaft ist dann schnell zu Ende gegangen. Und meinen Job habe ich verloren, die Bäckerin hat mich rausgeschmissen. Das war ein Riesendrama für mich. Ich dachte, jetzt muss ich wieder hungern. Ich habe drei Tage nur geweint."

Sie hat noch mehr verloren. Ihr Elternhaus, das Hasenbergl und ihre Freunde, weil Eltern sie nicht mehr mit ihren Kinder verkehren ließen. Sie wurde als Nutte beschimpft. "Meine Mutter traute sich nicht mehr auf die Straße... Gleichzeitig waren viele andere Mädchen im Viertel mit 14 schwanger und wussten nicht von wem. Aber ich war die Nutte, weil ich mich hatte fotografieren lassen."

Diese Doppelmoral hatte ihr schon immer zu schaffen gemacht. So war man in der Vorstellung ihrer Großmutter als Frau schuld, wenn ein Mann einen interessant fand. "Ich war eine Nutte, weil Männer mich scharf fanden." Als Uschi mit sieben Jahren missbraucht wurde und es der Großmutter erzählte, "gab sie mir eine Ohrfeige und schrie mich an, ich hätte diesen Mann verführt. Das hat mein Leben aus der Bahn geworfen. Ab da wusste ich, mich darf man nicht lieb haben."

Immerhin ging es finanziell aufwärts. Es kam ein Auftrag nach dem anderen. Aktfotos, Bademoden, Werbung für Kosmetik. Dann kamen die billigen Sexfilmchen. Immerhin konnte sie sich eine Eigentumswohnung leisten. Und ein neuer Freund kam auch: Rolf Eden, heute 85, ein illustrer Berliner Nachtclubbesitzer, der sich selbst als Deutschlands bekanntesten Playboy bezeichnete. "Es war eine Vater-Tochter-Beziehung, er war 32 Jahre älter als ich, und nach sieben Jahren wollte ich dann auch mal eine Frau werden. Wir sind heute gute Freunde."

Raus aus der Opferrolle

Mit 21 war dann Schluss mit der Nackedei-Karriere. "Es gab ja auch andere Filme. Warum musste immer ich meinen Busen zeigen? Ich habe die Schauspielschule besucht. Beim Fernsehen und Theater verdiente ich viel weniger, aber das war in Ordnung."

Mit den Eltern hat sie sich mittlerweile ausgesöhnt. Seit elf Jahren ist sie mit ihrem Lebenspartner zusammen, "eine phantastische Beziehung". Und ihre Opferrolle hat sie auch abgelegt. "Jetzt habe ich viel mehr Platz für meine eigenen Bedürfnisse, weil der Raum nicht mehr von Groll, Ängsten und Schmerzen besetzt ist."

Foto(s): ddp images