"Es war Fake": Schwere Schummel-Vorwürfe gegen Joko und Klaas

Haben Joko und Klaas die Zuschauer bei der Erstellung angeblich authentischer Einspielfilme getäuscht? Neue Recherchen konfrontieren die ProSieben-Entertainer mit umfangreichen Schummel-Vorwürfen. Vonseiten der zuständigen Produktionsfirma heißt es, man wolle das Publikum nicht langweilen.

Sie stehen für anarchische TV-Unterhaltung und Mutproben am Rande des Irrsinns: Auf diese Weise haben sich Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf ein treues Fan-Publikum erworben. Doch womöglich nicht ausschließlich mit lauteren Mitteln. Das zumindest legen Recherchen des NDR-Formats "STRG_F" nahe, das die Redaktion von "Panorama" im Rahmen des Jugend-Online-Kanals funk für YouTube produziert. In einer Mitteilung des Senders wird den beiden ProSieben-Entertainern der Einsatz gecasteter Laiendarsteller vorgehalten. An anderer Stelle sei die Darstellung vermeintlich authentischer Ereignisse verkürzt und verfälscht aufbereitet worden, um die Zuschauer über das Zustandekommen von Einspielfilmen zu täuschen.

Konkret nennt der NDR die ProSieben-Formate "Late Night Berlin" mit Klaas Heufer-Umlauf und die Showreihe "Duell um die Welt", in der sich Joko und Klaas einen Mutproben-Wettstreit rund um den Erdball liefern, neuerdings auch in der "Team"-Variante mit weiteren prominenten Teilnehmern.

Bei einem angeblichen Fahrraddiebstahl, der bei "Late Night Berlin" gezeigt wurde, hätten "Zeugenaussagen und privates Videomaterial" ergeben, dass nicht wie suggeriert ein echter Dieb auf frischer Tat ertappt wurde, sondern die Szene mit einem Laiendarsteller "mindestens zwei Mal gedreht" wurde. Heufer-Umlauf hatte den Beitrag mit den Worten anmoderiert: "Ich möchte Fahrraddiebe auf frischer Tat ertappen." Die Darstellung geriet so überzeugend, "dass die Polizei Berlin ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf schweren Diebstahl eines Fahrrads eingeleitet hat", wie es in der NDR-Mitteilung heißt. Ebenso sei es beim Dreh eines "angeblich authentischen Tinderdates" zum Einsatz einer Schauspielerin gekommen. Die Befragung von Zeugen habe auch hier ergeben, dass die Szene mehrfach gedreht worden sei.

Neue Belege zum Fall Sophia Thomalla

Auch beim Samstagabend-Erfolgsformat "Duell um die Welt" fand man Anzeichen für fingierte Darstellungen. So sei der Schauspieler Edin Hasanovic nicht wie suggeriert von seinen Begleitern in einem Heißluftballon verlassen worden, um ihn alleine zu landen. In der NDR-Mitteilung heißt es dazu: "Das Schweizer Bundesamt für Zivilluftfahrt gibt an, dass der Schauspieler zu keiner Zeit alleine im Ballon gewesen sei. Ein Pilot sei immer anwesend gewesen, dies sei auch die gesetzliche Vorgabe. Der Pilot habe dies gegenüber der Behörde auch bestätigt." Der Behörden-Sprecher Urs Holderegger wird vom NDR mit den Worten zitiert: "Es war Fake."

Schließlich wird in der umfangreichen Mitteilung der in den Medien bereits thematisierte Fall der Schauspielerin Sophia Thomalla aufgegriffen. Bei ihrer "Duell um die Welt"-Teilnahme war sie mit verbundenen Augen aus einem Hubschrauber geschubst worden. An der Schilderung der Abläufe hatten ProSieben-Zuschauer Skepsis angemeldet, unter anderem weil sich die Haarfarbe der Schauspielerin im Laufe des Films verändert. Offenbar zu Recht: Laut NDR liegen inzwischen "neue Belege vor, dass eine angebliche Autofahrt von Nizza nach Budapest nie stattgefunden hat. Die beiden Termine lagen Wochen auseinander und waren nicht, wie im Film nahegelegt, zusammenhängend." In einer Stellungnahme hatte ProSieben die nach der Ausstrahlung im Dezember 2019 laut gewordenen Schummelvorwürfe mit der Feststellung kommentiert: "Auf einer stundenlangen, langweiligen Fahrt durch Europa ist alles möglich."

Laut NDR-Mitteilung wollten sich Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf nicht zu den Recherche-Ergebnissen äußern. Allerdings habe die zuständige Produktionsfirma Florida TV "die Vorwürfe im Kern" eingeräumt. So habe man in Bezug auf den mutmaßlich gefakten Fahrraddiebstahl bemerkt, dass "der komödiantische Aspekt womöglich deutlicher gemacht hätte werden müssen". Zum Fall des Heißluftballon-Drehs heißt es, dass "keiner unserer Protagonisten bei der Erfüllung seiner Aufgabe in Lebensgefahr gerät". Die Causa Sophia Thomalla wird schließlich mit der Aussage kommentiert, man wolle die Zuschauer nicht langweilen.

Seit dem Rückzug von Stefan Raab gelten Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf als die wichtigsten Aushängeschilder von ProSieben im Show-Bereich. Inzwischen treten die zunächst bei MTV als Duo bekannt gewordenen Moderatoren vermehrt auch einzeln auf, Joko Winterscheidt ist aktuell etwa als Juror in der Erfindershow "Das Ding des Jahres" zu sehen. Für das sogenannte "Gosling-Gate", eine Verlade der Jury der Goldenen Kamera im Zuge ihrer damaligen Sendung "Circus Halligalli", erhielten Joko und Klaas 2018 zum zweiten Mal den Grimme-Preis. Auch in diesem Jahr dürfen die beiden die renommierte Auszeichnung entgegennehmen: Wie das Grimme-Institut aktuell mitteilt, werden sie für das Format "Joko & Klaas LIVE - 15 Minuten" geehrt. Hier gaben die beiden Entertainer unter anderem Aktivisten gegen Rechtsextremismus sowie Flüchtlingshelfern eine Plattform. Nicht mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wird allerdings das gleichfalls nominierte "Late Night Berlin".