Högl fordert schnellen Bürokratieabbau in der Bundeswehr

Berlin (dpa) - Für die schnelle Modernisierung der Bundeswehr mit 100 Milliarden Euro Sondervermögen müssen nach Einschätzung der Wehrbeauftragten Eva Högl (SPD) die gesamten Verwaltungsverfahren gestrafft werden.

«Priorität sollte vor allem die persönliche Ausstattung sein. Helme, Schutzwesten, Bekleidung, Rucksäcke», sagte Högl im Bundestag bei einer Debatte ihres Jahresberichts 2021. Die dafür bereitgestellten 2,4 Milliarden Euro müssten schnell und vollständig in der Truppe ankommen. «Auch die 100 Milliarden Euro können nicht in den hergebrachten Verfahren ausgegeben werden. Das Vergaberecht muss vereinfacht werden. Und wir brauchen in der Bundeswehr weniger Bürokratie.»

Ihr Jahresbericht war im März vorgestellt worden und listet Probleme in den Streitkräften auf. So bezeichnet Högl Mängel und materielle Defizite bei den Einsätzen im Ausland als «alarmierend». «Die Einsatzbereitschaft von Großgeräten betrug teilweise nur knapp 50 Prozent. Alltägliche Ausrüstungsgegenstände wie Schutzwesten oder Winterjacken wurden mitunter erst in das Einsatzgebiet nachgeschickt.» Im Grundbetrieb - also dem Dienst in Deutschland - sehe es nicht anders aus. Vom Anspruch «Train as you fight» («Trainiere wie du kämpfst») sei die Bundeswehr weit entfernt.

Krieg in der Ukraine «verändert alles»

Högl begrüßte verstärkte Bemühungen um die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte. «Der entsetzliche Krieg in der Ukraine verändert alles. Für die Soldatinnen und Soldaten bedeutet es, dass es ernst werden kann, dass es schnell gehen muss, und dass sie immer einsatzbereit sein müssen», sagte sie. Die Bündnis- und Landesverteidigung werde jetzt konkret», sagte Högl. Es werde deutlich, wofür Deutschland die Bundeswehr brauchen. Högl: «Unsere Soldatinnen und Soldaten verteidigen Frieden, Freiheit, Demokratie und Sicherheit.»

Die CDU-Fachpolitikerin Kerstin Vieregge sagte angesichts der neuen Sicherheitslage, eine einsatzbereite und «kaltstartfähige» Bundeswehr benötige nicht nur modernere Ausstattung. Wenn jetzt mehr von den Soldaten verlangt werde, sei es auch unabdingbar, bessere soziale Rahmenbedingungen etwa für Familien zu schaffen. Nach bisherigen meist planbaren Auslandseinsätzen rede man nun auch über kurzfristige Verlegungen Tausender Soldaten. Betreuungsangebote seien gut, aber nicht für solche Größenordnungen angelegt. Vieregge betonte, es brauche dauerhaft mehr Mittel für den Verteidigungsetat über das geplante Sondervermögen von 100 Milliarden Euro hinaus.

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) verwies auf Grausamkeiten des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und dass unklar sei, wie weit der russische Präsident Wladimir Putin seinen Kurs vorantreiben werde. «Und deswegen war es noch nie so wichtig in der Geschichte unseres wiedervereinigten Landes, wehrhaft zu sein», sagte Lambrecht.