Wer sah Frauke Liebs zuletzt: Der Abend im "Auld Triangle"
Die letzten Augenzeugen sahen Frauke Liebs vor ihrem Tod beim WM-Spiel im Paderborner Pub "The Auld Triangle". Darunter müssen auch viele britische Soldat*innen gewesen sein.
Inzwischen sind britische Soldat*innen ein seltener Anblick in Paderborn geworden. Doch im Sommer 2006 waren sie noch allseits präsent. In fünf Kasernen mit insgesamt 1500 Wohneinheiten lebten damals britische Soldat*innen und ihre Angehörigen. Eine der Kasernen war sogar in Gehweite des "Auld Triangle". Deshalb hielten sich am Abend von Frauke Liebs' Verschwinden vermutlich auch zahlreiche britische Fußballfans in dem Pub in der Libori Galerie auf. Schließlich spielte die englische Mannschaft bei der WM und zudem war keine andere Kneipe unter der Woche so spät noch geöffnet.
Kaserne in Gehweite: Alanbrooke Barracks
Die Alanbrooke Barracks liegen im Riemekeviertel und grenzen an den Riemekepark und den Westfriedhof. Dort war seit 1998 das "40. Regiment Royal Artillery" sowie ab 2001 das "5. Battalion The Rifles" stationiert. Vom Gelände der ehemaligen britischen Infanterie- und Panzergrenadierkaserne bis zur Libori Galerie in der Innenstadt sind es nur knapp anderthalb Kilometer. Auch von Fraukes Wohnort in der Borcherner Straße sind es nur etwa 1,7 Kilometer bis zur Alanbrooke Kaserne. Es ist also anzunehmen, dass besonders viele Soldat*innen dieser Kaserne den Pub besuchten, um dort die Spiele der englischen Mannschaft zu verfolgen. Auch von der Barker Kaserne im Osten der Stadt sind es weniger als zweieinhalb Kilometer bis zum Pub. 2006 waren dort die Infanterie des "Princess of Wales's Royal Regiment" und das "3. Battalion der Royal Electrical and Mechanical Engineers" (REME) stationiert. Weiter entfernt im Norden der Stadt befinden sich rund um den Truppenübungsplatz Senne die Dempsey Barracks im Stadtteil Schloß Neuhaus, sowie die Kasernen Athlone und Normandy, die noch heute von der britischen Armee als Hauptquartier genutzt werden. Auch von dort könnten Soldat*innen im Pub gewesen sein, um das WM-Spiel zu sehen.
England vs. Schweden: Wer hat Frauke im Pub gesehen?
"The Auld Triangle" liegt in einem Einkaufszentrum mitten in der Paderborner Innenstadt. Er ist nicht nur bei Student*innen, sondern besonders auch bei Angehörigen der britischen Armee beliebt. Schließlich bietet er ein Stück britische Kultur mitten in Deutschland und zeigt vor allem die Fußballspiele englischer Mannschaften. Auch am 20.06.2006 war "The Auld Triangle" bis auf den letzten Platz gefüllt, als Frauke Liebs dort ihre Freundin Isabella traf, um mit ihr das Vorrundenspiel der "Three Lions" gegen Schweden anzuschauen. Beide Frauen trugen rot-weiße Kleidung, um die Engländer zu unterstützen. Frauke kam ein wenig zu spät, Isabella hielt ihr einen Platz mit guter Sicht auf die Leinwand frei. Während des Spiels textete Frauke immer wieder mit einem Bekannten, bis ihr Handy-Akku leer war.
Das letzte WM-Gruppenspiel war ein emotionales Auf-und-Ab. Nachdem Joe Cole die Engländer in Führung gebracht hatte, glich Schweden früh in der zweiten Halbzeit durch Allbäck aus. Die Schweden spielen nun eigentlich stärker. Doch fünf Minuten vor Schluss kommt noch einmal eine Flanke in den schwedischen Strafraum und der legendäre Steven Gerrard erzielt etwas überraschend die erneute Führung, der ganze Pub steht Kopf. Doch die Freude währt nur kurz, denn in buchstäblich letzter Minute gleicht Henrik Larsson für die Schweden zum 2:2 aus. Für die "Three Lions" reicht es trotzdem knapp zum Gruppensieg, damit kommt es auch nicht zum Achtelfinal-Duell gegen die DFB-Elf, wie Frauke und ihr Mitbewohner vorher befürchtet hatten.
Letzte Augenzeugen sehen Frauke um 23:00 Uhr
Nach dem Spiel herrschte trotz des späten Ausgleichs ausgelassene Stimmung über den Gruppensieg. Frauke verabschiedete sich aber bereits kurz nach dem Abpfiff von ihrer Freundin und verließ den Pub alleine gegen 23:00 Uhr. Vom Verlassen des Pubs bis zu ihrer Entführung ist bisher nichts über ihren Aufenthaltsort bekannt. Auf dem Heimweg zu ihrer Wohnung könnte sie verschiedene Routen genommen haben (siehe Grafik).
Erst um 00:49 schickt sie eine SMS an ihren Mitbewohner Chris K.. Diese kommt bereits aus dem Funkgebiet Nieheim-Entrup, etwa 30 Kilometer von Paderborn entfernt. Dorthin muss Frauke also mit dem Auto gekommen sein. Sie muss also auf dem Weg zwischen dem Irish Pub und ihrem Zuhause in ein Fahrzeug gestiegen sein, ob freiwillig oder gegen ihren Willen, ist bisher nicht bekannt. Besonders unter den Pub-Besucher*innen könnten noch Augenzeugen zu finden sein, die sich bisher nicht gemeldet haben und wichtige Hinweise beitragen könnten.