"Wie der wilde Westen": Ex-Bundeswehrsoldat schockt bei "Markus Lanz" mit Erfahrungsbericht aus der Ukraine

 

Auch nach über einem Jahr Krieg schockieren die brutalen Bilder des russischen Angriffs auf die Ukraine immer noch. Bei "Markus Lanz" sprach ein ehemaliger Bundeswehrsoldat, der 2022 freiwillig an der ukrainischen Front mitkämpfte, über seine Erlebnisse. Dabei ließ er nicht nur den ZDF-Moderator sprachlos zurück.

Brachte mit seinen Schilderungen aus dem Krieg die Runde bei Markus Lanz zum Schweigen: der ehemalige Bundeswehrsoldat Jonas Kratzenberg. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)
Brachte mit seinen Schilderungen aus dem Krieg die Runde bei Markus Lanz zum Schweigen: der ehemalige Bundeswehrsoldat Jonas Kratzenberg. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Natürlich ging es am Mittwochabend bei "Markus Lanz" einmal mehr um das seit Wochen viel diskutierte Gebäudeenergiegesetz, SPD-Chef Lars Klingbeil sprach dabei überraschend offen über die Streitigkeiten innerhalb der Ampel-Koalition. Für den Moment des Abends sorgte aber ein anderer Gast in der Gesprächsrunde des ZDF-Moderators: Ex-Bundeswehrsoldat Jonas Kratzenberg machte deutlich, wie brutal die Zustände in der Ukraine sind und wie wichtig die weitere militärische Unterstützung der Ukraine durch den Westen ist.

Am Mittwochabend wurde im Gespräch mit Lanz klar, wie undurchsichtig und chaotisch die Lage an der ukrainischen Front wirklich ist. Kratzenberg, der sich 2022 freiwillig für rund elf Monate den ukrainischen Truppen anschloss, gab offen zu: "Am Anfang war das wie der wilde Westen." Der Ex-Soldat kämpfte sowohl in Kiew als auch in Butscha und erlebte unzählige traumatische Momente. Er selbst entkam nur knapp dem Tod, nachdem er von einer russischen Drohne getroffen wurde und eine Gehirnblutung erlitt. Bei "Markus Lanz" erinnerte er sich: "Ich habe keine Schmerzen gespürt und war wie benebelt. (...) Ich habe einfach nur funktioniert."

Hält die Ampelkoalition bis 2025? SPD-Chef Lars Klingbeil (rechts) überraschte bei
Hält die Ampelkoalition bis 2025? SPD-Chef Lars Klingbeil (rechts) überraschte bei "Markus Lanz" mit einer eher zurückhaltenden Prognose. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

 

Ex-Soldat Jonas Kratzenberg: "Mich hat die mangelnde Unterstützung von Deutschland getroffen"

Dennoch bereue Kratzenberg seinen Einsatz an der ukrainischen Front nicht, denn: "Ich wollte in die Ukraine, weil mich das Leid der Ukrainer getroffen hat und diese Unrechtmäßigkeit des Angriffskrieges getroffen hat." Der Soldat weiter: "Mich hat auch die mangelnde Unterstützung von Deutschland getroffen." Auf welche Brutalität der Bundeswehrsoldat jedoch im Kampf gegen die Russen traf, hätte er nicht ahnen können. Im Gespräch mit Lanz erklärte er, dass es im russischen Militär üblich sei, dass "neue, frische Soldaten von alten Veteranen vergewaltigt" werden. Eine Aussage, die für Fassungslosigkeit bei dem ZDF-Moderator sorgte, der lediglich "Wahnsinn" sagen konnte.

Journalist Michael Bröcker glaubt daran, dass die Regierung hält:
Journalist Michael Bröcker glaubt daran, dass die Regierung hält: "Macht ist ein unheimlich großer Klebstoff. Macht schweißt zusammen." (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Wie sehr Jonas Kratzenberg noch heute mit dem Erlebten zu hadern hat, war dem Ex-Soldaten anzumerken. Er stellte jedoch klar, dass er im Krieg kein Gefühl von "Angst" verspürte: "Wenn man im Gefecht ist, dann ist man einfach nur noch da und funktioniert." Trotzdem seien vor allem die Gräueltaten in Butscha nicht spurlos an ihm vorbeigegangen. Kratzenberg erinnerte sich: "Die Art und Weise, wie dort getötet wurde. Das ist was komplett anderes als die Berge von Leichen, die man in manchen Kriegszonen findet. Es trifft einen anders." Ob er selbst Menschen töten musste, wollte der ehemalige Bundeswehrsoldat jedoch nicht beantworten. Er sagte lediglich: "Darüber rede ich nicht. Das ist persönlich."

Lars Klingbeil: "Wir fangen gerade an, einen Kulturkampf über Klimawandel zu führen"

Während sich die Ampel-Koalition in der Unterstützung der Ukraine einig zu sein scheint, gibt es vor allem bei der Energiewende und dem geplanten Heizungsgesetz großes Streitpotenzial. SPD-Chef Lars Klingbeil versuchte am Mittwochabend, klarzustellen, dass die Spannungen innerhalb der Regierung kontraproduktiv seien, denn: "Ich will, dass es mit der Wärmewende vorangeht." Er erklärte, dass er es "nicht für richtig" halte, "wenn man die Diskussion auf offener Bühne" austrage, da es zu einer Schädigung des Vertrauens in die Politik führe. "Ich sehe, dass Menschen sich abwenden von der Idee des Klimaschutzes. (...) Wir fangen gerade an, einen Kulturkampf über Klimawandel zu führen", warnte Klingbeil im Gespräch mit Lanz. Der SPD-Politiker weiter: "Wenn der Kampf um die Gasheizung plötzlich zum Kulturkampf wird, dann haben wir ein Problem."

Am Mittwochabend diskutierte Markus Lanz (links) mit (von links) SPD-Chef Lars Klingbeil, Wirtschaftsexpertin Ursula Weidenfeld, Journalist Michael Bröcker und Ex-Bundeswehrsoldat Jonas Kratzenberg. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)
Am Mittwochabend diskutierte Markus Lanz (links) mit (von links) SPD-Chef Lars Klingbeil, Wirtschaftsexpertin Ursula Weidenfeld, Journalist Michael Bröcker und Ex-Bundeswehrsoldat Jonas Kratzenberg. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Mit Blick auf das Heizungsgesetz sagte Klingbeil deshalb selbstbewusst: "Wir wollen das Gesetz vor der Sommerpause durch das Parlament bringen. Das Ding wird kommen." Weniger selbstbewusst klang der SPD-Chef derweil beim Blick in die Zukunft der Ampel-Regierung. Lanz wollte wissen: "Welche Haltbarkeit hat die Ampel?". Daraufhin stammelte Klingbeil: "Wir sind gewählt bis 2025." Als der ZDF-Moderator verwundert nachhakte, antwortete der Politiker fast schon patzig: "Ich gehe davon aus, dass es hält. Wir sitzen hier gerade nicht in einer Situation, die ich schönreden muss." Eine überraschende Aussage, doch Journalist Michael Bröcker bezweifelte einen Zerfall der Regierung. Der Grund? "Macht ist ein unheimlich großer Klebstoff. Macht schweißt zusammen."

Video: Soldat in Bachmut: "Wir brauchen den Sieg, nicht nur den Frieden."