Eine Woche nach der Katastrophe in Derna: Bergung von Leichen geht weiter
Eine Woche nach der verheerenden Flutkatastrophe in der libyschen Stadt Derna suchen die Einsatzkräfte und Bergungsmannschaften unter den Trümmern weiter nach Leichen. Noch immer werden tausende Menschen vermisst.
Die Wassermassen haben in der Küstenstadt ganze Straßenzüge zertrümmert und ins Meer gespült. Ein Überlebender erzählt, wie ihr und seine Familie diese dramatischen Stunden in Derna erlebt haben.
"Wir sind hier im vierten Obergeschoss. Diese Wohnung hier ist von mir, Abdussalam Anwisi. Das Wasser erreichte zwei Meter hoch" und zeigt mit seiner Hand auf eine Stelle an der Wand." Wir nahmen dann unsere Familien und gingen durch das Treppenhaus hoch aufs Dach", erzählt Anwisi weiter.
Viele Leichen sind auch im Hafen von Derne unter Wasser und werden nun von Rettungstauchern geborgen - aus 12 Metern Tiefe. Viele der Todesopfer sind unter Wasser in ihren Autos gefangen.
Auch für die Helfer:innen selbst ist die Gesamtsituation im Katastrophengebiet sehr schwierig. "Wirklich auffällig ist es, zu sehen, wie schockiert und traumatisiert die Menschen sind", sagt Claire Nicolet, Sprecherin von "Ärzte ohne Grenzen". Selbst in den Gesundheitszentren seien die Mitarbeiter entweder ums Leben gekommen oder nicht arbeitsfähig.
"An jeder Ecke riecht man tote Menschen", sagte Osama Aly, Sprecher der libyschen Katastrophenschutzbehörde, die ihren Sitz in Tripolis im Westen hat, dem "Wall Street Journal". Hinzu kommt der Gestank ungeklärter Abwässer. Vor allem der Mangel an sauberem Trinkwasser schürt die Sorge, es könnten sich Krankheiten wie Cholera ausbreiten.
Haider al-Saeih, Leiter des libyschen Zentrums zur Bekämpfung von Krankheiten, sagte am Samstag, mindestens 150 Menschen hätten Durchfall erlitten, nachdem sie in Derna verunreinigtes Wasser getrunken hätten.
Um den Ausbruch von Krankheiten zu verhindern, sagte der libysche Gesundheitsminister Othman Abduldschalil, sein Ministerium habe mit "Impfungen gegen Krankheiten begonnen, die normalerweise nach Katastrophen wie dieser auftreten".
Unterdessen läuft die internationale Hilfe langsam an. Ein französisches Team hat mit dem Errichten eines Feldkrankenhauses begonnen. Doch die Rettungsarbeiten wurden durch einen schweren Verkehrsunfall in Ostlibyen überschattet: Mindestens vier griechische Nothelfer und drei Angehörige einer libyschen Familie sind dabei ums Leben gekommen.