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"Ich wurde zweimal Weltmeister an einem einzigen Tag"

Klaus Steinbacher spielte unter anderem in den TV-Serien "Das Boot", "Oktoberfest 1900" und zuletzt in einem SWR-"Tatort". Jetzt verkörpert er in dem Sky-Biopic "Der Kaiser" Franz Beckenbauer. (Bild: 2022 Getty Images / Hannes Magerstaedt)
Klaus Steinbacher spielte unter anderem in den TV-Serien "Das Boot", "Oktoberfest 1900" und zuletzt in einem SWR-"Tatort". Jetzt verkörpert er in dem Sky-Biopic "Der Kaiser" Franz Beckenbauer. (Bild: 2022 Getty Images / Hannes Magerstaedt)

Manchmal verändert ein einziger Film ein ganzes Schauspielerleben. Bei Klaus Steinbacher könnte das so kommen. Der bayerische Schauspieler verkörpert in einem Sky-Biopic keinen Geringeren als den "Kaiser", Franz Beckenbauer. Der Dreh war eine Herausforderung. Vier Monate vor Beginn riss er sich das Kreuzband.

Klaus Steinbacher ist Bayern-Fan. Was ob der räumlichen Nähe nicht verwunderlich ist. Geboren 1994 in Bad Tölz, aufgewachsen in einem 2.000-Seelen-Ort namens Reichersbeuern. Der Fußball hat ihn immer begleitet, schon seit der F-Jugend. Wer ihn in dem Sky-Original-Film "Der Kaiser" (ab 16. Dezember auf Sky Cinema Premieren sowie auf dem Streamingdienst WOW und über Sky Q) sieht, der erkennt unschwer: Der Mann kann mit dem Ball umgehen. Und: Auch als Schauspieler beherrscht er sein Handwerk. Der Film von Regisseur Tim Trageser versteht sich als Hommage an den besten Fußballer, den Deutschland je hatte. Erzählt wird Franz Beckenbauers Leben von 1963 bis zum WM-Endspiel 1990 ("Geht's raus und spielt's Fußball!"). Es geht, sagt Steinbacher, um den "Weg vom jungen Fußballer hin zum Visionär". Eine gigantische Aufgabe für den jungen Schauspieler, der einst auf dem Schulhof für eine Rolle in Marcus H. Rosenmüllers "Wer früher stirbt ist länger tot" (2005) entdeckt wurde. Von 2013 bis 2017 absolvierte er ein Schauspielstudium an der Bayerischen Theaterakademie August Everding in München. Es folgten Engagements in den TV-Serien "Das Boot", "Oktoberfest 1900" und zuletzt in einem SWR-"Tatort".

teleschau: Sie spielen selbst Fußball?

Klaus Steinbacher: Beim SC Reichersbeuern. A-Klasse.

teleschau: Am Wochenende geht es von ihrer Wahlheimat München also immer ab nach Hause?

Steinbacher: Ja, wann immer es möglich ist. Das habe ich schon immer so gemacht, auch während meines Studiums damals in München. Daheim beim Verein sind eben meine Leute, da wird auch mal mit der Mannschaft nach einem Spiel gefeiert.

teleschau: Aber das Training? Unter der Woche!

Steinbacher: Naja, ich durfte schon auch oft spielen, wenn ich unter der Woche nicht beim Training war. Das ist halt der Vorteil, wenn man A-Klasse spielt.

teleschau: Sie haben sich zu Hause Ihr Trikot mit der Nummer 9 aus der F-Jugend aufgehoben - ein Stürmer von Kindesbeinen an also?

Steinbacher: Stimmt. Wobei ich auch eine Weile Libero gespielt habe.

teleschau: Den gab es noch zu Ihrer Zeit? Die Position wurde doch schon vor ewigen Zeiten abgeschafft.

Steinbacher: Wie gesagt: SC Reichersbeuern, A-Klasse. Bei uns gab's den schon noch (lacht).

Klaus Steinbacher spielt den "Kaiser" Franz Beckenbauer in der neuen Sky Original Produktion. Erzählt werden die Jahre 1963 bis 1990. (Bild: Sky)
Klaus Steinbacher spielt den "Kaiser" Franz Beckenbauer in der neuen Sky Original Produktion. Erzählt werden die Jahre 1963 bis 1990. (Bild: Sky)

"Was kann jetzt noch kommen in deiner Karriere?"

teleschau: Sie sind Jahrgang 1994 und bekennender Bayern-Fan seit jeher. Rechnet man hoch, könnte man tippen, dass Giovane Elber Ihr Vorbild gewesen sein müsste ...

Steinbacher: Ja, richtig. Ein ultrasympathischer Typ. Ein geiler Spieler. Und unterhaltsam, auch abseits des Platzes.

teleschau: Es ist im Film zu erkennen, dass Sie Fußball spielen können.

Steinbacher: Vielen Dank! Wobei ich mir bei einem Spiel vier Monate vor Drehbeginn das Kreuzband gerissen hatte. War ein normaler Zweikampf, bei dem ich im Kunstrasen hängengeblieben bin. Ich hörte sofort, dass da was kaputtgegangen ist.

teleschau: Und Ihr erster Gedanke war: Könnte ich die Rolle verlieren?

Steinbacher: Absolut. Zwei Stunden später war ich mit meiner Mutter bei einem befreundeten Arzt. Schubladentest - und dann war es klar: Kreuzband. Ich rief dann auch direkt bei der Produktion des Films an, denen aber in dem Moment glaube ich nicht ganz klar war, was ein Kreuzbandriss bedeutet. Obwohl man vermutlich bei einer solchen Verletzung in meinem Alter üblicherweise operiert hätte, kam das bei mir nicht infrage. Die Zeit blieb nicht für mich bis zum Drehstart. Aber ich hatte einen tollen Physiotherapeuten, der sich danach um mich gekümmert hat. Von Anfang an machte ich Fußballübungen mit ihm - und es hat geklappt.

teleschau: Den Schluss des Films bildet die Szene in Rom, als Franz Beckenbauer einsam und in Gedanken verloren über den Platz lief - als Weltmeister. Das war 1990, vier Jahre vor Ihrer Geburt. Diese legendären Bilder kennt natürlich jeder Fußballfan in Deutschland. Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie die Aufnahmen drehten?

Steinbacher: Ehrlich, so genau weiß ich das gar nicht mehr. Aber es war ein besonderer Drehtag. Ich hatte vorher schon als Weltmeister 1974 den Pokal in die Hand bekommen. Und am gleichen Tag drehten wir auch das Finale in Rom. Ich wurde also zweimal Weltmeister an einem einzigen Tag. Wir waren komplett allein im Stadion, das Flutlicht war an. Beckenbauer ging ja damals durch ein lautes, volles Stadion. Bei uns war es mucksmäuschenstill. Es war schon ein besonderes Gefühl. Womöglich hatte ich wirklich einen Gedanken, den auch Beckenbauer hatte: Was kann jetzt noch kommen in deiner Karriere? Wie geht es für mich weiter?

Klaus Steinbacher, Jahrgang 1994, begann seine Karriere bereits als Kind: 2005 spielte er in Marcus H. Rosenmüllers "Wer früher stirbt ist länger tot". Von 2013 bis 2017 absolvierte er ein Schauspielstudium an der Bayerischen Theaterakademie August Everding München. (Bild: 2022 Getty Images/Hannes Magerstaedt)
Klaus Steinbacher, Jahrgang 1994, begann seine Karriere bereits als Kind: 2005 spielte er in Marcus H. Rosenmüllers "Wer früher stirbt ist länger tot". Von 2013 bis 2017 absolvierte er ein Schauspielstudium an der Bayerischen Theaterakademie August Everding München. (Bild: 2022 Getty Images/Hannes Magerstaedt)

"Es durfte keinesfalls wie eine Karikatur oder Parodie wirken"

teleschau: Wie ordnen Sie selbst diesen Film für sich ein? Sie wissen ja: Wir Journalisten schreiben bei Schauspielerinnen und Schauspielern immer einen beispielhaften Film hinter dem Namen in Klammern. Bei Ihnen wird womöglich künftig stehen: Klaus Steinbacher ("Der Kaiser"). Liest sich gut, oder?

Steinbacher (lacht): Bei mir stand lange "Oktoberfest 1900" oder zuvor "Das Boot" dahinter. Aber es stimmt, das könnte sich wirklich jetzt ändern. Aber ich will schon erst einmal abwarten, wie die Menschen auf den Film reagieren. Gerade auch meine Familie.

teleschau: Was haben Ihnen denn Ihr Vater und Ihre Mutter mit auf den Weg gegeben, als sie hörten, dass Sie Franz Beckenbauer spielen?

Steinbacher: Das fanden alle cool, wobei das für mich den Druck schon erhöht hat. Ich werde ja immer mal wieder gefragt, was ich so gerade drehe oder um was es in meinem neuen Film geht. Diesmal musste ich nur sagen: "Ich spiele den Kaiser."

teleschau: Wie hat Ihr Vater reagiert?

Steinbacher: Er meinte nur: "Boa an Beckä. Hör auf ..!" Meine Mutter hat mich immer wieder, auch während des Drehs, beruhigt, wenn ich ihr mal zu nervös erschien: "Denk dran, der Beckenbauer hat das alles auch nicht immer so ernst genommen. Du weißt schon: Schau mer mal, dann seh mer schon." Natürlich war ich gut vorbereitet auf den Film, aber das war trotzdem ein guter Rat.

teleschau: Durchaus verständlich, dass Sie Druck spüren. Franz Beckenbauer gehört zu den prominentesten Menschen des Landes. Und jeder, der mit Fußball zu tun hat, hat auch irgendwie sein eigenes Beckenbauer-Bild vor Augen. Trafen Sie Beckenbauer vorher?

Steinbacher: Nein, leider nicht. Aber er weiß von dem Film. Es ist schwer zu erahnen, wie es jemandem geht, der sich in einem Film gespielt sieht. Es ist eine Hommage an ihn, aber mich würde schon interessieren, was er davon hält. Wichtig war mir vor allem, keine perfekte Imitation von ihm abzuliefern. Und auch nicht zu überziehen. Es durfte keinesfalls wie eine Karikatur oder Parodie wirken. Ich wollte eine Figur entstehen lassen, der man glaubt. Mit der man fühlen kann. Ich nahm mir vor, seinen Sprech schon anzuskizzieren, aber eben dabei nicht zu übertreiben. Wenige "Ääähs" und kein "Sicherlich". Es geht im Film eben vor allem darum, wie ein junger Mann irgendwann der "Kaiser" wird - um den Weg vom jungen Fußballer hin zum Visionär.

Als Teamchef der deutschen Nationalmannschaft stellt sich Franz Beckenbauer (Klaus Steinbacher)im Film den Fragen von Harry Valérien im "sportstudio". (Bild: )
Als Teamchef der deutschen Nationalmannschaft stellt sich Franz Beckenbauer (Klaus Steinbacher)im Film den Fragen von Harry Valérien im "sportstudio". (Bild: )

"Klar mochte ich es immer, in Ruhe gelassen zu werden"

teleschau: Der Film erzählt in 100 Minuten 27 Jahre Leben. Einiges wird notwendigerweise sehr gerafft. Das ist man womöglich gar nicht mehr gewöhnt in einer Zeit, in der Streaming-Dienste in Fluten von Serien alles bis ins Detail auserzählen.

Steinbacher: Das stimmt. Auf der anderen Seite ist es vielleicht auch mal schön, wenn man sich denkt: Ich hätte gerne mehr davon gesehen. Klar, wir brechen diese Geschichte runter, aber ich denke, die wichtigen Wegmarken sind drin.

teleschau: Wie haben Sie sich hineingefühlt in diese Zeit?

Steinbacher: Bei den 70-ern fiel mir das leicht. Ich mag dieses Jahrzehnt - die Frisuren, die Klamotten, auch die Musik aus dieser Zeit, die ich privat sehr gerne höre. Und ich fand einen guten Zugang über die Beziehung von Franz Beckenbauer zu seinem Vater, die wir ja ausführlich erzählen. Als Beckenbauer seinen Vertrag unterschrieb, war er 18 und brauchte die Zustimmung seines Vaters. Das ist heute ja anders. Dazu kommt der besondere Umgang mit den Beziehungen zu Frauen, der damals auch ein anderer war. Szenen wie diese halfen, um sich in diese Zeit hineinzudenken.

teleschau: Es ist eine Parallele zwischen Ihnen und Beckenbauer zu erkennen. Er stand eines Tages vor seinen Eltern und verkündete, er wolle Fußballer werden. Und Sie standen wiederum vor Ihren Eltern mit einer Mathe-Fünf im Zeugnis und meinten: "Egal, ich will sowieso Schauspieler werden." - Berufswunsch Fußballer und Schauspieler - da bedarf es eines großen Vertrauens seitens der Eltern ...

Steinbacher: Das hatte ich. Mein Vater fuhr mich direkt zum ersten Casting. Mir kam da allerdings zugute, dass er den Regisseur Marcus H. Rosenmüller schon kannte. "Rosi" war mal bei einer Probe von meinem Vater, der in Reichersbeuern am Theater Autor, Regisseur und Spielleiter ist.

teleschau: Die Schauspielerei war bei Ihnen in der Familie also nichts Fremdes?

Steinbacher: Fremd nicht, aber meinen Eltern ging es nie darum, damit ihr Leben zu finanzieren, sondern immer nur um den Spaß am Spielen. Den haben sie mir mitgegeben. Dass die Schauspielerei mein Beruf werden würde, damit haben sie wohl nicht gerechnet. Aber sie haben von Anfang an und immer an mich geglaubt.

teleschau: Haben Sie Sorge, dass ein Film dieser Größenordnung, in dem Sie ja auch die Titelrolle spielen, Ihr Leben verändern könnte? Sie werden womöglich häufiger als bisher auf der Straße erkannt ...

Steinbacher: Ehrlich gesagt habe ich darüber wenig nachgedacht bisher. Klar mochte ich es immer, in Ruhe gelassen zu werden - gerade auch bei der Vorbereitung auf neue Projekte. Sollte das irgendwann nicht mehr möglich sein, werde ich mir sicher meinen Raum schaffen. Und im Zweifelsfall kann ich immer nach Hause fahren. Ich weiß: Da wird sich für mich nichts verändern.

Franz Beckenbauer (Klaus Steinbacher) ist auf dem Höhepunkt seiner Karriere: Als Kapitän der deutschen Nationalmannschaft darf er 1974 den WM-Pokal in die Höhe stemmen. (Bild: Sky Deutschland GmbH / Bavaria Fiction GmbH / Stanislav Honzík)
Franz Beckenbauer (Klaus Steinbacher) ist auf dem Höhepunkt seiner Karriere: Als Kapitän der deutschen Nationalmannschaft darf er 1974 den WM-Pokal in die Höhe stemmen. (Bild: Sky Deutschland GmbH / Bavaria Fiction GmbH / Stanislav Honzík)