Nach dem Zürich-"Tatort": Was ist das Problem mit Blutdiamanten?
Eine Reihe unzusammenhängender Morde raubte Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) und Tessa Ott (Carol Schuler) im siebten Zürich-"Tatort" den Schlaf. Verbindungsglied zwischen dem Tod eines Schimpansen und drei menschlichen Leichen waren sogenannte Blutdiamanten. Was hat es damit auf sich?
Ein toter Schimpanse sorgte im siebten Zürich-"Tatort: Von Affen und Menschen" (Regie: Michael Schaerer, Buch: Stefan Brunner, Lorenz Langenegger) für Diskussionen in der Kantonspolizei: Staatsanwältin Anita Wegenast (Rachel Braunschweig) und Kommissarin Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) wollten den Fall sogleich ans Dezernat für Sachbeschädigung übergeben.
Kommissarin Tessa Ott (Carol Schuler) war jedoch anderer Meinung: "Der Schimpanse hat zu 99 Prozent die gleiche DNA wie du", erklärte sie ihrer Kollegin Grandjean und begann glücklicherweise auf eigene Faust zu ermitteln. Denn wie sich herausstellte, stand der Affe am Anfang einer ganzen Mordserie, bei denen sogenannte Blutdiamanten aus dem Kongo eine entscheidende Rolle spielten. Doch was ist das Problem mit den ungeschliffenen Schmuckstücken?
Worum ging es?
Der Schimpanse Tembo war erst vor kurzem aus seiner Heimat im afrikanischen Kongo in den Zoo Zürich gekommen. Begleitet wurde er vom Tierpfleger Michael Widmer (Tommi Zeuggin), der das unschuldige Tier mit einem Skalpell erstach. Vor seiner Tat wurde Widmer von dem Affen gebissen. Doch die medizinische Versorgung der Wunde wurde zu seinem eigenen Verderben: In der Klinik geriet Widmer nämlich mit dem ebenfalls verletzten Christoph Merz (Dardan Sadik) aneinander, der Widmer wenig später mit einer Nagelmaschine ermordete.
Auch Merz sollte nach seiner Tat nicht lange überleben. Dafür sorgte seine gedemütigte Ehefrau Nicole (Sarah Viktoria Frick), die letztlich von ihrer eigenen straffällig gewordenen Zwillingsschwester Aline Kaiser (ebenfalls Sarah Viktoria Frick) in der Hoffnung auf ein neues Leben umgebracht wurde. Mit anderen Worten: Die Zürcher Kommissarinnen sahen sich mit einer ganzen Mordserie konfrontiert, die erst ganz am Ende Sinn ergab.
Worum ging es wirklich?
Das alles verbindende Stück waren eine Handvoll Rohdiamanten, die im Kongo unter die Haut des Schimpansen Tembo eingenäht und so in die Schweiz geschmuggelt wurden. Widmer selbst hatte sie dort platziert. Nach Widmers Tod gelangten sie über Christoph Merz und dessen Ehefrau zu deren Zwillingsschwester Aline, die sie wiederum in einem Schließfach am Zürcher Hauptbahnhof platzierte.
Max Loosli (Michael von Burg), der wegen Alines missglückter Finanztricks einst sein gesamtes Hab und Gut verloren hatte, schaffte es, die Diamanten zu ergattern und sich am Ende des Films aus dem Staub zu machen. Doch warum konnten die Diamanten nicht auf legalem Weg in die Schweiz gelangen?
Was sind Blutdiamanten?
Ein Blutdiamant (auch Konfliktdiamant genannt) ist laut einer Definition des Kimberley-Abkommens ein Diamant, mit dessen Verkauf gewalttätige Konflikte in seinem Herkunftsland finanziert und somit oft verlängert oder intensiviert werden. Blutdiamanten stammen häufig aus afrikanischen Ländern wie Angola, Sierra Leone, Liberia oder von der Elfenbeinküste. In diesen Gebieten werden die Diamanten oft illegal geschürft und billig verkauft.
Was ist das Problem mit Blutdiamanten?
Doch die Probleme des Blutdiamanten beginnen schon vor ihrem Verkauf: Denn um überhaupt an die kostbaren Gesteine zu kommen, setzen die verantwortlichen paramilitärischen Gruppen auf Sklaven aus kleinen Dörfern. Die Menschen, darunter viele Kinder, werden gefangen genommen und mit Waffengewalt zur Suche nach Diamanten in Seen oder Flüssen gezwungen. Werden die Sklaven müde oder brechen gar zusammen, kann es sein, dass sie ermordet und durch andere Sklaven ersetzt werden.
Die Kontrolle von Blutdiamanten galt lange Zeit als schwierig, da Rohdiamanten häufig im Ausland geschliffen und dabei mit anderen Diamanten gemischt werden.
Was unternimmt die Diamantbranche gegen den Handel mit Blutdiamanten?
Schon im Jahr 1998 versuchte der UNO-Sicherheitsrat den Bürgerkrieg in Angola zu beenden, indem er der anti-kolonialen Bewegung Angolas (UNITA) die Ausfuhr von Diamanten verbot. Das Handelsembargo betraf neben Angola auch den Kongo und Sierra Leone. Zwei Jahre später trafen sich Vertreter der Länder, die Diamanten produzieren, sowie wichtiger Importländer und NGOS, um einen Prozess für einen sauberen Diamantenhandel zu entwickeln. Drei Jahre später trat der sogenannte Kimberly-Prozess - benannt nach der südafrikanischen Stadt Kimberly, in der das Treffen stattfand - in Kraft.
Was ist der Kimberly-Prozess?
Der Kimberly-Prozess beschreibt die freiwillige Selbstverpflichtung der Diamantindustrie sowie importierender und exportierender Länder auf Blutdiamanten zu verzichten. Im Rahmen des Prozesses wird der Weg der Rohdiamanten vom Abbau über den Schliff bis hin zum Export strengstens überwacht. Dafür werden die Steine in einem unzerstörbaren Behälter versiegelt. Dieser wird anschließend mit einem staatlichen Zertifikat versehen. Auch wenn es keine direkten Sanktionsmöglichkeiten gibt, ist die Transparenz der Herkunft der Diamanten damit gewährleistet.
Inzwischen beteiligen sich über 50 Staaten (darunter auch die Schweiz) am Kimberly-Prozess: Die Europäische Union wird dabei als ein Mitglied gezählt. Innerhalb der EU gilt der Kimberly-Prozess als rechtlich bindende EU-Verordnung, die von allen Mitgliedsstaaten ratifiziert wurde und mit zusätzlichen Auflagen verknüpft ist. Der Erwerb von Blutdiamanten ist in der EU somit so gut wie ausgeschlossen, wobei es egal ist, ob der Kauf über einen regulären Online-Shop oder den ortsansässigen Juwelier abgewickelt wird.
Die Teilnehmer am Kimberly-Prozess arbeiten in Ausschüssen und treffen sich zu zweimal jährlich stattfindenden Sitzungen. Statistiken zufolge stammen inzwischen 99 Prozent aller Diamanten weltweit aus Ländern, die am Kimberly-Prozess beteiligt sind.
Wie geht es mit dem Zürich-"Tatort" weiter?
Mit 8,31 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern (Gesamtmarktanteil: 30,1 %) erreichte der sechste "Tatort: Blinder Fleck" bei seiner Erstausstrahlung im September 2023 die bislang beste Einschaltquote der 2020 gestarteten Krimi-Reihe mit dem Zürcher Ermittler-Duo Grandjean und Ott. Eigentlich kein Wunder, beschäftigte sich der für den Deutschen Fernsehkrimipreis 2024 nominierte Film von Tobias Ineichen (Regie), Claudia Puetz und Karin Heberlein (beide Drehbuch) doch mit einer Frage, die derzeit viele Menschen bewegt: Gibt es einen Schutz vor KI-gestützter Gesichtserkennung?
Die Dreharbeiten zum achten Zürich-"Tatort" sind bereits abgeschlossen. Im Film unter dem Arbeitstitel "Fährmann" (alternativer Titel: "Fährimaa") jagen Grandjean und Ott einen Serientäter aus der Bankenszene. Da der Film im weihnachtlichen Zürich spielt, ist eine Ausstrahlung in der Adventszeit wahrscheinlich.