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Zwischen Volkshochschule und Quasselbude: 15 Jahre "Markus Lanz" im ZDF

15 Jahre "Markus Lanz" und 1.812 Sendungen hat er hinter sich, aber die Neugier ist immer noch da: "Es sind aufregende Zeiten, und es gibt viel zu besprechen. Nie war Journalismus so wichtig", sagt Markus Lanz. (Bild: ZDF / Juliane Werner)
15 Jahre "Markus Lanz" und 1.812 Sendungen hat er hinter sich, aber die Neugier ist immer noch da: "Es sind aufregende Zeiten, und es gibt viel zu besprechen. Nie war Journalismus so wichtig", sagt Markus Lanz. (Bild: ZDF / Juliane Werner)

Beim ZDF wird wieder gefeiert. Einer hat mitgezählt: Am 3. Juni 2008 startete die Talkshow "Markus Lanz" im ZDF - bereits am 01. Juni wird jetzt auf 15 Jahre "spannende Gespräche am späten Abend" in mittlerweile 1.812 Sendungen zurückgeblickt.

Ist er eine Legende oder gibt es ihn wirklich? Jedenfalls darf der hochgelobte Hinterbänkler, der angeblich 44 Jahre durchgehalten hat, "ohne je bei Markus Lanz gesessen zu haben", durchaus bedauert werden. Ihm ist - womöglich - ein gehöriges Popularitätsplus entgangen. Die Sendung "Markus Lanz" im ZDF ist beliebt bei Politikern und Journalisten und manchmal auch Experten - das Publikum ist ihm ohnehin recht treu. Nun wird Jubiläum gefeiert: In 15 Jahren hat sich die Talkshow mit dem hohen Unterhaltungswert zur späten Stunde vom Allerlei zur gesellschaftspolitischen Diskussion gewandelt. Dabei sind mittlerweile 1.812 Sendungen weißgott kein Pappenstiel, es hat schon viel kurzlebigere Late-Night-Sendungen gegeben. "Es geht darum, den Menschen etwas Substanzielles zu vermitteln", sagt Lanz vor der Jubiläumausgabe am heutigen Donnerstag, 1. Juni, 23.15 Uhr, bei der untere anderem wieder einmal Klimaaktivistin Luisa Neubauer zu den Gästen zählt. "Unsere Sendung ist immer öfter auch ein wenig Volkshochschule. Ich will Dinge kennen lernen und besser verstehen."

Auch wenn das Gespräch des meist scharf nachfassenden, gut vorbereiteten Fragestellers für manch einen Gast zur Tortur gerät: Bei Lanz gesessen zu haben, gilt für viele als Aushängeschild ihrer Popularität. Wer nicht bei Lanz ist, zählt nicht viel im täglichen Polit- und Mediengeschäft.

Es könnte aber sein, dass der tägliche "Lanz" (der allerdings nur dreimal pro Woche, dienstags mit donnerstags kommt) weniger Volkshochschule als ein etwas lärmiger Stammtisch ist. Nicht jeder genießt ein solches Privileg wie der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius, der dem Talkmaster im Alleingang Rede und Antwort stehen durfte - fehlerlos übrigens und ohne wenn und aber, Wenn sich die Lanzsche Talkshow nicht selten wie ein Karussell bei Begriffsfindungen um die eigene Achse dreht: Pistorius hatte die facts parat, die manchmal auch Lanz erst während der Sendung am Redaktionstelefon erfährt.

"Markus Lanz", die erfolgreiche Talkshow im ZDF, feiert ihr 15-jähriges Jubiläum. Der Talker aus Südtirol ist nach wie vor neugierig auf das Weltgeschehen.  (Bild: ZDF  Markus Hertrich)
"Markus Lanz", die erfolgreiche Talkshow im ZDF, feiert ihr 15-jähriges Jubiläum. Der Talker aus Südtirol ist nach wie vor neugierig auf das Weltgeschehen. (Bild: ZDF Markus Hertrich)

Neugier und Interesse

Neugier und Interesse sowie zumeist eine gewisse Unerbittlichkeit bringt er immer wieder mit, das muss man dem 54-Jährigen lassen. Das Rösten überlässt er auch mal gerne anderen, vor allem dem kleinen Kreis wiederkehrender Journalisten von Melanie Amann ("Spiegel") bis Robin Alexander ("Die Welt"). Eigene Anschauung bringt er oft durch Filmzuspieler ein.

Politshows wie "Lanz" leiden unter dem Wiederholungszwang, der ihnen von der aktuellen Lage vorgegeben wird: der Krieg in der Ukraine, zuvor die Pandemie, die Klimakatastrophe, die Wärmepumpe und deren Subvention samt dem Streit in der Ampel-Koalition. Die Kombattanten sind angezählt, die Fronten seit Wochen und Monaten klar gezogen. Gut für Lanz, dass er seine Lieblinge hat, die gleich zu seiner Linken sitzen dürfen. Bevorzugt werden Typen, die Spaß verstehen und mit denen sich gut schattenboxen lässt: Markus Söder etwa, der so nahtlos vom AKW zur Nürnberger Bratwurst wechseln kann, der schelmische Wolfgang Kubicki, dem er nach einem Scharmützel ein gebrummtes "Ich komme wieder" abringen kann, Friedrich Merz, dem er viel Raum zur Beschimpfung der kleinen Neuköllner "Paschas" und ihrer störrischen Väter gibt. Und last, but not least Karl Lauterbach natürlich, der ewig durchhält aber nicht mehr ganz die umstrittene Erklärqualität der frühen Jahre hat.

"Ich sehe in meiner Arbeit auch eine Verpflichtung, jenen eine Stimme zu geben, die sonst nicht oder nur wenig im Fernsehen stattfinden", sagt Markus Lanz: "Menschen wie Margot Friedländer oder andere Holocaust-Überlebende, die mir ausführlich ihre Geschichte und Gedanken erzählen. Das sind Begegnungen, die mich zutiefst berühren." (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Nie war Journalismus so wichtig

"Markus Lanz ist eine feste Größe unter den politischen Talkshows in Deutschland und hat es geschafft, sein Gesprächsformat in den zurückliegenden Jahren immer wieder neu zu justieren": Weil nicht zuletzt die ZDF-Programmdirektorin Nadine Bilke viel Lob für den Südtiroler und seine Talkshow hat, muss man trotz mittlerer Quoten (13 Prozent, 1,6 Millionen, neun Prozent bei den Jüngeren) eine baldige Absetzung nicht fürchten. Aber aufpassen muss er schon, dass seine Show, eine Unterhaltungssendung und als solche für den Augenblick gemacht, nicht noch mehr zur Quasselbude verkommt und dabei den Rest an Informationswert verliert.

Gerade in Corona-Zeiten als rein politische und gesellschaftspolitische Diskussion etablierte, schossen bei Lanz die Zahlen durch die Decke. Dazu kommt: Die Presse berichtete in jenen zwei Jahren besonders fleißig über die Aussagen, die im TV-Studio von Hamburg-Altona getroffen werden, was auch im Nachhinein Schlagzeilen bringt. Die Folge: Die durchschnittliche Reichweite des Formats stieg in den Jahren stetig an. Im Schnitt 1,77 Millionen Menschen verfolgten 2020 Markus Lanz am späten Abend, über 400.000 mehr als zu Beginn seines Engagements.

"Es sind aufregende Zeiten, und es gibt viel zu besprechen. Nie war Journalismus so wichtig", so sagt er selbst. Stopp, stopp - das könnte ein brauchbares Motto für die nächsten 15 Jahre sein. Zumal er gelobt: "Ich sehe in meiner Arbeit auch eine Verpflichtung, jenen eine Stimme zu geben, die sonst nicht oder nur wenig im Fernsehen stattfinden, Menschen wie Margot Friedländer oder andere Holocaust-Überlebende, die mir ausführlich ihre Geschichte und Gedanken erzählen. Das sind Begegnungen, die mich zutiefst berühren."

Auch Bill Gates gehörte schon den Gästen von Markus Lanz. (Bild: ZDF / Erika Hauri)
Auch Bill Gates gehörte schon den Gästen von Markus Lanz. (Bild: ZDF / Erika Hauri)

Das sind heute seine Gäste

Am Donnerstag, 1. Juni, 23.15 Uhr, sind folgende Gäste eingeladen:

  • Thorsten Frei, Politiker: Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion spricht über die Spaltung der Gesellschaft, den Umgang mit Klimaprotestlern und die klimapolitischen Konzepte der Union.

  • Hajo Schumacher, Publizist: Er analysiert die Oppositionsarbeit der Union, die Gründe für die hohen Umfragewerte für die AfD sowie die gesellschaftliche Debatte um den Klimaschutz.

  • Luisa Neubauer, Klimaaktivistin: Die Fridays for Future-Aktivistin erläutert, wie ihre Bewegung auf die Aktionen der Klimakleber der "Letzten Generation" blickt. Zudem spricht sie über ihre politischen Forderungen.

  • Liv von Boetticher, Journalistin: Die RTL-Investigativ-Journalistin spricht über den Fall des Ex-Tengelmann-Chefs Karl-Erivan Haub, der 2018 in der Schweiz spurlos verschwunden ist und mittlerweile für tot erklärt wurde.