Blutige Angelegenheit: Blutarmut und Eisenmangel

In der Medizin sprechen Ärzte von einer Anämie (Blutarmut), wenn im Körper entweder zu wenig rote Blutkörperchen (Erythrozyten) vorhandensind oder es an rotem Blutfarbstoff (Hämoglobin) fehlt. Die roten Blutkörperchen übernehmen eine der wichtigsten Aufgaben des Blutsystems: den Sauerstoff- und Kohlendioxidtransport. Gestört wird dieser Mechanismus, wenn bestimmte Stoffe fehlen - vorne weg das Eisen. Eisenmangel führt neben der Anämie aber auch noch zu weiteren Problemen: Haarausfall, seltsame Essgelüste und psychische Probleme sind möglich.Wir verraten Ihnen, woran Sie Eisenmangel erkennen und mit welchen Lebensmittel Sie vorbeugen können.

Die Blutarmut (Anämie) ist keine Seltenheit: Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge sollen bis zu 30 Prozent der Weltbevölkerung anämisch sein, 80 Prozent davon leiden an einer Eisenmangel-Anämie. Eine Anämie ist jedoch keine Krankheit, sondern vielmehr ein Symptomkomplex einer Grunderkrankung, der sich in einem charakteristischen Blut-Testergebnis nachweisen lässt.

Zusammengefasst gibt es drei zentrale Gründe, auf die der Großteil der Anämien zurückzuführen ist:

1. Es kommt zum allgemeinen Blutverlust und damit auch direkt zum Verlust von roten Blutkörperchen. Auslöser dafür sind neben Verletzungen auch innere Blutungen, die häufig von einem Magengeschwür stammen.

2. Die roten Blutkörperchen haben eine kürzere Lebensdauer, weil sie von der Milz frühzeitig aus dem Verkehr gezogen werden oder durch Chemikalien, Infektionen oder Autoimmunerkrankungen zerstört werden.

3. Es werden zu wenig rote Blutkörperchen gebildet, weil für ihre Bildung im Knochenmark die benötigten Bausteine fehlen. So kann der Mangel an Eisen oder Vitamin B12 eine Anämie zur Folge haben. Aber auch Krebserkrankungen wie Leukämien beeinträchtigen oft die Blutbildung im Knochenmark und führen zur Blutarmut.

Vielfältige Symptome: Von Müdigkeit bis Blässe

Allgemeine Symptome einer Blutarmut sind häufig allgemeine Blässe von Haut und Schleimhäuten. Besonders die Innenseiten der Lippen, die Augenlider oder das Zahnfleisch können bei einer Anämie ihre typische Färbung verlieren und weißlich-blass erscheinen. Zu den Hauterscheinungen kommen oft ein Gefühl der allgemeinen Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Schwindelgefühl, Ohrensausen und Kopfschmerzen hinzu. Da hinter diesen Symptomen einer Anämie möglicherweise auch schwere Grunderkrankungen stehen können, sollte man bei den oben genannten Auffälligkeiten immer zum Arzt gehen, um ein Blutbild zu erstellen.

Bei einer Anämie sind die körperlichen Probleme meist Ausdruck der verminderten Sauerstoffversorgung von Gewebe im Körper aufgrund der fehlenden Blutzellen. Diese Sauerstoffminderversorgung kann bei schweren Formen der Blutarmut sogar soweit führen, dass ein Engegefühl am Herzen auftreten kann - normalerweise ein typisches Symptom bei der sogenannten „Angina pectoris" - einer Durchblutungsstörung des Herzens.

Schulische Leistungsschwäche durch Anämie

Aber auch Konzentrationsschwäche kann ein - mögliches - Symptom sein. Bei antriebslosen, unkonzentrierten Kindern ist eine Anämie also auch immer eine mögliche Ursache, die Eltern im Kopf haben sollten.

Eisenmangel: Der häufigste vermeidbare Grund

Wenn Eisen als lebenswichtiger Baustein in Nahrungsmitteln in geringer Menge zugeführt wird oder verloren geht, beeinträchtigt dies mit der Zeit die Produktion von roten Blutkörperchen und führt zur sogenannten Eisenmangelanämie. In Europa leiden bis zu zehn Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter an Eisenmangel. Die Ursache hierfür liegt in einem gesteigerten Eisenbedarf von Frauen aufgrund ihrer Menstruation, während der Schwangerschaft oder in der Stillzeit.

Besondere Symptome, wenn das Eisen fehlt

Neben den oben beschriebenen allgemeinen Symptomen einer Anämie gibt es bei der Eisenmangel-Blutarmut noch einige charakteristische Symptome: Veränderungen im Mundraum wie Brennen auf der Zunge, Schmerzen beim Schlucken durch Schleimhautentzündungen in der Speiseröhre und rissige Mundwinkel (Rhagaden) werden oft speziell bei der Eisenmangelanämie beschrieben.

Weitere Probleme bei fehlendem Eisen:

Restless-Legs-Syndrom: Laut einer Studie von James R. Conner vom Penn State College für Medizin in den USA kann zu wenig Eisen außerdem eine Ursache des so genannten Restless-Legs-Syndroms (RLS) sein. Der Mangel an Eisen bringt offenbar die Signalübertragung aus dem Gehirn durcheinander, sodass Signale aus dem Gehirn an die Beine nicht mehr richtig weiterleitet werden können.

Steine, Eiswürfel und Papier: Ungewohnte Essgelüste bei Eisenmangel

Eine besondere Eigenart einer Eisenmangel-Anämie besteht darin, dass plötzlich und unerwartet Essgelüste auftreten, die man zuvor noch nie verspürt hatte. Hierunter fällt das dringende Bedürfnis, auf Eiswürfeln zu kauen oder Papier zu verspeisen. Dieser Drang, Nichtessbares wie Erde oder Geldmünzen zu verspeisen, wird als „Pica" bezeichnet. Die Betroffenen nehmen unappetitliche oder ungenießbare Gegenstände zu sich, wie etwa dieses Beispiel eines Kleinkindes aus den USA zeigt.

Namensgeber dieser Erkrankung ist die Elster mit dem lateinischen Name Pica Pica, die allerhand Dinge in den Schnabel nimmt um damit ihr Nest zu bauen. Laut einer Studie aus dem South African Medical Journal zu diesem Thema sollen sogar 83 Prozent der Menschen mit Eisenmangelanämie in der Altergruppe von 35 bis 54 an Pica leiden.

...und die Haare fallen aus

Das Team von dem Dermatologen Olivier de Lacharrière hat bewiesen, dass Eisenmangel ein wichtiger Faktor bei der Entstehung von Haarausfall sein kann: In einer Studie, die vom französischen Gesundheitsministerium in Auftrag gegeben wurde, hatten die Wissenschaftler über 5000 Frauen zu ihren Haaren befragt. Gleichzeitig wurde mit Bluttests ihre Eisenversorgung überprüft. Auffallend war, dass Frauen mit einem Eisenmangel besonders häufig an Haarausfall litten.

Depressionen und psychische Krankheiten bei zu wenig Eisen?

Das Institut „Coaching For Health" aus der Schweiz hat außerdem in mehreren Studien das sogenannte „Iron Deficiency Syndrom" beschreiben: Hier soll es durch den Eisenmangel nicht nur zu Beschwerden in der Blutbildung, sondern auch der Psyche mit Depression und anderen Störungen kommen. Die Stiftung definierte daraufhin das Eisenmangelsyndrom IDS (Iron Deficiency Syndrom) als ein Symptomkomplex aus Erschöpfungszuständen, Konzentrationsstörungen und allgemein psychischer Labilität.

Vegetarismus: Bei guter Ernährung und Gesundheit unproblematisch

Für Vegetarier ist es wichtig, in ihrer fleischlosen Ernährung die Vielfalt zu bewahren, da mit dem Verzicht auf Muskelfleisch ein wichtiger Eisenlieferant wegfällt. Zwar weiß man heutzutage, dass einige Pflanzen ähnlich viel Eisen wie Fleisch enthalten, jedoch schlechter verwertbar ist. Ernährungswissenschaftler vermuten, dass der menschliche Organismus nur rund fünf Prozent des pflanzlichen Eisens effizient aufnimmt, aus Fleisch hingegen etwa 20 Prozent des Eisens verwerten kann.

In Industrienationen leiden Vegetarier, die sich ausgewogen pflanzlich ernähren, jedoch nicht häufiger an einer Eisenmangelanämie als Fleischliebhaber. Lediglich die Eisenspeicher im Körper sind weniger gefüllt. Ernährungsmedizinern zufolge stelle dies aber nur dann ein Risiko dar, wenn es zu großen Blutverlusten oder erhöhtem Bedarf bei einer Schwangerschaft komme. Bei einer Umstellung auf den vegetarischen Lebensstil ist eine Absprache mit dem behandeln Arzt oder sogar einem Ernährungsmediziner jedoch nie verkehrt. Mit regelmäßigen Bluttests kann zudem objektiv gemessen werden, inwiefern die Nahrungsumstellung eine Auswirkung auf die Blutbildung hat.

Vorsicht bei zuviel Eisen aus Nahrungsergänzungsmitteln!

Eisen ist nicht nur lebenswichtig, sondern kann in höheren Dosen auch toxisch werden, denn freie Eisen-Ionen im Blut können Eiweiße und die Erbsubstanz zerstören. Nahrungsmittelergänzungsmittel wie Eisentabletten müssen daher kritisch gesehen werden. Einer aktuellen Studie der TU München zufolge nehmen zwei Drittel aller schwangeren Frauen viel zu hoch dosierte Eisenpräparate ein - mit schwerwiegenden Folgen.

Die Iowa Women's Health Study aus den USA kam zu dem beunruhigenden Ergebnis, dass Eisentabletten bei Frauen nach der Menopause die Lebenserwartung sogar reduzieren. Auch das deutsche Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR) bestätigte: Nach wie vor sei nicht auszuschließen, dass bei einer dauerhaft hohen Versorgung mit Eisen das Risiko für die Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs und Diabetes steige.

Ausgewogen essen! Dann klappt's auch mit dem Eisen...

Spinat wurde von einem Lebensmittelanalytiker bei der Untersuchung des Eisengehalts durch einen Kommafehler versehentlich der zehnfache Eisengehalt attestiert. In Wirklichkeit enthält Spinat allerdings weitaus weniger Eisen als z.B. Linsen. Wer sich ganz ohne Nahrungsergänzungsmittel eisenreich ernähren möchte, der sollte auf Fleisch, Innereien wie Nieren und Leber, aber auch Getreide, Petersilie und Hülsenfrüchte setzen.

Autor: Felix Gussone

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