Die Digitalisierung des Parkens

Ob in der Klein- oder Großstadt, ob im Zentrum oder am Rand – jeder deutsche Autofahrer kennt das Problem der leidigen Parkplatzsuche. 70 Millionen Stunden im Jahr werden insgesamt dafür aufgewendet. Kostbare Zeit, die oft sinnlos verschenkt wird. Neue Technologien sollen Abhilfe schaffen und öffnen gleichzeitig Tür und Tor für eine verstärkte Überwachung und eine mögliche Abzocke.

„Vier Verletzte nach Schlägerei in Alfter“, „Mann tritt Frau“, „Renault-Fahrer ersticht Saab-Fahrer“, „Polizei tötet Axt-Angreifer“: Wer diese Überschriften zu Meldungen aus Deutschland liest, denkt bestimmt nicht an das Thema Parken. Dabei war jedem dieser Vorfälle ein Parkplatz-Streit vorausgegangen. Nach Angaben der Wochenzeitung „Die Zeit“ wird weltweit ungefähr jeder vierte Autofahrer einmal im Jahr in einen Konflikt um eine Parklücke verwickelt. Nicht alle dieser Streits enden in Gewalt, aber das Gewalteskalationen mit tödlichen Folgen überhaupt auftreten, ist besorgniserregend.

Zu viele Autos, zu wenig Platz

Das Platzproblem ist vor allem der urbanen Verdichtung geschuldet. In Städten wie Hamburg, München oder auch Berlin wird kräftig investiert und gebaut. Oft bleibt dabei nur wenig freier Raum zum Parken. Als Konsequenz verschwenden Autofahrer, nach Angaben des Parkhausbetreibers „Apcoas“, durchschnittlich 10 Minuten bei der Parkplatzsuche in Deutschlands Innenstädten. Kein Wunder, dass Entwickler seit langem emsig an neuen Modellen zur Linderung des Parklückenproblems tüfteln. Für Smartphones gibt es inzwischen eine Fülle an App’s, die für den Fahrer mit unterschiedlichen Methoden den nächsten freien Parkplatz aufspüren.

Nützliche Apps für‘s Smartphone

Anwendungen, wie „ParkTAG“, „Parkonaut“ oder „ParkMünchen“ machen sich dabei die Vorteile der sozialen Vernetzung zunutze. Wer einen Parkplatz freigibt oder auch entdeckt, kann auf einer Karte eine Markierung setzen und ihn damit für andere Nutzer sichtbar machen. Die müssen dann allerdings schnell sein, denn je nach Distanz und Alter der Markierung kann der Parkplatz bei der Ankunft schon wieder vergeben sein.

Andere Apps wie die US-amerikanische Anwendung „FasPark“, die in Deutschland bisher nur für den Raum München verfügbar ist, nutzen nach Angaben der Wissenssendung „Galileo“ Prognosen, Statistiken und aktuelle Verkehrsmeldungen um die beste Route zur nächsten freien Parklücke zusammenzustellen. Anwendungen wie „Ampido“ setzen hingegen auf Privatleute, die ihre Stellplätze zu oft günstigen Tarifen vermieten.

Mit Sensoren zur nächsten freien Parklücke

Ein weiteres System, das bisher allerdings zumindest in Deutschland noch Zukunftsmusik ist, spürt Parkplätze mit Hilfe von Sensorentechnik auf. Wie „Die Zeit“ berichtet, bieten Firmen wie „Streetline“ und „Smart Parking Ltd.“ Bodensensoren an, die melden, ob auf ihnen ein Fahrzeug steht oder nicht. Die Daten können dann an Navigationssysteme oder ans Smartphone übermittelt werden. Die Kehrseite der mobilen Suchhilfen liegt vor allem in der Möglichkeit einen flächendeckenden Überwachung des Parkverhaltens, so „Die Zeit“: Zur möglichen Freude der zuständigen Ordnungsämter könnten solche Technologien auch die Parkdauer und damit mögliche Zeitüberschreitungen erfassen, sowie Falschparker entlarven.


Das Geschäft mit dem Parken

Dass sich mit der allgemeinen Parkplatznot Geld verdienen lässt, haben auch private Firmen längst begriffen. Das Parkhausunternehmen „Apcoa“ bietet beispielsweise die Möglichkeit, einen Parkplatz an deutschen Flughäfen zu reservieren. Wer besonders früh bucht, zahlt natürlich auch besonders viel drauf.

Nach einem ähnlichen Prinzip arbeitet auch die App „SchlauerParken“. User müssen ihren Wagentyp angeben, einen freien Parkplatz in einem öffentlichen Parkhaus auswählen und diesen dann verbindlich reservieren. Nach Angaben der Webseite ist das Preissystem dabei variabel. Konkret ausgedrückt: Je nach Auslastung können die Kosten stündlich variieren – je höher die Nachfrage, desto höher also auch der Preis.

Weiter gedacht, führen solche Modelle auf längere Sicht zu explodierenden Parkplatzpreisen. Denn schlaue Unternehmer haben längst begriffen, dass sich die Not der Autofahrer bei der Parkplatzsuche in bare Münze umwandeln lässt. Aber auch die Kommunen wollen die Platznot, für die sie eigentlich Abhilfe schaffen müssten, in Zukunft zu ihrem eigenen Vorteil nutzen. Wie „Die Zeit“ unter Berufung auf die Wirtschaftsprüfer von „Ernst & Young“ berichtet, ist jede vierte Kommune daran interessiert die Parkgebühren anzuheben, um Schulden loszuwerden.