Pin it: Pinterest macht Jagd auf Facebook

Der visuelle Bookmarkingdienst Pinterest wächst und wächst (Screenshot: pinterest.com)
Der visuelle Bookmarkingdienst Pinterest wächst und wächst (Screenshot: pinterest.com)

Ein neues soziales Netzwerk, in dem es in erster Linie ums Teilen geht: Das kann Facebook doch auch, oder? Neu ist Pinterest trotzdem - und dabei ganz schön spannend. Das scheint bei den Usern anzukommen. In den USA ist Pinterest bereits eine der meistbesuchten Websites im Netz.

Ein Streifenhörnchen überreicht einem anderen Streifenhörnchen eine Blume. Eine Pinterest-Userin findet das Bild so schön, dass sie es auf ihrer Pinnwand in der Rubrik „Animal Love" abspeichert - direkt zwischen den Fotos eines Pandabären und des müden Hundewelpen, der sich an einen Baseball kuschelt. Wenn man auf ihre Seite schaut, sieht man: Sie interessiert sich nicht nur für Tierbilder. Zehn sogenannte Themen-„Boards" hat sie auf ihrer Pinnwand. Darunter eines, in dem sie Dinge und Ideen sammelt, die für eine - ihre? - Hochzeit nützlich sein könnten. Eines mit hübschen Wohn-Accessoires, eines mit Sinnsprüchen und eines mit Menschen, die ihr als Inspiration dienen. 550 Fotos hat sie bisher bei Pinterest hochgeladen.

Platzhirsche haben das Nachsehen
Vor gut zwei Jahren ging Pinterest - der Name setzt sich aus „pin" (auf deutsch: etwas anheften, aber auch auf etwas deuten) und „interest" zusammen - an den Start. Seitdem ist die Seite auf Erfolgskurs. Nach gerade einmal einem Jahr konnte das Startup Kapitalspritzen in zweistelliger Millionenhöhe akquirieren. Im Herbst wählte das renommierte Time Magazine Pinterest zu einer der 50 besten Websites des Jahres 2011 und der populäre Blog TechCrunch nominierte Pinterest im Januar als „Best New Startup of 2011". In so mancher Statistik zog die Website sogar an den üblichen Platzhirschen vorbei: Das US-amerikanische Marktforschungsunternehmen comScore vermeldete kürzlich, dass Pinterest mehr Besucher auf die Seiten von Online-Shops schaufelt als Google +, YouTube und LinkedIn zusammen. Mit mittlerweile rund 10 Millionen Besuchern pro Monat gilt Pinterest laut comScore zumindest in den USA als die am schnellsten wachsende Internetseite derzeit.

Eine amüsante Form der Selbstdarstellung
Im Prinzip bedient Pinterest ein einfaches Urbedürfnis: dem nach einer möglichst plakativen Präsentation der eigenen Vorlieben. Sicher: Bei sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter macht dieses Bedürfnis ebenfalls einen Teil des Reizes aus - doch bei Pinterest ist es der Kern. Dabei funktioniert die Plattform im Grunde wie eine "echte" Pinnwand, an die man Bilder, aber auch Videos heften kann. Man könnte Pinterest auch als eine Kombination aus einem Bilderdienst wie Flickr und einem sozialen Netzwerk wie Facebook bezeichnen.

Das Finden von Inhalten für die eigene Pinnwand ist einfach. Entweder man bedient sich beim Account eines anderen Users und übernimmt, wie man es von Facebook kennt, dessen Inhalt („Repin"). Oder man klickt den auf immer mehr Blogs und Homepages integrierten Pinterest-Button. Aber es geht sogar noch schneller. Die dritte Möglichkeit: Man lädt sich eine kleine Ergänzung („Bookmarklet") in die Lesezeichenleiste seines Browser. Damit kann man per Klick „Pins" zu Bildern auf beliebigen Websites hinterlassen, die man gerade besucht. Diese wandern dann ins eigene Profil. So wird die Pinnwand zu einer Art Visitenkarte, auf der man sich hervorragend mit fremden Federn schmücken kann. Schnell wird klar: Hier geht es nicht darum, wer man ist oder was man hat.

Bunter Zeitvertreib oder lukrative Verkaufsplattform?
Hier geht es darum, in welchem Umfeld man sich gerne sehen würde. Man kann ein armer Schlucker sein, aber seine Pinnwand mit Ferrari-Fotos, Bildern des Barcelona Chairs oder von Learjets schmücken. Man kann sich von Dosenfutter ernähren, aber ein Board mit Rezepten für Health Food hochladen. Während Facebook von vielen Usern bereits pragmatisch für die alltägliche Kommunikation verwendet wird, gibt sich Pinterest eher als farbenfroher Zeitvertreib. Doch es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis auch Pinterest seinen Platz im täglichen Leben findet. In den USA nutzen beispielsweise die Kleinhändlerseite Etsy, der Bio-Lebensmittelhändler Whole Foods oder der T-Shirt-Versand Threadless die Plattform, um ihre Produkte an die Kunden zu bringen. Unter dem Stichwort „Social Shopping" könnte Pinterest also auch eine lukrative Angelegenheit für kommerzielle Anbieter werden.

Erst denken, dann pinnen
Doch auch, wenn Pinterest schnell zu verstehen und der virale Effekt der „Pins" bestechend ist. Ein paar Grundregeln sollte man als User beachten. Wie in allen anderen sozialen Netzwerken sollte man sich auch hier genau überlegen, womit man seine Pinnwand füllt. Denn auch bei Pinterest vervielfältigt man bereits bestehende Fotos. Das oben erwähnte Bild mit den Streifenhörnchen haben innerhalb von zehn Minuten 14 User geteilt. Es stammt von der Seite eines US-Blogs, der Photoshop-Tutorials anbietet. Einen Copyright-Vermerk trägt es nicht - rechtlich eine Grauzone. Generell gilt zumindest in Deutschland: Wer ein Bild ohne Einwilligung des „Besitzers" verwendet, verstößt gegen das Urheberrecht. Wenn der Dienst auch in Deutschland populärer wird, dürften auch hier Verstöße durchaus bemerkt und teuer abgemahnt werden. Das könnte allerdings noch ein bisschen dauern: Bisher braucht man eine Einladung, um Pinterest nutzen zu können.