Brasilianer lebt seit 45 Jahren im Krankenhaus

Als Baby infizierte sich Paulo Henrique Machado mit Polio, seither liegt der Brasilianer gelähmt im Krankenhaus und muss rund um die Uhr beatmet werden. Seit 45 Jahren. Nun dreht Machado einen Zeichentrickfilm über sein Leben.

Das erste, woran sich Paulo Henrique Machado erinnert, sind seine Fahrten im Rollstuhl über die Flure der Sao Paulo's Clinicas. „Ich erkundete die Korridore, auf und ab“, sagte er dem britischen Rundfunk BBC. „Ich fuhr in die Zimmer anderer Kinder. So entdeckte ich mein Universum.“ Machados Welt ist das Krankenhaus.

Seine Kindheit hätte schwerer kaum sein können. Machados Mutter starb, als er zwei Tage alt war. Dann erkrankte der Junge an Polio, während einer der letzten großen Epidemien der Kinderlähmung in Brasilien.

Damals in den Siebzigerjahren wurden erkrankte Kinder in einen „Torpedo“ gepackt, eine Eisenlunge, die den Körper umschloss und das Atmen erleichterte. Ihre Aussichten waren schlecht. Die Ärzte gaben den Patienten auf der Poliostation nicht mehr als zehn Jahre. Nach offiziellen Angaben wurde der letzte Fall des Polio-Virus in Brasilien 1989 registriert.

Wenn Paulo Henrique Machado von seinem Leben auf verschiedenen Stationen erzählt, klingt er nicht unglücklich. „Es gab mich, Eilana, Pedrinho, Anderson, Claudia, Luciana und Tania”, erzählte er der BBC. „Sie waren auch lange Zeit hier, mehr als zehn Jahre.“ Der Junge konnte sich nicht vorstellen, von ihnen getrennt zu werden. Aber ab dem Jahr 1992 verschlechterte sich der Gesundheitszustand seiner Freunde. Einer nach dem anderen starb. „Es war schwer“, sagte Machado. „Jeden Verlust spürte ich körperlich, wie eine Amputation. Jetzt sind nur noch zwei von uns übrig: ich und Eliana.“

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Die Ärzte können nicht erklären, warum Paulo Henrique Machado und Eliana Zagui alle anderen so lange überlebt haben. Als letzte Verbliebene ihrer Generation an Polio-Kindern sind sie unzertrennlich geworden. „Manche Menschen finden, dass wir wie ein Ehepaar sind“, sagte Machado. „Aber wir sind eher wie Bruder und Schwester. Sie teilen sich ein Zimmer im Krankenhaus, das sie selbst dekorieren durften. Zagui hat ihren Teil mit Büchern und Puppen gefüllt, auf Machados Seite schmücken Filmposter die Wände. Er liebt das Kino.

Machado kennt das Leben außerhalb des Krankenhauses aber nicht nur aus Filmen. Nach eigenen Schätzungen hat er etwa 50 Ausflüge nach draußen unternommen. „Es gibt einige, die herausragen“, sagte er der BBC. „Wie das erste Mal, als ich den Strand sah, mit 32. Ich öffnete die Autotür, sah das Meer und dachte: ‚Wow! Was ist das?“ Zagui lag an diesem Tag neben ihm auf einer Liege im Sand. Sie erinnert sich, wie sie das erste Mal das Meer mit ihrer Hand berührte. „Man genießt diese kleinen Momente, die viele Menschen als selbstverständlich betrachten“, sagte sie.

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Projekte für die Zukunft verfolgenden Zagui und Machado auch: Im Mai gelang es ihnen, mit einer Online-Kampagne 65.000 Dollar zu sammeln. Damit drehen sie einen animierten 3D-Film. Der Titel: „Die Abenteuer von Leca und ihren Freunden“. Der Film in Stop-Motion-Technik basiert auf einem Buch, das Zagui geschrieben hat. Sie ist Leca, es ist die Geschichte der Freunde von der Polio-Station. Regie führt Machado, der am Computer auch die Animationen bastelt. „Ich denke, meine Figuren sind realistisch, weil sie von einem Behinderten stammen“, sagt er. „Ich weiß genau, welchen Schwierigkeiten sie gegenüberstehen.“ Und Machado weiß auch, wie diese Probleme zu meistern sind.


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