Berlin beunruhigt mögliche Rückkehr Berlusconis an Macht

Westerwelle will Fortsetzung von "proeuropäischem Kurs"

Die schwarz-gelbe Koalition ist beunruhigt angesichts einer mögliche Rückkehr von Silvio Berlusconi an die Macht nach den Parlamentswahlen in Italien. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) drängte in der "Süddeutschen Zeitung" zu einer Fortsetzung des "proeuropäischen Kurses" in Italien. Der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz sagte, Berlusconi stehe sicher nicht für Zukunft.

"Wir sind natürlich nicht Partei im italienischen Wahlkampf", sagte Westerwelle der Zeitung. "Aber wer auch immer die neue Regierung stellt, wir setzen darauf, dass der proeuropäische Kurs und die notwendigen Reformen fortgeführt werden.". Letzteres sei "mit Sicherheit die Haltung der gesamten Bundesregierung", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Westerwelle verfolge den italienischen Wahlkampf sehr genau, hieß es laut "SZ" aus seinem Umfeld. Italien sei aufgrund seiner Größe und Wirtschaftskraft "ein Schlüsselland zur Überwindung der europäischen Schuldenkrise". Die Fortführung des unter der Regierung von Mario Monti begonnenen Reformkurses sei daher von großer Bedeutung nicht nur für Italien selbst, sondern für ganz Europa.

Im hochverschuldeten Italien wird am kommenden Sonntag und Montag ein neues Parlament gewählt. In Umfragen hatten die hinter Ex-Regierungschef Berlusconi stehenden Mitte-Rechts-Parteien zuletzt deutlich aufgeholt. Sie lagen Umfragen zufolge nur noch zwischen 2,5 und 4,5 Prozentpunkte hinter dem Mitte-Links-Bündnis des sozialdemokratischen Spitzenkandidaten Pier Luigi Bersani.

Bersani will im Falle eines Wahlsiegs die Reformagenda des derzeitigen Regierungschefs Monti fortsetzen, der mit seinen Maßnehmen Italien aus der Schuldenkrise zu führen versuchte. Berlusconi kündigte dagegen im Falle eines Wahlsieges die Rückerstattung der im vergangenen Jahr eingeführten Immobiliensteuer an und versprach Steuersündern eine Amnestie. Mit Blick auf die europäische Finanz- und Wirtschaftskrise warf er Deutschland wiederholt vor, den Süden mit einem Spardiktat zu knebeln, vom dem sich Italien befreien müsse.

"Italien braucht ein politisches Führungspersonal, mit dem man Zukunft verbindet. Dafür steht Berlusconi sicherlich nicht", sagte Polenz, der Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag ist, der "SZ". Es gehe "auch um Vertrauen und Glaubwürdigkeit". "Die Gerichtsverfahren, die gegen Berlusconi laufen, wirken sich negativ auf seine politische Glaubwürdigkeit aus", kritisierte Polenz. In einer Lage, in der Italien wieder Tritt fassen müsse, erhielten solche Defizite besonderes Gewicht.

Auch der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, verwies in der "SZ" auf Berlusconis juristische Probleme. "Letztlich wissen auch die italienischen Bürgerinnen und Bürger um die Konsequenzen einer solchen Wahl. Es gibt eine Dauerbelastung zwischen Regierungschef und Justiz", sagte Mützenich.

Gegen Berlusconi laufen mehrere Gerichtsverfahren. Im "Rubygate-Prozess" wird ihm vorgeworfen, 2010 mit der damals minderjährigen marokkanischen Tänzerin Karima El Mahrough alias Ruby Sex gehabt und seine Macht als Ministerpräsident missbraucht zu haben, um Rubys Freilassung nach ihrer Festnahme wegen Diebstahls zu erwirken.