Erschwindelte Entlassung: Häftling täuscht Wachbeamte

Was wie eine Verwechslungskomödie klingt, hat sich in einer Wiener Haftanstalt wirklich ereignet: Ein 31-jähriger Häftling spazierte aus der Untersuchungshaft in die Freiheit, bevor ihm der Prozess wegen organisierter Einbruchskriminalität gemacht werden konnte. Der Grund: Er verwendete die Papiere seines Zellengenossen, der tatsächlich am selben Tag entlassen werden sollte. Letzterer kam trotzdem frei. Die Justizanstalt Wien-Josefstadt führt nun eine Fingerabdruck-Pflicht für Häftlinge ein.

Erschwindelte Entlassung: Häftling täuscht Wachbeamte (Bild: thinkstock)
Erschwindelte Entlassung: Häftling täuscht Wachbeamte (Bild: thinkstock)

Das Täuschungsmanöver begann bereits in der Zelle: Der 31-jährige Serbe Nikola B. gab sich als sein 43-jähriger Zellengenosse aus. Der Wachbeamte, der wie üblich den freizulassenden Häftling abholen sollte, bemerkte den Schwindel nicht – ausgerechnet an diesem Tag war ein Beamter eingeteilt, der die Gefangenen nicht kannte. Doch auch bei der offiziellen Entlassung wurden Fehler gemacht. Die Mitarbeiter kontrollierten die Papiere des Serben nur unzureichend. Sonst hätten sie sicher erkannt, dass sein Gesicht nicht mit dem auf dem vorgezeigten Ausweis übereinstimmt. So kam es, dass Nikola B., dem die Verurteilung wegen 32 Wohnungseinbrüchen im Raum Wien und Innsbruck bevorstand, am 30. Juni als freier Mann aus dem Gefängnis entlassen wurde. Das ist er auch immer noch, denn vermutlich sei er in Serbien abgetaucht, wie die österreichische Zeitung „Der Standard“ berichtet.

Wenige Stunden später wurde auch  der 43-jährige Zellengenosse von Nikola B. entlassen. Niemand konnte ihm nachweisen, dass er von den Fluchtplänen seines „Mitbewohners“ gewusst hatte. Strafrechtliche Folgen drohen ihm deshalb nicht. Die Komplizen von Nikola B., die an den Wohnungseinbrüchen beteiligt waren,  wurden zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt, die Frau des Flüchtigen wurde nach fünf Monaten Untersuchungshaft entlassen.

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Der Fall Nikola B. ist nicht der erste Patzer dieser Art, der sich in dem Wiener Gefängnis ereignet hat: Im Jahr 2005 schmuggelte sich ein als Anwalt verkleideter Häftling unbemerkt in die Freiheit. In Zukunft sollen in der Justizanstalt Wien-Josefstadt nun die Sicherheitsmaßnahmen verschärft werden. Die Häftlinge müssen beim Antreten ihrer Freiheitsstrafe Fingerabdrücke abgeben, die bei der Entlassung abgeglichen werden. „Die entsprechende Soft- und Hardware ist bereits bestellt. Das Modell wird in Kürze zum Einsatz kommen", zitiert „Der Standard“ die Sprecherin der Vollzugsdirektion Cornelia Leitner.