Rechte wollen Koran-Verteiler provozieren

Eine provokante Aktion einer islam-feindlichen Bürgerinitiative: Sie wollen Karikaturen zum Thema Islam und Muslime vor Moscheen in Nordrhein-Westfalen ausstellen. Das Innenministerium ist alarmiert.

Das Bundesinnenministerium fürchtet in den kommenden Wochen eine Eskalation zwischen radikalen Islamisten und Rechtspopulisten. Grund dafür ist eine derzeit in Nordrhein-Westfalen laufende Aktion der als rechtspolitisch und islamfeindlich geltenden Bürgerinitiative „Pro NRW“.

In ihrer Kampagne „Freiheit statt Islam“ ruft die Initiative dazu auf, Karikaturen zum Thema Islam und Muslime einzuschicken, die am 8. Mai vor den größten Moscheen in Nordrhein-Westfalen ausgestellt werden sollen.

Ein Sprecher von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte in Berlin, diese provokante Aktion sei zwar im Bereich der Kunstfreiheit und Meinungsäußerung einzustufen, werde aber mit großer Sorge beobachtet. Sicherheitsbehörden sind alarmiert, weil aufgrund der Reaktion aus der Islamisten-Szene eventuell mit Gewalt zu rechnen sei.

„Das politisch-religiöse Klima im Land wird weiter angeheizt“, warnte der Ministeriumssprecher. Vonseiten des Verfassungsschutzes hieß es, man habe „Pro NRW“ und deren Aktivitäten im Blick.

Mit Blick auf das aktuelle Koran-Verteil-Projekt der islamistischen Szene heißt es aus Sicherheitskreisen, die Kampagne sei primär als Propagandaaktion zu verstehen. Es sei fraglich, ob durch die kostenlose Verteilung von Tausenden Koran-Übersetzungen wirklich im großen Stil Menschen zum Islam finden würden. Ziel der radikal-islamischen Organisatoren sei es, eine Vernetzung der verschiedenen Salafisten-Gruppen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Luxemburg zu erreichen.

Die Aufmerksamkeit jedenfalls ist da. Damit haben die radikal-islamischen Salafisten eines ihrer Ziele bereits erreicht, sagte der Religionssoziologe Rauf Ceylan von der Universität Osnabrück. Jeder spreche nun über die Salafisten.

Ceylan begründete, warum die Bewegung gefährlich sei: „Ihre Attraktivität für junge Menschen liegt in der Vereinfachung der Religion durch klare Verbote und Gebote. Man hat nach ihrem theologischen Verständnis zu leben, sonst kommt man nicht ins Paradies.“

Ein von der zuständigen Druckerei Ebner & Spiegel in Ulm angekündigter Druckstopp der Koran-Übersetzungen wird nicht umgehend zu einem Ende der Verteilung des Heiligen Buches des Islam führen.

Am Samstag sind insgesamt 38 „Info-Stände“ in ganz Deutschland geplant, so etwa am Potsdamer Platz in Berlin oder in zahlreichen Städten in Baden-Württemberg. Dort werden die Polizeibehörden laut Bundesinnenministerium die Infostände „genau im Auge behalten“.

Auch die Drohvideos gegen Journalisten haben die Sicherheitsbehörden alarmiert. Gegen den Urheber dieser Videos, Sabri Ben A. aus Köln, werde derzeit ermittelt, heißt es aus dem Bundesinnenministerium. Ben A. ist ein enger Vertrauter von Ibrahim Abou Nagie, dem Organisator der Koran-Verteilung.

Einer der bedrohten Journalisten hat inzwischen Anzeige erstattet. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main wird nun voraussichtlich wegen Beleidigung, Nötigung und Bedrohung ermitteln.

Die Gefährdungslage für die in dem Video namentlich genannten Journalisten sei laut Innenministerium zwar nicht konkret, jedoch abstrakt vorhanden. Eine Wirkung solcher Hass-Videos dürfe nicht unterschätzt werden. "Welt Online" hatte als erstes Medium berichtet, dass Journalisten der „Frankfurter Rundschau“ und des „Tagesspiegels“ in einem Drohvideo namentlich, mit Fotos und persönlichen Informationen von den Islamisten angeprangert wurden.

Der Verfassungsschutz hat den Salafismus seit November 2010 im Visier. Bereits im Dezember sei ein Ermittlungsverfahren mit dem Ziel des Verbots gegen den salafistischen Verein „Einladung zum Paradies“ eingeleitet worden, hieß es. Durchsuchungen hätten zur Selbstauflösung des Vereins geführt.

SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte, die Gruppe benutze die Religion nur als Deckmantel: „Sie betreibt in Wirklichkeit eine aggressive Propaganda.“ Nicht jeder Salafist sei ein Terrorist. „Aber die Gruppe der Salafisten hat ein ambivalentes Verhältnis zur Gewalt und bietet einen Nährboden für Terrorismus.“ Damit teilt der Sozialdemokrat die Einschätzung des Bundesamts für Verfassungsschutz.

Der Salafismus ist eine islamisch-fundamentalistische Strömung, geprägt von Intoleranz gegenüber anderen Religionen und rigiden Interpretationen des Korans. In Deutschland gilt der Salafismus als die dynamischste islamische Bewegung. Schätzungen zufolge gibt es bis zu 5000 Salafisten und mehrere Dutzend salafistisch dominierte Moscheen.