Massenbrautschau empört halb Spanien

Abschätzige Blicke bei der «Karavane der Frau». Foto: Jero Morales

Kaum waren Miriam, Consuelo und ihre mehr als 50 Reisegefährtinnen aus dem Bus gestiegen, da wurden sie schon von oben bis unten gemustert.

Dutzende Männer, vor allem ältere Semester, hatten am Samstag vor dem Autobahnhotel nahe der Gemeinde Mérida sehnsüchtig auf den Besuch aus dem rund 350 Kilometer entfernten Madrid gewartet. Aber es gab auch viele Journalisten, Kamerateams und Fotografen. Die «Karawane der Frauen», eine umstrittene Partnervermittlungsaktion, hatte in Spanien schon im Vorfeld Aufsehen und vor allem große Empörung ausgelöst.

«Das ist wie auf dem Viehmarkt», hatte der Führer der Linkspartei Podemos in der Autonomen Gemeinschaft Extremadura an der Grenze zu Portugal, Álvaro Jaen, geklagt. Seine und auch andere linke Parteien hatten erfolglos ein Verbot der Massenbrautschau gefordert. Frauenverbände wie Malvaluna klagten, die Veranstaltung sei sexistisch, die Frau werde zur Ware erniedrigt.

Auf der Onlineplattform «change.org» unterzeichneten mehr als 11 000 eine Petition gegen die Kuppelaktion. Sogar der Vorwurf der «verdeckten Prostitution» wurde laut, weil die Frauen als «Gäste» teilnahmen, während die interessierten Männer je 50 Euro zahlen mussten. Dafür wurde ihnen auf der Homepage des Hotels die «Begleitung von ledigen Mädchen während des Essens, des Dinners und in der Diskothek garantiert». Bis vier Uhr morgens lief das Ganze.

Hotelbesitzer José Romero - zusammen mit einer Madrider Agentur, die sich auch «wirkliche Karawane der Liebe» nennt, Veranstalter der Aktion - versteht die Aufregung nicht. Man leiste ja soziale Fürsorge für einsame Männer, sagte er auch unter Anspielung auf die Landflucht in Extremadura der Nachrichtenagentur efe. Viele in die Jahre gekommenen Männer der Region hätten sonst in Dörfern mit wenigen Frauen keine Chance, jemanden kennenzulernen.

In der Tat ist Extremadura in Europa eines der am dünnsten besiedelten Gebiete. Die jungen Menschen zieht es in die Städte, viele Dörfer sterben langsam aber sicher aus. Man könnte für die Kuppelaktion sogar Verständnis aufbringen, wenn Romero im Gespräch nicht plötzlich das Wort «Frauenbörse» rausrutschen würde.

Vor einem von einem Blumenladen wegen der Brautschau aufgestellten Verkaufsstand, der neben Rosen auch Plüschbären und rote Herzen mit der Aufschrift «I love you» anbietet, erzählt Consuelo (50) derweil, warum sie gekommen ist. «Wir wollen nette Leute treffen, eine schöne Zeit verbringen. Wir tun ja nichts Schlechtes.» Einige der Frauen sind um die 30 Jahre jung, während die meisten Männer - häufig Landwirte - deutlich älter sind. Partnersuche? «Nein, das wäre für mich bei mir im Dorf kein Problem, ich will hier neue Sensationen erfahren», sagt Alberto zu efe unumwunden.

Auch wenn die Regionalregierung nach eigenen Angaben über Maßnahmen beraten will, ist Manuel Gozalo davon überzeugt, dass sich die Aufregung wieder legen wird. Schließlich betreibt der Besitzer der Agentur «Caravana de las Mujeres» sein Geschäft mit seiner Frau seit 20 Jahren. Ungestört und unbehelligt. «Bisher hatte es weder Probleme noch Kritik gegeben, wir wurden früher sogar von Gemeinden angeheuert, aber dann kam ja die Krise», erzählt er. Auf die Frage des Männerverbandes für Geschlechtergleichheit Ahige hat er auch keine Antwort: «Wieso gibt es keine Karawane der Männer?»