Riesencamper: Vier Fernseher und ein Trockner

Julie und Andy Renduelis im Wohnzimmer ihres Wohnmobils. Foto: Chris Melzer

Vicky, Sally, Frederica und Edie sind Nachbarn. Ihre Häuser haben Wohn-, Schlaf- und Badezimmer, Dusche und Küche. Und vier Räder. Denn die vier Frauen wohnen in gewaltigen Wohnmobilen, die normalen Wohnungen in nichts nachstehen.

Die Camper, so groß wie in Deutschland ein Reisebus, werden in den USA immer beliebter. Dem Komfort - und dem Preis - sind keine Grenzen gesetzt.

«Das ist der Lieblingsplatz meines Hundes», sagt Sally Blonder und zeigt auf einen Bereich des gefliesten Bodens in ihrem großen Wohnzimmer. Dahinter steht ihr Schreibtisch, und gegenüber sind Toaster, Herd und Backofen, Espressomaschine, Mikrowelle und Spülmaschine. «Er darf überall hin, nur nicht ins Schlafzimmer», sagt die Rentnerin mit strengem Blick auf den Hund. Im Schlafzimmer steht ein normales Doppelbett, dahinter sind drei große Türen. «Einbauschränke sind nur rechts und in der Mitte», sagt Sally fast entschuldigend. «Hinter der linken Tür ist die Waschmaschine.» Es ist ein normalgroßes Markengerät, genau wie der Trockner darüber.

Sallys «Phaeton» ist ein gut zwölf Meter langes Wohnmobil. Die größten ihrer Art bringen es sogar auf 15 Meter und sind damit größer als die Reisebusse, mit denen mancher Deutscher Städtereisen macht. Der von Sally ist aber noch ein ganzes Stück breiter, Dank der «Slideouts». Einmal angekommen, fahren die Seitenwände auf Knopfdruck noch jeweils etwa einen Meter nach außen.

Der so gewonnene Platz sorgt für ein Raumgefühl wie in einer gar nicht so kleinen Wohnung. Sally guckt fern in einem ausgewachsenen Wohnzimmer - auf 110 Zentimetern. «Die anderer drei Fernseher sind aber kleiner», sagt Sally. Bis auf einen. «Der ist außen dran, damit man auch draußen gucken kann.»

Solcher Komfort gehört bei Luxuswohnmobilen zum Standard. Auch, dass man sich auf einer Porzellantoilette niederlassen kann und nicht auf ein Plastikklo muss. Oder dass die Wände der Dusche gekachelt sind.

Solcher Luxus hat seinen Preis, gleich doppelt: Zum einen kosten die teuersten dieser Gefährte mehr als 420 000 Dollar (370 000 Euro) - plus Mehrwertsteuer. Hinzu kommt ein Verbrauch, der kaum unter 30 Liter je 100 Kilometern bleibt. Einmal Volltanken kostet 600 Dollar.

«Aber es geht ja gar nicht so sehr ums Fahren», winkt Sally ab. «Wir wollen reisen. Aber nicht jeden Tag Hunderte Meilen, sondern nur ab und zu von einem Ort zum nächsten.» Von Florida bis Alaska sind sie gefahren, die größtmögliche Entfernung innerhalb der USA. Ihre Freundin Freddie sieht an den Luxusmobilen auch nichts Ungewöhnliches. «Andere kaufen sich im Ruhestand ein Häuschen im Grünen, wir fahren mit unseren Häusern rum. Wir waren schon in allen Staaten der USA.» Kurze Pause. «Okay, außer Hawaii.»

Wenn man bei Julie und Andy Renduelis klingelt, ertönt ein lauter, satter Gong. «Ich würde uns als ganz normale Leute betrachten. Reich sind wir ganz bestimmt nicht», sagt der frühere Handwerker. Der 76-Jährige und seine Frau wollten auch als Rentner reisen. «Aber die Kosten für das Haus in Florida waren so hoch, dass wir uns beides einfach nicht leisten konnten.» Also kauften sie einen «Monaco», der mal 240 000 Dollar gekostet hatte - allerdings vor 14 Jahren. Mit seinem Bruder möbelte Andy den Wagen wieder auf und los ging's.

«Er verbraucht knappe 25 Liter Diesel», sagt Andy. Das sei ziemlich gut, zumal er immer noch den zwei Tonnen schweren Geländewagen ziehe. Die halbe USA haben sie schon durchquert. «Nur durch Kanada sind wir schnell durch. Kanada ist teuer», sagt Andy augenrollend. Seine Frau vermisst ein bisschen ihr Nähzimmer, bereut aber nichts: «Wir sind jetzt «Fulltimers» und leben komplett im Wohnmobil. Aber es macht Spaß und ist interessant. Unser Zuhause ist, wo unser Wagen parkt.»

Außerdem habe man nette Nachbarn - wenn auch ständig andere. «Aber Camper halten zusammen und man hat sich auch als Rentner viel Neues zu erzählen.» Deshalb haben die meisten auch etwas, was im Ruhestand unüblich ist: Visitenkarten - wenn auch ohne Adresse.