Karlsruhe stärkt Rechte homosexueller Paare bei Adoption

Gericht: Ungleichbehandlung ist verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechte homosexueller Paare zur Adoption von Kindern ausgeweitet: Leben Schwule oder Lesben in einer eingetragenen Partnerschaft, dürfen sie auch ein von ihrem Partner zuvor angenommenes Kind adoptieren, wie das Gericht verkündete. Nach dem Urteil wurden Forderungen nach einem generellen Adoptionsrecht für homosexuelle Paare laut. Mehrere Bundesländer kündigten eine Bundesrats-Initiative zur Gleichstellung homosexueller Partnerschaften an.

Nach Auffassung der Richter verwehrt das Verbot der sogenannten Sukzessivadoption in homosexuellen Lebenspartnerschaften den Kindern ein weiteres Elternteil und beeinträchtigt damit die Entfaltung ihrer Persönlichkeit. Es mache für die Schutzbedürftigkeit eines Kindes "keinen Unterschied, ob die Eltern gleichen oder verschiedenen Geschlechts sind", urteilten die Richter.

Die Bundesregierung will nun prüfen, welche gesetzgeberischen Maßnahmen notwendig sind, wie Regierungssprecher Steffen Seibert sagte. Das Gericht habe dem Gesetzgeber dafür bis zum 30. Juni 2014 Zeit gegeben.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt verwies darauf, dass sich der Richterspruch nur auf das sogenannte sukzessive Adoptionsrecht beziehe, also auf von einem der Partner bereits adoptierte Kinder. Ein generelles Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften unterstütze ihre Partei nicht. "Unsere Rechtsordnung räumt richtigerweise nur verheirateten Ehepaaren das gemeinschaftliche Recht zur Adoption ein", erklärte auch die CDU-Rechtsexpertin Andrea Voßhoff.

Hingegen forderte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) das volle Adoptionsrechte für homosexuelle Paare. Das jetzige Urteil sei ein "historischer Schritt", mit dem die "Regenbogenfamilien" in Deutschland auf ein "umfassendes sicheres rechtliches Fundament" gestellt würden.

"Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bewegt sich auf der Höhe der Zeit", erklärte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. "Die CDU hinkt erkennbar der gesellschaftlichen Wirklichkeit hinterher". Rot-Grün werde nach der Bundestagswahl ein "modernes Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften" schaffen.

Mit der Karlsruher Entscheidung sei "mal wieder eine tragende Säule der überkommenen Familienpolitik der CDU eingestürzt", erklärte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast. Der Bundestags-Rechtsausschuss könne nun "ein wirklich umfassendes Adoptionsrecht für homosexuelle Beziehungen" verabschieden. Die Linken-Abgeordnete Barbara Höll bezeichnete es als "peinlich", dass die Regierung per Gericht aufgefordert werden müsse, lesbische und schwule Partnerschaften der Ehe gleichzustellen".

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) forderte, nun alle noch bestehenden Ungleichheiten im Adoptionsrecht zu beseitigen. Die Bundesregierung solle ihre diskriminierende Politik gegenüber Lebenspartnern aufgeben, erklärte LSVD-Sprecher Manfred Bruns.

Das SPD-regierte Hamburg werde bei der Bundesrats-Sitzung am 22. März einen Entschließungsantrag einbringen, der auf die Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit der Ehe ziele, erklärte der zuständige Fachsprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Philipp-Sebastian Kühn. Die Regierungen von Schleswig-Holstein und Bremen beschlossen derweil eine gemeinsame Bundesratsintiative zur Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften im Einkommenssteuerrecht. Dadurch sollen diese künftig unter anderem auch in den Genuss des sogenannten Ehegattensplittings und höherer Sparerfreibeträge für Kapitalerträge kommen können.